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Asteroid City

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Asteroid City Zwischen Überraschung und Langeweile

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Kultur

„Asteroid City“ ist ein typischer Wes Anderson mit wunderbaren Tableau-Bildern, einem exzellenten und prominenten Ensemble sowie skurrilem Humor.

Scarlett Johansson an der Pressekonferenz von Asteroid City in Cannes, Mai 2023.
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Scarlett Johansson an der Pressekonferenz von Asteroid City in Cannes, Mai 2023. Foto: Canal22 (CC-BY 3.0 cropped)

Datum 28. Dezember 2024
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Und doch gibt es deutliche Ermüdungserscheinungen. Während die neuen Science-Fiction-Elemente für Abwechslung und Überraschung sorgen, ist vieles hier zu routiniert und mitunter etwas langweilig, wenn der Film erstaunlich wenig zu erzählen hat.

1955 in den USA: Augie Steenbeck (Jason Schwartzman) steckt in einer schwierigen Situation. Wie soll er nur seinen vier Kindern sagen, dass ihre Mutter tot ist? Und das schon seit mehreren Wochen? Erst einmal heisst es jedoch, zu einem wissenschaftlichen Wettbewerb zu fahren, der in einer abgelegenen Wüstenstadt abgehalten wird und an dem sein Sohn Woodrow (Jake Ryan) teilnehmen wird. Auch Dinah Campbell (Grace Edwards), Tochter der Schauspielerin Midge (Scarlett Johansson), gehört zu dem erlesenen Feld und freut sich bereits auf den Austausch mit Gleichgesinnten. Weniger erfreulich sind die diversen Überraschungen, welche auf die Leute warten. Nicht nur dass das Motel nicht ganz das einhält, was dessen Manager (Steve Carell) zu verkaufen versucht. Es kommt zudem zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall …

Ein unverwechselbarer Stilist

Es dürfte aktuell kaum einen Regisseur bzw. Regisseurin geben, die einen ähnlich unverkennbaren Stil haben wie Wes Anderson. Oft reicht nur ein einziges Bild und man weiss bereits, dass man es mit einem Werk des US-amerikanischen Filmemachers zu tun hat. Mit seiner Mischung aus skurrilen Geschichten und strengen Tableau-Settings erlangte er schnell Kultstatus. Mit Grand Budapest Hotel schien er 2014 zudem Teil des Mainstreams geworden zu sein. Nicht nur dass seine gewohnt eigenwillige Komödie für neun Oscars nominiert wurde, von denen sie vier am Ende auch gewann. Sie spielte zudem 173 Millionen US-Dollar ein, immerhin das Siebenfache des Budgets. Doch seit diesem Volltreffer ist ein wenig der Wurm drin. Sein anschliessender Stop-Motion-Film Isle of Dogs – Ataris Reise (2018) war von vornherein ein reines Liebhaberprojekt. Und auch sein durch die Corona-Pandemie verschobener Episodenfilm The French Dispatch (2021), eine Liebeserklärung an den Journalismus, ging ziemlich unter.

Umso neugieriger durfte man sein, wie wohl Asteroid City ausfallen würde, sein erster „richtiger“ Spielfilm seit eben Grand Budapest Hotel. Die Reaktionen bei der Premiere in Cannes waren jedoch etwas gemischt. Grundsätzlich waren die Kritiken zwar schon gut. Aber es gab auch nicht wenige Stimmen, die bemängelten, Anderson würde sich nur noch selbst kopieren. Tatsächlich ist die Komödie in vielerlei Hinsicht so etwas wie die Quintessenz seines filmischen Schaffens. Das betrifft die Bilder mit den bühnenartigen Szenen, den detailverliebten Hintergründen und den Pastellfarben. Das betrifft den Humor, der gewohnt skurril und trocken ausfällt. Bei der Besetzung gibt es die üblichen personellen Déjà-vu-Erlebnisse, wenn unter anderem Jason Schwartzman, Willem Dafoe, Adrien Brody und Tilda Swinton dabei sind. Bei allen ist es die mittlerweile mindestens fünfte Kooperation.

Zwischen Überraschung und Langeweile

Das heisst nicht, dass es gar nichts Neues gibt. So finden sich dieses Mal Science-Fiction-Elemente, die man so nicht von Anderson erwarten würde. Tatsächlich ist der vielleicht beste Moment des Films einer, der völlig überraschend dieses fremde Genre bedient und dabei so wirkt, als würde der Regisseur plötzlich auf den Spuren von Monty Python wandeln. Während dieser Pfad tatsächlich unterhaltsam ist, gilt das für die Rahmenhandlung kaum. Asteroid City bringt dann eine Meta-Ebene hinein, die noch einmal seine Liebe fürs Geschichtenerzählen thematisiert. Das sorgt dann zwar für Abwechslung, wenn immer mal wieder die Haupthandlung durchbrochen wird. Nur hat der Film über dieses Thema gar nicht so wahnsinnig viel zu sagen.

Und das gilt leider auch für andere Passagen des Films. Schon bei The French Dispatch hatte man den Eindruck, dass dem Regisseur und Autor keine wirkliche Geschichte mehr einfällt, weshalb er sich mit kürzeren voneinander unabhängigen Vignetten begnügte. Bei Asteroid City gibt es nun ebenfalls Handlungsstränge, die nur lose zusammengehalten werden. Hier ist es der titelgebende Ort, der zum Rahmen wird. Dort gibt es zwar wie immer einiges zu entdecken. Das erlesene und weiter ausufernde Ensemble sorgt ebenfalls für vereinzelte Höhepunkte. Aber da ist eben auch viel Leerlauf, wenn die Komödie eine hübsch verspielte Nichtigkeit ist. Waren frühere Werke von Anderson wunderbar eigensinnige Kunstwerke, die man vielleicht nicht lieben, aber doch bewundern musste, macht sich hier zu oft Langeweile breit.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Asteroid City

USA

2023

-

106 min.

Regie: Wes Anderson

Drehbuch: Wes Anderson, Roman Coppola

Darsteller: Jason Schwartzman, Scarlett Johansson, Tom Hanks

Produktion: Wes Anderson, Jeremy Dawson, Steven Rales

Musik: Alexandre Desplat

Kamera: Robert D. Yeoman

Schnitt: Barney Pilling

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.