Gedanken zur hedonistischen Gesellschaftsform Soma-Höhlen, Erlebnisparks und Konsumpf-Zombies
Archiv
Ein neues Kapitel darf geschrieben werden in der Geschichte der nimmersattwerdenden Konsumstrafgefangenen. Sie sind ganz einfach nicht zu befriedigen, die entarteten Coca-Cola-Köpfe.
Mehr Artikel
7. Dezember 1995
0
0
4 min.
Drucken
Korrektur
Laserdroms haben sie gebaut, Cyberias und riesige Spielhallen, ausgerüstet mit modernsten Technologien, Restaurants Discos, Bars und Kifferschuppen haben wir schon in unübersehbarer, Anzahl.
Stripteasetänzerinnen und Chippendales geben ihr Letztes in der schweisstreibenden, ungemütlichen Hitze der Scheinwerferlichte. Und dies alles nur für die gesunde Marktwirtschaft und deren hirntote Arbeitssklaven. Bedürfnisse, von skrupellosen Werbestrategen künstlich erweckt, müssen gestillt werden.
Die innere Leere der Konsumvampire muss und will aufgefüllt werden, mit Cinémax und Bungee Jumping, immer schnelleren Turbomordmobilen und Harley Davidson-Brummer, Open Air-Kinos und Videotheken, Konzerte, Festivals und Megaraves.
Zufriedengestellt wollen sie werden, den Lohn empfangen für die geleistete Arbeit. Geld alleine ist wertlos, da muss das Angebot natürlich schon stimmen. Aber keine Sorge, es wird ganz bestimmt nicht an Ideen und Phantasien fehlen, in den kommenden Jahrzenten, um Möglichkeiten zu finden, damit der Krüppler seinen Zapfen verlochen kann.
Bis anhin war jedoch das Angebot auf reinhauen und zuknallen beschränkt. Doch lauschet aufmerksam der frohen Botschaft, die euch und eure Tristesse beglücken wird. Der Trend liegt voll auf der Erlebnislinie. Vorbei sind die Zeiten, wo unsereins sich in den Beizen zu Tode langweilen musste, weil nichts abgeht, ausser dem Bierpegel, der fällt. Nein, solche grausamen Alpträume und erschreckende Szenarien gehören endgültig der Vergangenheit an.
Wir alle dürfen jetzt mitmachen und uns beteiligen an der gigantischen Show. Heutzutage darf der sabbernde Stammkunde endlich auch der Servierdüse dezent an das Fötzchen greifen, gegen einen kleinen Aufpreis natürlich. In vielen Lokalen werden solche Damen extra für den sexhungrigen Arbeiterfrust engagiert, zum fummeln, greifen und betatschen. Ran an die Säcke, endlich darf erlebt werden, die Finger auf Entdeckungsreisen geschickt.
Der Kunde soll nicht weiter ausgegrenzt werden beim Unterhaltungsprogramm, nein, er soll mittendrin stehen, im Mittelpunkt, für gutes Geld$ ein Teil der Show sein. Berühren erlaubt. Reanimation der schon totgeglaubten Konsumpf- Zombies also. Welch ein Fortschritt.
Falls noch Unklarheiten bestehen sollten über die neuen Möglichkeiten des Zeitvertreibs, hier noch einige Beispiele.
Rudelbumsen auf der Tanzfläche, Dark Rooms (jeder mit jedem ohne was zu erkennen), spontane Strips von ausgehungerten Vamps, Catch-Darbietungen und Tittenshows sind nicht nur in Rimini zur Alltäglichkeit geworden.
Die Menschen schreien nach Hardcore. Im Ugly, wo sich die Möchtegern-Schicki-Micki-Szene trifft, kann neuerdings ein Flirt-Partner stundenweise gemietet werden. Mit diesem, als Sklaven verkleidetem Nütterich, darf der Kunde dann anstellen was er will. Eventuell benötigte Séparés stehen zur Verfügung.
Momentan sind Männerstrips für Frauen angesagt im Ugly (hässlich), die männlichen Gäste dürfen erst ab Mitternacht rein ins Paradies, dafür werden sie dort von einer aufgegeilten Horde Damen empfangen, die für den Rest der Nacht nur noch an das Eine denken.
Und am linken Zürichseeufer wird soeben ein Zwillingsschuppen der altbekannten Soma-Höhle Anker eröffnet. Dort wird dem grösstenteils jüngeren Publikum so ziemlich alles geboten, was sich ein randvoll zugekiffter Pubertätspickel auch nur ausmalen kann.
Unterhaltung bis zum umfliegen. Soma. Koma. Der Gast befindet sich im Garten Edens, wo die Gesetze noch vom Geld gemacht werden und das Angebot an Zerstreuung Schallmauern durchbrochen hat. Die konsumfreudige Wohlstandsgesellschaft amüsiert sich zu tode, das steht ausser Frage.
Wer dabei nicht mittun will, der soll doch zu Hause versauern, selber schuld, wo doch soviel läuft, die ganze Zeit. Fleissig Geld ausgeben, schlafen gehen, wiedersehen usw. usw.