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Chiara Bottici: Anarchafeminismus

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Chiara Bottici: Anarchafeminismus Feministischen Gesellschaftskritik

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Sachliteratur

Chiara Bottici ist eine Philosophie-Professorin, die aus Italien stammt und an der New School for Social Research tätig ist.

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Datum 1. Juli 2024
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Dort organisierte sie im Jahre 2013 die Konferenz The Anarchist Turn mit.

Diese wirkte zwar nicht als kick-off um anarchistische Positionen fester in akademischen Kontexten zu etablieren. Dennoch stellen diese und ähnliche Zusammenkünfte eine Chance dar, um Anarchismus zu ent-stigmatisieren und auch theoretische Debatten über damit verbundene Themen zu führen.

Auch Daniel Loick steht mit seinem Buch Anarchismus zur Einführung (2017) für diesen jüngeren Versuch aus der Kritischen Theorie heraus, anarchistische Positionen sachlich zu diskutieren und einen Bezug zu ihnen herzustellen. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Strömung innerhalb der sogenannten Kritischen Theorie, deren andere Strängen (Jürgen Habermas, Axel Honneth etc.) zu langweiligen Apologie der Sozialdemokratie geworden ist.

Zurück zu Bottici: Die Autorin skizziert auf fokussierten knapp 300 Seiten, wie eine anarchafeministische Theorie heute aussehen kann – und beginnt dabei mit einer feministischen Gesellschaftskritik. Im ersten Teil „Bodies in plural and their oppression“ thematisiert sie Intersektionalität, also die Theorie der Schnittstellen zwischen verschiedenen Herrschaftsformen, die immer schon einen anarchistischen Gehalt aufwies.

Sie dekonstruiert die eurozentrischen und sexistischen Aspekte anarchistischer Theoriebildung und hinterfragt den Feminismus selbst durch queere Theorien. Im zweite Teil „The philosophy of transindividuality“ stellt Bottici Überlegungen zur Thematik der herausfordernden Verbindung zwischen Einzelnen und Gemeinschaft an, die z.B. von Alan Ritter (1980) unter dem Stichwort „gemeinschaftliche Individualität“ verhandelt wurde.

Dabei ist offensichtlich, dass sich gerade aus feministischen Herangehensweise neue und andere Einsichten für eine emanziptorische Sozialität gewinnen lassen, welche prozesshaft weiter zu formen ist. Der dritte Teil ist mit „The globe first“ überschrieben und verweist damit auf eine holistische Herangehensweise, also auch das Anliegen, gesellschaftliche Verhältnisse insgesamt zu verändern.

Dabei thematisiert Bottici einen dekolonialen und deimperialen Feminismus, einen körperlich (somantisch) spürbaren Kommunismus entgegen der kapitalistischen (Re-)Produktionsweise, sowie die Bedeutung eines Ökofeminismus als queere Ökologie. Abschliessend publiziert sie ein anarchafeministisches Manifest, welches in einer vorherigen Fassung bereits zuvor erschienen ist.

Alles in allem handelt es sich um ein wichtiges und lesenswertes Buch für diejenigen, die sich für zeitgenössische anarchafeministische Theorie interessieren. Daher hoffe ich, dass ich demnächst die Einleitung dazu übersetzen und hier veröffentlichen kann.

Im Nachhinein habe ich erfahren, dass bereits auf autonomies.org ein Auszug aus dieser Veröffentlichung gepostet wurde.

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Chiara Bottici: Anarchafeminismus. Bloomsbury Academic 2021. 328 Seiten. ca. SFr. 24.00. ISBN: 1350095869.