Mit dieser Kritik steht er nicht alleine da. Als Büne Huber, Sänger der Schweizer Mundartrock-Band Patent Ochsner, in ähnlicher Macho-Terminologie letztes Jahres den Fussball als „Sport für Pussys“ bezeichnete, bekam er dafür hierzulande viel Beistand. Offensichtlich melden sich hier prominente Männer zu Wort, die sich nach maskulinen Attributen wie Kampf, Dominanz, Stärke und Härte zurücksehnen. Im Sport… und im alltäglichen Leben?
Petkovics „Balkan-Connection“
Damit leider nicht genug. Köppel regt sich weiter über das Spiel mit dem Ball auf, genauer - über die Schweizer Nati, die seiner Ansicht nach eine Mannschaft „von Auslandssöldnern mit Schwerpunkt Balkan“. Der Aufhänger seines Artikels, nämlich die Tatsache, dass in der aktuellen Nationalmannschaft nur ein Fussballprofi aus der heimischen Liga kommt (gemeint ist hier Verteidiger Michael Lang vom FC Basel, welcher meistens auf der Ersatzbank sitzt), verliert Köppel aber auffällig schnell aus den Augen. Vielmehr scheint ihn die „Herkunft“ und die Hautfarbe gewisser Schweizer Spieler zu interessieren. Und so gelangt er zu der denkwürdigen Aussage, dass er in der Nationalmannschaft eine „Veteranentruppe“ sehe, die angereichert sei „durch ein paar eingeschweizerte Afrikaner“.Hier wird's unerträglich. Köppel unterscheidet de facto zwischen Ausländer und Inländer, «Slawen» und «Schwarzafrikanern», spricht sogar von Petkovics „Balkan-Connection“ und faselt etwas von Ausländervorrang. Da im Fussball aber nicht die Herkunft, sondern nur die Leibchenfarbe zähle, verbietet sich Köppel leider die Frage, «wie viel Schweiz in dieser Schweizer Mannschaft denn überhaupt noch drinsteckt.» Noch interessanter zu erfahren wäre, was Köppels Kriterien für echte Schweizer denn nun sind?
Wiesendangen bei Winterthur, Kanton Zürich
Reicht ein Schweizer Pass nicht? Oder muss es Schweizerdeutsch (Dialekt) sein? Geburtsort CH? In der Schweiz aufgewachsen? Oder sollte gar ein landesüblicher Vor- und Nachnamen vorhanden sein? Nun denn. Betrachten wir einen Fussballer des Schweizer Teams, einen sogenannten „eingeschweizerten Afrikaner“, über den sich Köppel so enerviert, mal etwas genauer. Nehmen wir Manuel Akanji, den souveränen, linken Innenverteidiger der Schweizer Nationalmannschaft. Geboren und aufgewachsen in Wiesendangen. Klassischer Zürcher mit Migrationshintergrund. Spielte in der Juniorenelf des FC Wiesendangen, danach beim FC Winterthur, später beim FC Basel, bevor er nach Deutschland zu Borussia Dortmund wechselte.Und noch ein Beispiel: Denis Zakaria, 21 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Genf. Begnadeter Mittelfeldspieler der Schweizer Nati. Spielte elf Jahre lang in der Jugendabteilung bei Servette Genf, danach wechselte er zum BSC Young Boys nach Bern. Heute spielt der Fussballprofi ebenfalls in Deutschland, bei Borussia M'Gladbach.
Der Skandal um AfD- Vizechef Alexander Gauland
Anscheinend genügt es den SVP-Kreisen von Köppel & Co. nicht, in der Schweiz geboren zu sein und einen Schweizer Pass zu besitzen, um auch als echter Schweizer wahrgenommen zu werden. Das ist soweit nichts Neues. Wenn der Weltwoche-Verleger Köppel in diesem Fall aber abfällig von «ein paar eingeschweizerten Afrikanern» spricht, welche in Tat und Wahrheit aber Zürcher oder Genfer sind, dann riecht das ziemlich stark nach Rassismus.Der Fall erinnert an Jérôme Boateng in Deutschland, als der AfD- Vizechef Alexander Gauland mit folgender Aussage über den dunkelhäutigen Verteidiger der deutschen Fussballmannschaft einen Skandal losgetreten hatte: „Die Leute finden ihn als Fussballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Bei einer Umfrage im Juni 2016, die das Instituts TNS Emnid für das Nachrichtenmagazin „Focus“ durchführte, stellte sich jedoch heraus, dass Alexander Gauland mit seiner Meinung ganz klar eine Minderheit darstellt. 82 Prozent der Deutschen wünschten sich in der Erhebung sehr wohl Fussball-Weltmeister Jérôme Boateng zum Nachbarn.
Eine ähnliche Reaktion oder gar ein Aufschrei über die diskriminierenden Aussagen Köppels, welche von der Wortschöpfung her unweigerlich an sehr dunkle Zeiten in Europa erinnert, blieb in der Schweiz bisher jedoch unerfreulicherweise aus. Unverständlich, wenn man bedenkt, dass sich Köppels Editorial wie ein Plädoyer für eine reinrassige Schweizer Nationalmannschaft liest.
Weisse „Eishockey-Schweizer“
Doch noch einmal zurück zum Eishockey, zu der Sportart, welche den Chefredakteur der Weltwoche anfänglich seines Textes zu dermassen chauvinistischen Träumereien hinreissen liess. Es sei hier nur kurz erwähnt, dass es im Eishockey seit Langem durchaus üblich ist, einen Ausländer (meistens Kanadier weisser Hautfarbe), der seit Jahren in der Schweizer Liga spielt, jedoch weder in Köppels Heimat geboren wurde geschweige denn Kindheit oder Jugend im Land der Käseglocken und Goldreserven verbracht hat, diskussionslos einzubürgern, um ihn dann für die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft auflaufen zu lassen. Im Sportjargon spricht man in einem solchen Fall von einem „Eishockey-Schweizer“. Diese Praxis ist seit Jahrzehnten gang und gäbe und die Eishockey-Geschichte ist nachweislich reich an eingebürgerten Cracks.Dieser Umstand stört SVP-Nationalrat Roger Köppel anscheinend jedoch keineswegs. Misst Köppel hier etwa mit verschieden Ellen? Oder sind dem Chefredakteur, wie eingangs erwähnt, die „unehrlichen“ Weicheier und „feigen“ Warmduscher im Fussball generell und grundsätzlich unsympathisch? Oder liegt es doch eher an der Hautfarbe? Ist Köppel bei gewissen Themen einfach nur farbenblind? Oder ist alles noch viel schlimmer, und sein Weltbild existiert nur in schwarz und weiss?