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What's Copyleft?

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Eine kurze politökonomische Betrachtung What's Copyleft?

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Digital

Ein juristischer “Hack” – genannt “Copyleft” – bringt den Widerspruch auf den Punkt: Reichtum muss nicht Wertform annehmen. Was steckt dahinter?

What's Copyleft?.
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What's Copyleft?. Foto: PereslavlFoto / CC BY-SA 3.0 unported - cropped

Datum 18. März 2009
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Copyleft, der Name deutet es schon an, ist eine rechtsförmige Subversion der ursprünglichen Intention des Copyrights bzw. des Urheberrechts – mehr dazu unten. Zunächst sei erklärt, wie Copyright und Urheberrecht “funktionieren”.

Copyright und Urheberrecht dienen dazu, dem Urheber einer “geistigen Schöpfung” die ausschliesslichen Verfügungsrechte über das Werk zu sichern. Während das angloamerikanische Copyright personal vollständig übertragen und also auch gehandelt werden kann, ist das kontinentaleuropäische Urheberrecht “naturalrechtlich” bestimmt: Es kommt dem Urheber eines Werkes qua Natur des Schöpfungsaktes zu, ohne dass es besonders reklamiert werden muss. Es “klebt” gewissermassen an der Person.

Auf dem Verfügungsrecht des Urhebers baut die Möglichkeit auf, die Art der Nutzung des Produkts zu bestimmen: Es kann als Public Domain - nicht zu verwechseln mit Copyleft! – der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt oder einer kommerziellen Verwertung zugeführt werden. Kurz: Copyright und Urheberrecht sorgen dafür, dass Immaterialgüter knapp bleiben, um ihre Warenform aufrechterhalten zu können. Diese Art der Knappheit ist nicht “stofflich” bestimmt, sondern einzig rechtsförmig erzeugt. Der Warenfetisch lässt grüssen.

Nun fiel diese besondere Rechtswirkung, etwas knapp zu machen, das reichlich vorhanden ist, über einige Jahrhunderte nicht sonderlich auf. Der Grund dafür ist die untrennbare stoffliche Verbindung von unknappem Immaterial- und knappem Materialgut, von geistiger Schöpfung und seinem Träger. Der Roman ist verlässlich mit seinem physischen Träger, dem Buch, verbunden. Zwar wurden (und werden) auch immer wieder Raubdrucke hergestellt, doch ist diese Produktion an die Verfügung über teure Produktionsmittel gebunden und erfordert den Einsatz stets neuen (Roh-)Stoffs.

Heute hingegen steht das Universal-Produktionsmittel sui generis, der Computer, auf den meisten Schreibtischen. Die “Produktion”, die Kopie, geschieht auf Mausklick zu marginalen Transaktionskosten. Überhaupt ist, bei Lichte betrachtet, der Computer und sein Universalnetz eine einzigartige riesige Kopiermaschine. Ein einziger Klick auf einen Link zu einer Webseite löst eine Kaskade von Kopieraktionen aus: von der Festplatte des Webservers in den Arbeitsspeicher, zum Router, zum nächsten Router usw. , in den Arbeitsspeicher des eigenen PC, in die Gra- fikkarte, auf den Monitor – mit noch einigen staatlichen Datensammelpuffern mittendrin. Jede dieser Kopien bedroht die Warenform! Alle Anstrengungen von DRM (“digital rights management”) bis TCPA (“trusted computing platform alliance”) versuchen die Schwachstelle in der Kopierkette – den individuellen PC – unter Kontrolle zu bekommen. Es wird nicht gelingen.

Copyleft nutzt die exklusiven Verfügungsmöglichkeiten und verfügt: Alle sollen über das Gut verfügen und niemand soll ausgeschlossen werden: Die Exklusion wird exklusiv exkludiert (siehe Kästen). Es wahrhaft genialer Hack! Dieser lässt sich immanent nicht aushebeln ohne das Fundament der exklusiven Verfügung in Frage zu stellen. So bleibt der Versuch, das Copyleft über andere Ebenen anzugreifen (“Copyleft ist unamerikanisch”). Es schien einfach undenkbar, dass das wohlformierte Warensubjekt jemals auf die Idee käme, einfach seine Leistung zu “verschenken”.

