Gleich zu Beginn geht er dem Individualanarchismus historisch nach. Im Gegensatz zu den sozialanarchistischen Strömungen setzt man hier auf die persönliche Freiheit sich von niemandem Einschränken zu lassen. Eine historisch sehr experimentierfreudige Strömung die dem Kommunenleben viel Gewicht gab, ja sich gar im Abschotten von der Gesellschaft übte.
Diese Strömung wird oft mit den Amerikanischen Siedlern in Verbindung gebracht die Amerika als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten verstanden.
Später mit der Immigration vieler Europäer nach Amerika kamen auch deren sozialanarchistischen und arbeiterkämpferischen Ideen hinüber. Diese zwei anarchistischen Strömungen blieben aber von Anfang an getrennt. Mit der Haymarket-Affäre begann dann immer mehr die Repression gegen die Anarchisten dessen wir heute noch als 1. Mai jährlich Gedenken. Im Kampf um den Acht-Stunden-Tag wurden auf einer Grossveranstaltung auf dem Haymarket (ausgelöst durch einen Bombenanschlag auf die Polizei) während einer Schiesserei sieben Polizisten und gut dreimal mehr ArbeiterInnen getötet.
Nach vielen Attentaten und Anschlägen unterzeichnete 1903 Roosevelt den "Alien Anarchists Entry Ban" der die Einreise von Anarchisten in die USA verbot. Es folgte eine extreme Repression gegen die IWW (jede Opposition gegen den Kriegseintritt wurde hart Bestraft), die Repression wuchs mit ihren Erfolgen und so verlor die IWW bald wieder viel von ihrer Stärke. Die letzten Kommunen lösten sich auf und viele europäische Anarchisten wurden deportiert. Ausser dem Sacco & Vanzetti-Skandal wurde es ruhig um die Anarchisten.
Mit den Protesten in Seattle bekamen die Anarchisten wieder einen grossen Aufschwung, vor allem durch den von den Medien auf die Anarchisten gerichteten Blick führten zu einem neuen Hype. Die Bewegung bleibt aber weiter grösstenteils in sozial- und individual-anarchistische Strömungen gespalten. Einige Debatten drehen sich darum, dass die Bewegung von weissen männlichen Anarchisten dominiert wird, andere um die Gewaltfrage oder der Organisation. In der amerikanischen Bewegungen sind dabei viele Kuriositäten entstanden.
In die ähnliche Richtung gehe die Freegans die versuchen den herrschenden ökonomischen Strukturen so weit wie möglich zu entgehen (diese aber auch nicht angreifen). So ernähren sich Freegans vegan es sei denn, das Essen ist gratis (auch tote vom Auto überfahrene Tiere)! Eine Kritik lautet: "Nicht alle können Müll essen – irgendjemand muss ihn auch erzeugen."
Eine andere kuriose Strömung ist der Pagan-Anarchismus der Versucht Spiritualität (Esoterik) mit Anarchismus zu kombinieren. So schreibt Starhwak: "Unsere magischen Fähigkeiten und Einsichten sowie unser Bewusstsein von Energien und Zusammenhängen können unseren Aktivismus anregen und vertiefen. Und unser Aktivismus kann unsere Magie anregen und vertiefen …". Eine stark von der Hippiebewegung beeinflusste Strömung.
Eine andere individualanarchistische Strömung ist der Primitivismus. Während die Sozialanarchisten auf eine neue Gesellschaftsform hinarbeiten, wollen konservative Primitive zu einem Punkt zurück wo etwas wie die heutige Zivilisation gar noch nicht besteht.
Anstatt auf etwas Neues hin zu arbeiten will man also wieder zurück und dann garantieren, dass sich so was wie die moderne Zivilisation nicht wieder entwickeln kann. Primitive stellen sich eine Welt "autonomer dorfähnlicher Gemeinden" vor, aber für solche Ideen ist die Welt längst überbevölkert.
Neben diesen Kuriositäten (oft auch als weisse Wohlstandsideologien abgetan) gibt es noch andere Strömungen und Debatten. Zu erwähnen ist die inhaltsleere Debatte um links und post-links. Der "weirdo" John Zerzan, die Tierrechtsgruppen um Earth First, die North Eastern Federation of Anarcho Communists (NEFAC) um einige zu nennen. Es gibt keine Strömung in den USA welche eine führende Rolle einnimmt. Die meisten Strömungen sehen sich selber als eine elitäre und führen zum Teil bittere Kontroversen untereinander.
Die extreme Repression von staatlicher Seite hatte einen bestimmenden Einfluss auf die Entwicklung der Anarchisten. Dieses Buch hilft einem auch etwas, die USA in einem anderen Licht zu sehen mit seinen ganzen Eigenheiten. Allem in allem ist es ein gelungenes Buch das gelesen werden will und sich auch lohnt.