Philipp Schiemann, geboren 1969, lebt und arbeitet als Autor, Schauspieler und Sänger in Düsseldorf. Zahlreiche Veröffentlichungen von CDs und Vinyl unter dem Label "Schiemann Artistics".
Mehrere Projekte mit seiner Band "Conscious", u.a. mit namhaften Gastmusikern, wie z.B. der amerikanischen Punkrock-Legende Jeff Dahl. Schiemann wirkte als Darsteller, Regie-Assistent und Drehbuchautor an verschiedenen Underground-Filmen und Video-Produktionen mit.
1997 erschienen die Erzählungen "Pussylecken, Herr Schneider", die der ursprünglichen Spoken Word CD "Le petit Journal" entnommen sind.
Das Buch
Schiemann erzählt rasant und mit praller Intensität aus dem Drogen-Milieu, dessen traumatischer Alltag bestimmt wird von Rausch, Isolation und Nähe, von Gewalt und Kriminalität. Mit viel Chemie und noch mehr Zynismus schlägt sich Joey - sein Held mit autobiografischen Zügen - durch Suicide City, von der psychiatrischen Verwahranstalt über Junk-WGs bis hin in ein grotesk verzerrtes Landleben." ... ruhe- und gnadenlos treibt Schiemann die Ereignisse voran, präsentiert Ekelerregendes und Peinliches, aber immer sprachlich prägnant und dramaturgisch genial. Das ist Underground-Literatur vom Feinsten..." (Rheinische Post, 1998)
Suicide City
"Ich muss über zwanzig Stunden geschlafen haben. Der kleinere von den beiden Glastischen ist zerbrochen, sehe es zum ersten Mal. Es ist Morgengrauen. Die Bude stinkt nach abgestandenem Rauch, Flaschen und Flecken überall. Mir ist kalt. Beim Aufstehen muss ich mich an der Sofalehne festhalten. Ich bin eine alte Mutter, pfeifend auf der Kellertreppe. Nein, nicht wirklich. Ich bin Ben Hur, der eine Horde von schwarzen Nutten reitet.""So, du kleine Ledersau!" Während er ihr hardcoremässig sein Ding reinsteckt, schreit er aus Leibeskräften. Es erscheint mir, als würde es ihn ungeheure Anstrengung kosten: Die Halsschlagadern treten deutlich hervor, und seine ohnehin schon roten Backen tun ein übriges.
Oh, mein Gott. Bei dem Versuch für den Kleinen Milch aufzuwärmen ist Melissa bewusstlos geworden und mit dem Gesicht direkt auf die Herdplatte gefallen. Die Nadel steckt noch in ihrem Arm. Ich packe sie am Schlafittchen und versuche, den heissen Kuss langsam zu lösen, wobei ich mit reichlich Wasser von seiten der Spüle nachhelfe. Mittendrin klingelt es plötzlich an der Tür. "Aufmachen, Polizei!" tönt es.
Als nächstes splittert Holz. Der Kleine wird wach und fängt an zu schreien, während aus dem Nebenzimmer unverändert das Gebrüll kommt. "Ledersau! Du geile Ledersau!" Ich sehe mich um und weiss, dass ich keine Zeit mehr haben werde, den Stoff im Klo hinunterzuspülen: Ich werde keine Zeit mehr haben, irgendwelche Beweismittel verschwinden zu lassen. Ich bin ein gottverdammter kleiner Cracknigger auf seinem letzten Ritt. Eins zu null für euch.