Interview mit Sabine Auer vom Salzburg Social Forum
Wenn von der globalisierungskritischen Bewegung die Rede ist, dann denken die meisten Menschen wohl an grosse Demos gegen die Institutionen des Weltkapitalismus, dann fallen Ortsnamen wie Seattle, Göteborg, Genua oder auch Salzburg. Vor allem die etablierten Medien transportieren über die Bewegung das Bild eines strukturlosen, aber wilden Aufbegehrens, eines bunten, aber oft gewaltsamen Strassenprotests. Dass sich Kritik an der Globalisierung nicht nur in militantem Strassenprotest oder in akademischen Zirkeln artikuliert, ist keine Neuigkeit, bedarf aber vielleicht mal der besonderen Erwähnung. Das Spektakuläre am Protest in Seattle waren nicht die vielen Menschen, die sich daran beteiligten und auch nicht die von Polizei und Medien verursachten Strassenschlachtenbilder, sondern die basisdemokratische und im besonderen gewaltfreie Organisations- und Kommunikationskultur der US-amerikanischen Basisgruppen. Auf eine andere Art der Kultur legte das Salzburger Social Forum im Rahmen der Proteste gegen das World Economic Forum Mitte September diesen Jahres Wert: Ein Global Village sollte dem Treffen der tausend mächtigsten Industriekonzerne entgegengesetzt werden. Nach dem Motto Global denken, lokal handeln wurden zahlreiche KünstlerInnen und Kulturschaffende, Musikbands und AktivistInnen nach Salzburg eingeladen, um die Kritik an der Globalisierung in künstlerischer und kultureller Weise zu formulieren. So entstand ein buntes Sammelsurium aus Theater, Strassenpräsenz, darstellender Kunst, Videoinstallationen und Konzerten und einem alternativen Medienzentrum. Dass trotz der Buntheit nicht die Differenz abgefeiert wurde, sondern ein Global Village symbolisiert werden sollte, mag ein gewisser Widerspruch sein. Das Bild vom Global Village transportiert auch die Vorstellung einer homogenisierten Weltkultur, in der alle die gleiche Musik hören, die gleichen Geschmäcker haben, die gleiche Coca Cola trinken, den gleichen Cheeseburger futtern und auch sonst gleich sind. Das Bild der einen Welt für alle, das mit der Realität nun gar nicht übereinstimmt. In Salzburg jedenfalls hatte der künstlerische und kulturelle Protest gegen die Globalisierung eine höhere Bedeutung als die üblichen Strassendemos. Das mit hohem Aufwand ehrenamtlich organisierte und umfangreiche Programm wurde von der Stadt Salzburg und anderen in der Vorbereitungsphase abgelehnt und bekämpft, nach erfolgreichem Abschluss aber in die Arme genommen.
Wenn ein Stein fliegt, gehen alle Inhalte verloren, sagte Sabine Auer vom Salzburger Social Forum in einem Interview, das ihr gleich in voller Länge hören könnt. Sie meinte damit, dass es für Medien, Polizei und Politik leicht ist, den Strassenprotest als gewaltsam zu diffamieren und politisch ins Leere laufen zu lassen. Kunst und Kultur sind schwerer zu missbrauchen, aber auch einfacher zu vereinnahmen, sowohl von den etablierten Medien als auch von der herrschenden Politik. Diese Erfahrung haben die AktivistInnen des SSF in besonderer Weise machen müssen.
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Kunst und Kultur als Globalisierungskritik
Interview mit Sabine Auer vom Salzburg Social Forum Wenn von der globalisierungskritischen Bewegung die Rede ist, dann denken die meisten Menschen wohl an grosse Demos gegen die Institutionen des Weltkapitalismus, dann fallen Ortsnamen wie Seattle, Göteborg, Genua oder auch Salzburg.
Autor: Andreas Linder
Radio: WW-TÜ Datum: 26.09.2002
Länge: 19:55 min. Bitrate: 56 kbit/s
Auflösung: Mono (44100 kHz)
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