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Apocalypse Now (Redux)

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Rezension zum Antikriegsfilm von Francis Ford Coppola Apocalypse Now (Redux)

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Kultur

Apokalypse Now Redux – die 202 minütige Director's-Cut Version des 1979 erschienen Meisterwerks – ist definitiv kein Film für das Nervenkostüm des durchschnittlichen Blockbuster-Konsumenten.

Apocalypse Now (Redux).
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Apocalypse Now (Redux). Foto: Keven Law (CC BY-SA 2.0 cropped)

Datum 7. Juli 2014
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„Das Grauen und der moralische Terror sind deine Freunde. Falls es nicht so ist, sind sie deine gefürchteten Feinde.“ Mit dieser Logik resümiert Colonel Walter E. Kurtz (Marlon Brando), verehrter Gott-König einer bewaffneten Jüngerschaft, gefürchteter Feind der Vietcong und abtrünniger Soldat der Special Forces über seine blutrünstigen Handlungen und gleichzeitig auch über den ganzen Film. Kurz darauf wird er von seinem Henker Captain Willard (Martin Sheen) mit mehreren Macheten-Hieben hingerichtet.

Als symbolisches Pendant blendet der Regisseur immer wieder eine Kuh ein die gerade als Opfertier von der Kurtz-Sekte geschlachtet wird. Untermalt ist diese Szene mit dem Psy-Rock-Song „The End“ der Band „The Doors“. Ein Ende, das von Blut und dramatischen Sinnbildern so überladen ist, dass es schwerfallen würde sich daran zu erinnern, wenn es sich nicht so ins Gedächtnis eingebrannt hätte.

Apokalypse Now Redux – die 202 minütige Director's-Cut Version des 1979 erschienen Meisterwerks – ist definitiv kein Film für das Nervenkostüm des durchschnittlichen Blockbuster-Konsumenten. Bildgewaltig und mit fesselnder Filmmusik zeichnet Francis Ford Coppola eine Odyssee die zwar als Kulisse den Vietnamkrieg hat, sich aber um die Abgründe der menschlichen Seele dreht. Die einzelnen Szenen zu beschreiben wäre nicht nur sinnlos (und können woanders nachgelesen werden), sondern auch ein fruchtloses Unterfangen, weil sich deren Bedeutung gar nicht oder nur plump in Worte kleiden lassen.

Der Film kann nur als Ganzes „erfasst“ werden, was sich für viele Menschen als offenbar zu schwierig erweist (die Meisten meiner Mitzuseher sind entweder vor dem Ende eingeschlafen oder waren danach zu genervt um darüber zu reflektieren). Ich habe ihn 2001 im Kino durchgestanden, und seit dem auch nicht immer in einem Schwung geschafft, obwohl es weh tut den „Stop“-Button zu drücken, denn ein Einstieg in die Gefühls- und Gedankenwelt ist nach einer längeren Pause unmöglich. Trotzdem skiziere ich hier zur Vollständigkeit kurz den Plot:

US Army Captain Willard der schon mehrere Sondereinsätze unter strengster Geheimhaltung durchführen musste wird damit beauftragt Colonel Walter E. Kurtz zu auszuschalten, weil dieser sich dem Kommando der Streitkräfte entzogen und in den Dschungel von Kambodscha abgesetzt hat um von dort aus seine eigene Art der Kriegsführung zu betreiben (zudem ist der Colonel des Mordes an 3 Süd-Vietnamesischen Geheimagenten angeklagt). Dazu muss sich Willard von einem Patrouillenboot der Navy auf dem Mekong bis nach Kambodscha schiffen lassen, wo offiziell ja kein Operationsgebiet der US Army ist.

Die erbittert umkämpfte Do-Lung Bücke als letzte Stellung der Amerikaner ist eine Art Point-Of-No-Return an dem Kommandant ‚Chief' Phillips (Albert Hall) der das Boot lenkt Captain Willard davon abbringen will seinen Auftrag fortzusetzen. Willard der bis dahin schon einen Grossteil der Geheimakte über Kurts gelesen hat weicht jedoch nicht von seinem Ziel ab. Bis zur Schlussszene spitzt sich die Handlung nun immer mehr auf den Endkampf zu im dem sich die zwei Soldaten Willard und Kurtz gegenüberstehen.

