Mit jährlichen Milliardeninvestitionen in Öl-, Gas- und Kohlekonzerne verursacht der Schweizer Finanzplatz 22-mal mehr Treibhausgase wie die gesamte Schweiz. Kein anderer Sektor in unserem Land trägt in einem solchen Ausmass zur Klimakatastrophe bei. An vorderster Front mit dabei sind UBS und Credit. Sie gehören zu den weltweit zwanzig grössten Geldgebern von fossilen Konzernen wie Exxon, BP oder Shell. Seit Abschluss des Pariser Klimaschutzabkommens haben die beiden Grossbanken $ 109 Milliarden in fossile Brenn- und Treibstoffe investiert. Davon flossen allein $ 35 Milliarden in neue Öl-, Gas- und Kohleprojekte. Die Banken heizen damit die Klimakatastrophe auf Jahrzehnte hin an.
Die Investitionen von UBS und Credit Suisse missachten nicht nur das Pariser Abkommen und dessen Grundsätze zur Klimagerechtigkeit. Ihre Gelder fliessen auch in Projekte, für die Menschen vertrieben, indigene Landrechte missachtet, lokale Gemeinschaften vergiftet und deren Lebensgrundlagen zerstört werden. Die Banken sind mitverantwortlich für gravierende Menschenrechtsverletzungen.
Obschon das Pariser Klimaschutzabkommen die Schweiz ausdrücklich zu einem klimagerechten Finanzlatz verpflichtet, sieht die Schweizer Klimapolitik von jeglicher Regulierung des Finanzsektors ab. Das neue CO2 Gesetz lässt den Banken freie Hand. Der bürgerlichen Mehrheit sind die Profite von wenigen Grossaktionären wichtiger als das Leben und die Zukunft von Millionen Menschen.
Menschen stellen sich der Profitlogik in den Weg
Am 8. Juli 2019 stellten sich Aktivist*innen des Collective Climate Justice, des Collectif Break Free und weitere Gruppierungen diesem zerstörerischen und menschenverachtenden System vor den Hauptsitzen der Credit Suisse in Zürich und UBS in Basel in den Weg. Die Banken stellten umgehend Strafanzeige und liessen die Blockaden von der Polizei räumen.In Basel wurden am 08. Juli 2019 über 30 Personen verhaftet, viele von ihnen verbrachten mehrere Tage im Gefängnis. Dabei erlebten sie mitunter Schikanen, Beleidigungen, Erniedrigungen und Gewalt seitens der Polizei. Das Collective Climate Justice hat mehrere Aussagen von Betroffenen dokumentiert, eine Liste mit zahlreichen, teils schockierenden Vorfällen in Basel und Zürich kann hier eingesehen werden.
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt erliess gegen rund 60 Personen Strafbefehle. Dabei machte sie ihrer Law-and-Order Haltung alle Ehre, die sie gegenüber linken Protestbewegungen seit Jahren einnimmt. Sie verurteilte die Aktivist*innen wegen Hausfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung und Landfriedensbruch zu Geld- und Freiheitsstrafen von bis zu 150 Tagen. Fast alle Beschuldigten legten Einsprache gegen die Strafbefehle ein und die Verfahren gelangten an das Strafgericht.
Den Kopf aus der Schlinge
Noch vor Beginn der Strafprozesse in Basel einigte sich UBS mit einer Mehrheit der Beschuldigten aussergerichtlich und zog ihre Strafanträge zurück. Über die Interessen der Bank an dem aussergerichtlichen Vergleich lässt sich nur spekulieren. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung dürften aber die aufsehenerregenden Freisprüche von Klimaaktivist*innen in Lausanne und Genf gewesen sein, die ebenfalls mit direkten Aktionen gegen die Credit Suisse protestiert hatten.Die Aktivist*innen in der Romandie nutzten die Strafprozesse in einer geschickten Öffentlichkeitskampagne dazu, die Banken für ihre klimaschädlichen Investitionen erneut an den Pranger zu stellen. Für die Banken und ihre Geschäfte ist negative Publicity Gift. Was die Prozesse in Basel betrifft bleibt der Eindruck, dass der UBS die Geister unheimlich geworden sind, die sie durch die Strafanzeige gegen die Aktivist*innen am 08. Juli 2019 gerufen hat.
Das Collective Climate Justice steht dem Basler Vergleich mit einigen Vorbehalten gegenüber. Die Gefahr, dass UBS den Vergleich zu PR-Zwecken missbraucht, ist nicht von der Hand zu weisen. Aus Sicht der Angeklagten, die den Vergleich unterzeichnet haben, ist die Einigung mit der Bank aber nachvollziehbar. Sie sind mit massiven Anklagen und Strafandrohungen konfrontiert.
Die Erfahrungen aus Prozessen wie «Basel Nazifrei» haben gezeigt, dass das Basler Strafgericht die Staatsanwaltschaft in ihrem Eifer gegen linke Protestbewegungen stützt. Mit Blick auf die Klimagerechtigkeitsbewegung beinhaltet der Vergleich eine pragmatische Gleichung: 60 straffreie Klimaaktivist*innen sind 60 Aktivist*innen, die sich den Verursachern der Klimakatastrophe wieder in den Weg stellen werden, statt in langen und energieintensiven Gerichtsprozessen aufgerieben zu werden.
Nach dem Rückzug der Strafanträge durch die UBS wäre es der Staatsanwaltschaft und dem Strafgericht ohne weiteres möglich gewesen, das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung zu verneinen und die Verfahren gegen alle Beschuldigte einzustellen. Dass sie das nicht gemacht haben, zeigt, wie verfestigt die repressive Haltung gegenüber linken Protestbewegungen in Basel ist. Damit begibt sich die Strafjustiz - bewusst oder unbewusst - in den Dienst einer rechts-bürgerlichen Law-and-Order Politik.
Mit Aussagen wie: «Wir sind nicht an einer Klimakonferenz, wir sind hier an einem Strafverfahren», versuchte die Gerichtspräsidentin am ersten Prozesstag zwar, den Verdacht einer politisch motivierten Strafverfolgung zu zerstreuen. Das «Politische» aus Strafverfahren in Zusammenhang mit politischen Protesten heraus halten zu wollen, ist aber nicht nur unglaubwürdig. Es verschleiert die politische Dimension der aktuellen Praxis der Strafjustiz in Basel und deren besorgniserregende Entwicklung.