Copyleft bedeutet Reichtum zu produzieren, der keine Wertform annehmen muss. Damit wurde ein Türchen zu einer neuen Welt aufgestossen. In dieser neuen Welt gelten die Regeln der Warengesellschaft nicht mehr. Völlig neue menschliche Beziehungen und neue Formen der gesellschaftlichen Vermittlung lösen die überholten und nur mehr destruktiven Formen ab, was wir heute jedoch erst in Umrissen erahnen können. Doch die Ahnungen und Keimformen einer Produktionsweise jenseits der Warenform sind da und das Copyleft bildet den Schutzraum im Alten, vergleichbar den von Mauern umgebenen Städten im dominanten Feudalismus des späten Mittelalters.

Drei Widersprüche treiben die Entwicklung voran:

Allgemeines Wissen vs. Warenform: JedeExklusivierung von Wissen behindert die Generierung von neuem Wissen, doch nur wer schneller neues Wissen generiert, überlebt im Konkurrenzkampf. Jede Freigabe von Wissen generiert neues Wissen, das aber nicht mehr knapp ist und sich damit der Warenform entzieht.

Selbstentfaltung vs. Selbstverwertung: Selbstentfaltung unter wertfreien Bedingungen und Selbstverwertung unter warenförmigen Bedingungen sind antagonistische Paradigmen. Produktivkraftentwicklung braucht heute die Selbstentfaltung der Menschen. Mehr Selbstentfaltung geht aber nur bei weniger Selbstverwertung.

Reichtum vs. Wertform: Je erfolgreicher Arbeit zur Abschaffung von Arbeit eingesetzt wird, desto schneller schwindet die Wertsubstanz – und umso grösser wird der geschaffene stoffliche Reichtum. Immer weniger kann stofflicher Reichtum Wertform annehmen.

Copyleft wirkt objektiv für die Verallgemeinerung des Wissens, für die Ausweitung, Selbstentfaltung und für die Schaffung stofflichen Reichtums jenseits der Wertform. Dennoch gibt es keine Garantie, dass sich die freien Tendenzen gegen das Empire durchsetzen. Es geschieht nicht, es ist zu tun.

Stefan Meretz
streifzuege.org

So funktioniert Copyleft:

Ein Copyleft-Produkt darf jeder Mensch frei nutzen. Will ich es weitergeben, dann muss ich die Regeln der Lizenz, der das Gut untersteht, akzeptieren. In der Lizenz ist verfügt, dass das Gut nicht wieder exklusiviert und die Lizenz bei (auch veränderter) Weitergabe nicht geändert werden darf: Die Eigenschaft der Freiheit vererbt sich damit auf Kopien und abgeleitete Versionen. Mit dem Copyleft habe ich alle Freiheiten – ausser der Freiheit, anderen diese Freiheit zu nehmen. Inzwischen gibt es Copyleft- Lizenzen für viele Immaterialgüter.



Freie Software und Copyleft:

Freie Software (bzw. Open Source Software) ist nicht notwendigerweise Copyleft-Software. Freie Software zeichnet sich durch vier Freiheiten aus: l die Freiheit der unbegrenzten Nutzung zu jedem Zweck l die Freiheit des Studiums der Quelltexte l die Freiheit der Modifikation l die Freiheit der Weitergabe Copyleft-Software enthält zusätzlich die Vorgabe, bei Weitergabe die Lizenz unverändert zu lassen. Freie Software, die diese Verpflichtung nicht enthält, ist auch nicht Copyleft-Software. Die bekannteste Copyleft- Lizenz für Software ist die GNU General Public License (GPL). Mehr Informationen: http://freiesoftware.verdi.de