Der wahnsinnige, selbstgerechte Colonel zu dem Willard fragend, fast bewundernd aufblickt, wird zu einem Prüfstein für dessen zerrissene und vom kämpfen ermattete Seele. Auch er hält den Grossteil der US Army für einen Haufen Dilettanten die sich mehr mit Porno-Magazinen, Drogen und Rock'n'Roll beschäftigen als mit „Charlie“. Beide sind sich einig das der Krieg durch eine schlagkräftige, gut ausgebildete und motivierte Truppe mit ein Drittel der Streitkräfte gewonnen werden könnte.

Apocalypse Now ist weder an politischen noch militärischen Hintergründen des Vietnamkrieges interessiert. Der Film lebt von seinen absurden Charakteren und Handlungssträngen (Die Sätze „Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen“ und „Charly surft nicht!“ von Colonel Kilgore [Robert Duvall] sind legendär) und die durch die Bilder und Musik erzeugte, teils psychedelische Atmosphäre. Diese Darstellung des Krieges ist er sicher nicht jedem Zuseher vorbehaltlos zu empfehlen. Keines Wegs möchte ich mich dem Lobgesang der Redaktion der ZEIT anschliessen die meinte: „Nach ihm dürfte es eigentlich keine anderen Kriegsfilme mehr geben.“ Denn um Krieg geht es in dem Film nur vordergründig. Von Anfang an wird der Zuseher mit essentielle Fragen über Moral und Verantwortung konfrontiert und in die kranken Welt der Handlungsträger hineingerissen, in der Begriffe wie Gerechtigkeit und Wahrheit nicht mal ein zynisches Lächeln verursachen können.

Da treffen manche Aussagen des anfangs dämonisch wirkenden Walter E. Kurtz direkt durch die überforderten Gehirnwindungen ins Herz und entzünden dort ein kurzes, wärmendes Gefühl der Zufriedenheit, das aber bald wieder durch den alles beherrschenden Wahnsinn erstickt wird. Der Sinn bleibt auf der Strecke, da Kurtz wie Anfangs erwähnt am Ende einem Opfertier gleicht, das sich freiwillig in die Lage gebracht hat und von der Militärführung dazu auserkoren wurde um eine Scheinmoral aufrechtzuerhalten die am Ende schon total in sich zusammengebrochen ist.

Captain Willard der von Kurtz noch als „Laufbursche“ bezeichnet wird erweist sich letztendlich doch als nervenstärkste Persönlichkeit, die es irgendwie geschafft hat den Ausgang dieser Hölle nicht aus den Augen zu verlieren. Der Sinn bleibt wie gesagt auf der Strecke, doch welcher gute Anti-Kriegsfilm lässt am Ende noch eine Frage nach dem Sinn des Krieges zu? Apokalypse Now geht hier vielleicht noch einen Schritt weiter und so erkennt der geduldige Zuseher am Ende wie treffend der Titel gewählt wurde.

Apokalypse Now wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Oscar für den besten Ton und die beste Kamera, und ist mit Sicherheit ein künstlerisch bedeutsamer Film, der andere Antikriegsfilme (sogar „Full Metal Jacket“) in mehrerlei Hinsicht in den Schatten stellt. Dennoch halte ich ihn nicht für geeignet um sich mit dem Thema Krieg an sich zu befassen und schon gar nicht wenn man ein Action-Movie im Sinn hat. Die FSK 16 finde ich durchaus angebracht und Menschen mit einem leichten Gemüth werden ihn ohnehin nicht zu Ende sehn können.

Parker
film-rezensionen.de

Apocalypse Now

USA

1974

-

202 min.

Regie: Francis Ford Coppola

Drehbuch: John Milius, Francis Ford Coppola

Darsteller: Martin Sheen, Marlon Brando, Robert Duvall

Produktion: John Ashley, Eddie Romero, Mona Skager

Musik: Carmine Coppola

Kamera: Vittorio Storaro

Schnitt: Lisa Fruchtman, Gerald B. Greenberg, Walter Murch, Richard Marks

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.