Eines davon, von dem Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner direkt und indirekt betroffen sind, ist ein in der US-Geschichte beispielloser Umfang von Opiat-Missbrauch. 2014, das letzte Jahr mit landesweiten Statistiken, starben mehr Menschen in den USA durch eine Überdosis Drogen als jemals zuvor. Mit über 28.000 tausend Toten alleine in 2014 sind Überdosen mittlerweile die Hauptursache von unnatürlichen Sterbefällen, vor Verkehrsunfällen. Die jährlichen Kosten für das Gesundheits- und Sozialwesen belaufen sich auf 55 Milliarden US-Dollar.
Umfangreiche Verschreibung von Opiaten als Problem
Eine der Hauptursachen liegt in der umfangreichen ärztlichen Verschreibung von Opiaten als Schmerzmittel. Auch die mangelnde Verfügbarkeit von medizinischem Marihuana wird vordiesem Hintergrund als Mitverursacher der Krise angesehen. So werden an einem durchschnittlichen Tag in den USA 650.000 Rezepte für Opiate verschrieben. Für viele Patient/innen ist dies der Einstieg in eine lebenslange Abhängigkeit, die dann oftmals zu Heroinabhängigkeit führt. So sind mittlerweile geschätzt über eine Million Amerikaner/innen heroinabhängig, mehr als jemals zuvor. Und viele der verschriebenen Opiate landen zu hohen Preisen auf dem Schwarzmarkt.Ein grosses Wachstum verzeichnet derzeit die Droge Fentanyl, die 50 mal stärker als Heroin ist, und in vielen Fällen zum Tod führt. Dies führte beispielsweise in Baltimore bereits dazu, dass alle Einwohner/innen dazu aufgerufen sind, das Gegenmittel Naloxone stets mit sich zu führen, um im Falle der Konfrontation mit der Überdosis einer Person unmittelbar Hilfe leisten zu können.
Wie reagieren die Kandidat/innen?
Donald Trump will den Opiat-Missbrauch durch den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko eindämmen. Darüber hinaus hat er bislang keine substantiellen Vorschläge gemacht. Hillary Clinton wiederum hat einen ausführlicheren Plan vorgelegt, der unter anderem mit neuen Programmen und öffentlichen Mitteln landesweit Prävention stärken, Gegenmittel leichter verfügbar machen und die ärztliche Verschreibung von Opiaten einschränken soll.Sowohl Trump als auch Clinton definieren die Abhängigen selbst als Opfer der Opiat-Epidemie. Das ist auf Trumps Seite eine bemerkenswerte Abweichung von seinem üblichen “Law and Order” Diskurs, der in der speziellen Demographie dieser Krise begründet ist. Im Falle von Hillary Clinton bricht dies wiederum mit der Rhetorik, mit der Bill Clinton und sie selbst in den 1990ern Drogenabhängigkeit adressierten.
Weisse Abhängige vs. Schwarze Abhängige
Denn obwohl die heutige Krise des Opiat-Missbrauchs häufig mit der Crack-Epidemie der 1980er und 90er verglichen wird, ist die sie begleitende politische Rhetorik eine gänzlich andere. Die Crack-Epidemie wurde seinerzeit als kriminelles Phänomen definiert. Entsprechend wurde ihr vor allem mit mehr und härterer Strafverfolgung begegnet. Die Opiat-Krise hingegen wird weithin als Herausforderung des öffentlichen Gesundheitswesens diskutiert und die Abhängigen als Kranke gesehen, denen geholfen werden muss.Es ist auffällig, in welchem Masse hier Schwarze und Weisse mit unterschiedlichen Diskursen verbunden werden. Denn während die Crack-Epidemie ein vorwiegend städtisches Phänomen war und in grossem Masse schwarze Opfer forderte, sind die heutigen Opiat-Abhängigen vor allem in ländlichen Regionen zu finden und in grossem Masse weisse Männer.
Regionen der Hoffnungslosigkeit
Die Krise ist damit vor allem in den Regionen akut, in denen die Anhängerschaft Trumps am grössten ist. Es sind die ländlichen Regionen, in denen breite Bevölkerungsschichten einen jahrzehntelangen wirtschaftlichen Niedergang erlebt haben. So wurde beispielsweise im Vorwahlkampf in New Hampshire Opiat-Missbrauch von den dortigen Wähler/innen als das wichtigste politische Thema benannt.Der massenhafte Drogenmissbrauch ist insofern nicht nur eine Krise des Gesundheitssystems, sondern auch ein weiterer Indikator über die Hoffnungs- und Ausweglosigkeit, welche in manchen ländlichen Regionen der USA mittlerweile herrscht, mit allen gesundheitlichen und sozialen Nebenwirkungen. Sollten sich andere Indikatoren in diesen Regionen mittelfristig nicht verbessern, dürfte es daher auch schwierig werden, dieser Epidemie dauerhaft Herr zu werden.