Die Diktatur der Mehrheit hat sich im Norden im Verlauf der Jahre nirgends wo sonst so ausgeprägt hervorgetan wie im irischen Nordosten. Selbst in Wahlkreisen, in denen die Katholiken die Mehrheit hätten, wurde durch die Verschiebung der Wahlkreise eine protestantische Mehrheit geschaffen. Protestantlnnen konnten im nordischen Parlament schalten und walten wie sie wollten. Ihr alter Traum eines protestantischen Staat wurde wahr.
Die katholische Bevölkerungsminderheit wurde in allen Bereichen der Gesellschaft unterdrückt. Jobs bekamen in erster Linie die Protestanten. In den Behörden, an den Universitäten, in der Polizei und der Armee bildeten die Potestanten Mehrheiten. Es entstand ein Apartheitssystem welches dem in Südafrika sehr ähnlich war.
Anfang der siebziger Jahre formierte sich auf breiter Basis ein friedlicher Widerstand gegen diese Verhältnisse. Die Northern Ireland Civil Rights Association (NICPA) wehrte sich mit Demos und Kundgebungen gegen die andauernden Misshandlungen der Polizei und den protestantischen Paramilitärs. 1968 wurde ein Bürgerrechtsmarsch der NICRA von der nordirischen Polizei brutal aufgegriffen. Der protestantische Staat fing an, gegen die Freiheitsbestrebungen der Katholiken und progressiven ProtestantInnen sturm zu laufen.
Je mehr sich die KatholikInnen für ihre Rechte wehrten, desto mehr gerieten sie unter Druck des Staatsapparates und protestantischer Paramilitärs. Katholische Stadtteile in Belfast und Derry wurden massiv angegriffen, Häuser niedergebrannt, Menschen vertrieben und erschossen. Die Katholiklnnen hatten nicht das Recht sich gegen die andauernde Unterdrückung zu wehren. Anfang der siebziger war die IRA ein kleiner, praktisch unbewaffneter Haufen.
Im Zuge der anhaltenden Pogrome wurde der Ruf nach einer effizienten Schutzmacht für die katholischen Gebiete immer stärker. Die IRA verhinderte in den nächsten Jahren, dass noch mehr katholische Menschen umgebracht wurden. Sie fing an die katholischen Wohnbezirke mit der Waffe zu verteidigen. Dies wiederum trieb die Briten dazu ihr Militär auf die irische Insel zu schicken. Offiziell hiess es zum Schutze der katholischen Bevölkerung.
Die Briten wurden Anfangs von den Katholiklnnen freundlich aufgenommen, da sie glaubten, sie kämen zu ihrem Schutz. Dieses Blatt wendete sich aber bald.
Da die Polizei am Rande ihrer Kräfte war und mit eigenen Mitteln nicht mehr in der Lage war ihr Recht durchzusetzen, half ihr die britische Armee dabei. 1972 erschoss die britische Armee 14 unbewaffnete DemonstrantInnen - the bloody sunday. Solange sich britisches Militär in Irland aufhält wird es keinen Frieden geben. Die anfängliche Schutzmacht entwickelte sich in den Siebzigern innert Wochen zu einer Truppe welche die protestantische Vormachtsstellung im Norden sicherte. Zahlreiche Morde gehen auf ihr Konto.
Sie arbeiten erwiesenermassen Hand in Hand mit den protestantischen paramilitärischen Mörderbanden zusammen. Die Armee arbeitet auch mit der SAS zusammen. Der Spezial Air Service sind Todesschwadronen der britischen Regierung. Der SAS erschoss bsw. 1988 drei unbewaffnete IRA-Mitglieder. Es ist die Aufgabe des SAS, bekannte IRA-Mitglieder, die jedoch auf dem rechtstaatlichen Weg nicht überführt werden können, zu exekutieren.
