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Pronomen und geschlechtsneutrale Sprache

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Gedankenanstösse Pronomen und geschlechtsneutrale Sprache

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Gesellschaft

Pronomen werden gebraucht, um ein Nomen zu ersetzen. Bei diesem Nomen kann es sich um ein Objekt, ein abstraktes Konzept oder um eine Person handeln. Das Praktische an den Pronomen besteht in ihrer Kürze.

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Pronomen.

Datum 14. November 2024
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So können wir uns auf dieses und jenes beziehen, ohne es beim Namen nennen zu müssen. Zudem gibt uns das Pronomen zwei weitere Informationen: die Anzahl und das Geschlecht. Die deutsche Sprache kennt zwei Geschlechter und eine «neutrale» Kategorie, die jedoch hauptsächlich für Objekte und Konzepte genutzt wird (es gibt Ausnahmen für Kinder und Frauen, welche teilweise mit «es» bezeichnet werden).

Wenn wir uns nun überlegen, was alles für Eigenschaften mit einem spezifischen binären Geschlecht (also männlich oder weiblich) mitgedacht werden (Aussehen, Stellung in der Gesellschaft, Körperbau, Charakterzüge, usw.), dann erkennen wir, dass wir sehr viel über die angenommene Identität von den Personen weitergeben, wenn wir ein vergeschlechtlichtes Pronomen für sie gebrauchen. So entsteht bei Aussagen wie «Sie hat ein Kleid an und schaut wütend aus.» oder «Er hat ein Kleid an und schaut wütend aus.» jeweils ein völlig anderes Bild im Kopf. Auch die angenommene Geschichte dahinter, wie es zu dieser Situation kommen konnte, ist eine andere. Wie wir Leute bezeichnen, macht also viel mit den Annahmen, die wir über sie treffen.

Es gibt Menschen, die nicht wollen, dass ihr vermeintliches Geschlecht und all die dazugehörigen Annahmen in einem Pronomen mitgenannt und -gemeint werden sollen. Das kann mehrere Gründe haben. Es gibt Leute, die sich grundsätzlich mit keinem Geschlecht identifizieren. Weiter gibt es solche, die sich mit keinem oder nicht mit ausschiesslich einem der zwei Geschlechter, die in der deutschen Sprache etabliert sind, identifizieren sondern eine vielfältigere Geschlechtsidentität haben. Zudem gibt es jene mit einer fluideren Geschlechtsidentität, bei welchen sich das eigene Geschlecht immer wieder verändert. Wahrscheinlich gibt es noch weitere Gründe.

Die Mehrheit dieser Menschen vereint, dass sie sich als non-binär (oder ähnlich) bezeichnen. Soll heissen: nicht (nur) einem von zwei Geschlechtern zugehörig. Non-Binarität wird oftmals als Teil einer Transidentität verstanden. Eine Transidentität haben Personen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei der Geburt zugeordnet wurde: also nicht-binäre (trans) Menschen, trans Frauen oder trans Männer. Personen, die das bei der Geburt zugeordnete Geschlecht jedoch beibehalten, werden als cis bezeichnet: also cis Männer oder cis Frauen.

Diese Personen haben eigene Vorschläge, wie wir in der Sprache ihre Identität berücksichtigen können. Um diese zu kennen, nennen alle Beteiligten am besten bei der Begrüssung, wenn wir uns einander vorstellen, ihre korrekten Pronomen. Wichtig dabei ist, dass alle sich über ihre Pronomen äussern und alle gefragt werden. So wissen wir auch, ob wir für gewisse Personen eine geschlechtsneutrale Sprache gebrauchen sollten oder ob Mann oder Frau für sie die richtige Kategorie ist. Denn es ist nicht möglich, einer Person anhand des Aussehens anzusehen, welche Geschlechtsidentität sie hat.

Wenn wir geschlechtsneutrale Sprache richtig verwenden möchten und auch jene Identitäten, die nicht Mann oder Frau sind, berücksichtigen möchten, dann gibt es generelle Tipps und Tricks:

- Spreche Leute mit ihren korrekten Pronomen an. Wenn du dir nicht mehr sicher bist, wie diese lauten oder wie sie funktionieren, dann frage nach! Nichts macht glücklicher als zu merken, dass andere sich Mühe geben. Es ist okay, Fehler zu machen. Lieber das, als die richtigen Pronomen völlig zu übergehen.

- Gewisse Personen benutzen für sich überhaupt keine Pronomen, stattdessen wird der Name dieser Person genannt. «Charly geht weg; Charly hat gesagt...; Charlys Freund*innen kommen heute vorbei».
Um Wiederholungen zu vermeiden, kann auch «Mensch» als Pronomen genutzt werden.
«Charly hat ein neues Fahrrad. Mensch möchte aber nicht, dass jemand Anderes damit fährt.»

- Nicht nur Pronomen definieren das Geschlecht. Vermeide der Person durch die Anrede ein Geschlecht zuzuweisen. Statt «Herr/Frau...» als Alternative Vor- und Nachnamen nennen.

- Sprich nicht über «diesen Mann dort drüben», sondern über «diese Person dort drüben».

- Versuche zu überlegen oder zu bemerken, in welchen anderen Bereichen der Sprache ein Geschlecht definiert wird und was es für Alternativen dazu gibt.

Zum Beispiel:
«Meine Tochter/mein Sohn» —> «Mein Kind».
«Meine Schwester/mein Bruder» —> «Mein Geschwister».

Wenn dir keine Alternativen einfallen, versuche das Wort zu umschreiben.

- Es gibt auch Worte, deren Endungen ein Geschlecht definieren. Hier gebrauchen wir in der Schrift den Genderstern (*), den Unterstrich (_) oder den Doppelpunkt (:). Im Gesprochenen machen wir eine Pause Anstelle des Sonderzeichens: «Die Tänzer (pause) innen».

Zum Beispiel: Die*der Lehrer*in. Die:der Lehrer:in, usw. oder noch besser: versuche es mit einer geschlechtsneutralen Bezeichnung: «Die Lehrperson».

All diese Punkte sind Gedankenanstösse. Du kannst immer auch Nachfragen oder dich online informieren, was es für weitere Möglichkeiten gibt, genderneutral zu sprechen und zu schreiben. Vielleicht fallen dir auch selbst neue Methoden ein. Wichtig ist, dass die gewählte Sprache den Respekt für die Identität Anderer wiedergibt.

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