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Revolutionsbräuhof Wien: Was ist eigentlich Anarchie

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Revolutionsbräuhof Wien: Was ist eigentlich Anarchie Agitation aus der Vergangenheit

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Sachliteratur

Was Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit sind, lässt sich manchmal gar nicht so genau sagen.

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Datum 10. Oktober 2024
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Manche lebendigen Gedanken können zweihundert Jahre alt sein, während die bei „X“ trendenden Hashtags nach einigen Tagen bereits wieder halbwegs veraltet sein können.

Seltsamerweise befinde ich auch ich mich im Widerspruch, mich einerseits auf die „Klassiker*innen“ des historischen Anarchismus (sagen wir vor 1933) zu beziehen und andererseits die Augen nach neuen Entwicklungen offenzuhalten, wie etwa wenn Catherine Malabou oder Chiara Bottici ein Buch herausbringen. Nun ist es aber keineswegs so, dass es zwischendurch keine anarchistischen Aktionen oder eben auch Publikationen gab. In der gefundenen Broschüre, herausgegeben vom „Revolutionsbräuhof Wien“ und nachgedruckt vom „Infoladen Mannheim“ werden so beispielsweise Daniel Guérin, Murray Bookchin oder Colin Ward zitiert, die insbesondere in den 1960er bis 1980er Jahren aktiv waren.

Aus welchem Jahr die Broschüre selbst stammt, lässt sich leider nicht direkt herauslesen – für Hinweise bin ich dankbar. Fest steht, dass sie vor dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Annexion der ehemaligen DDR an die BRD geschrieben wurde und demnach mindestens 25, wohl eher 30 bis 35, Jahre alt sein dürfte. Sicherlich waren das andere Zeiten – aber wie vergangen und wie gegenwärtig sind diese? Jedenfalls waren die Autoren Fans von Bakunin und grenzten sich gezielt vom autoritären Sozialismus und vom Marxismus ab – wobei sie sich zugleich klar als Sozialisten verstehen. Ein Seitenhieb gegen Hippies und Alternative fehlt dabei auch nicht.

Vor mir liegt eine Grundlagen-Broschüre, die gut zur Agitation getaugt haben mag – und welche man heute dennoch neu schreiben müsste. Grundlagen des Anarchismus gilt es wohl in jedem Jahrzehnt neu zu formulieren und dabei wesentliche Begriffe und Vorstellungen zu erläutern, auch wenn es jene, die schon länger dabei sind vermutlich langweilt. Was ist eigentlich Anarchie? bleibt eine herausfordernde Frage, die vermutlich am ehesten durch eigene Erfahrungen, Erzählungen und Veranschaulichung beantwortet werden kann. Zugleich braucht es aber eben immer wieder auch Interpretationshilfen in Textform. Dies würde helfen, den bauchgefühlten Antiautoritarismus mit Bewusstsein zu unterfüttern.

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Revolutionsbräuhof Wien: Was ist eigentlich Anarchie