Auflösung der nordirischen Polizei (RUC)
Zwischen Jan. 69 und Dez. 86 wurden 166 Zivilisten, die keinerlei Verbindungen zu paramilitärischen Organisationen unterhielten, von der britischen Armee und der RUC getötet. Bei den Opfern handelte es sich fast ausnahmslos um Katholiken. In 98,8% der Fälle kam es nicht zur Verurteilung der Täter.Sinn Fein bereitet sich darauf vor. Wir brauchen andere, die dasselbe tun. Wir haben eine Vision einer neuen Zukunft, auf welche wir stolz sein können; eine pluralistische Gesellschaft, basierend auf Toleranz, Fairness und Gleichheit in welcher wir alle die Angst vor Differenzen und dem Festhalten an der Ungleichheit verlieren. Lasst uns alle der Zukunft eine Chance geben".
In einem vereinigten und vom britischen Establishment unabhängigen Irland wäre es den Protestanten kaum möglich, die sektiererischen Strukturen im Nordosten der Insel weiter aufrecht zu erhalten.
Wiedervereinigung ist somit gleichbedeutend mit Demokratisierung.
Aus demselben Grund halten die Protestantlnnen am nordirischen Separatstaat und dessen Einbindung in das Vereinigte Königreich fest. Während die Vorteile, die sich aus dem Status quo ergeben, für die protestantische Oberschicht real sind, mögen die Privilegien, die die protestantischen Unterschichten gegenüber ihren katholischen "Klassenkollegen" gemessen, eher marginal ausfallen.
Doch lehrt die Geschichte horizontal wie vertikal gespaltener Gesellschaften, dass es oftmals gerade die marginalen Vorteile sind, um die besonders erbittert gefochten wird. Solange sich die protestantische Arbeitslosigkeit geringer hält als die katholische, werden die protestantischen Unterschichten dies der Union mit Britannien zuschreiben und folglich an ihr festhalten.
Seit dem 6. Oktober 1997 wird in Belfast an den sogenannten All-Parteien-Gesprächen über die Zukunft des irischen Nordosten verhandelt. Als erster Verhandlungsvorschlag wurde von Seiten der Briten und der Republik Irland ein Papier vorgelegt welches eine interne Regelung vorsieht.
Dabei ist die Rede von einem nordirischen Parlament und einem Rat der Inseln. Eine Annäherung zwischen Nord- und Südirland wurde dabei gänzlich ausgeschlossen, da sie sehr unverbindlich daherkam. Dieses Dokument könnte aus der Feder der Protestantlnnen stammen, welche das Dokument auch grundsätzlich begrüssten. Ein nordirirsches Parlament gab es schon einmal. 1972 wurde dieses Parlament von den Briten aufgelöst, seither steht der nordosten Irlands unter der Direktherrschaft der britischen Regierung.
Dieses Parlament garantierte der probritischen Bevölkerungsmehrheit in Nordirland die gänzliche Alleinherrschaft. Dank Manipulation bei der Ziehung der Wahlkreise war dieses Parlament nahezu ausnahmslos von protestantischen Abgeordneten besetzt. Aufgrund dieser alten Erfahrungen ist es verständlich, dass Sinn Fein dieses Dokument grundsätzlich ablehnt. Der Rat der Inseln ist eine protestantische Erfindung. Sie versprechen sich davon eine noch engere Bindung an das vereinigte Königreich.
Die britische Regierung weigert sich nach wie vor aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Sie ignoriert ihre erhebliche Mitschuld am irischen Konflikt. Gerade die Labour Regierungen der Vergangenheit taten sich durch ausgesprochen repressives Verhalten im irischen Norden hervor. Die britische New Labour Regierung und mit ihr Premierminister Blair an der Spitze, müssen zur Verantwortung gezogen werden.
Um ihnen dies klar zu machen gehen wir am 28. März auf die Strasse und statten dem britischen Generalkonsulat in Zürich einen Besuch ab. Das irische Volk hat das Recht auf Selbstbestimmung, wie jedes andere Volk übrigens auch.
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