Dokumentation über die Ultraszene in der Türkei Instanbul United
Kultur
Istanbul United ist inhaltlich zwar eine interessante, aber leider auch etwas zusammenhangslose Dokumentation, die ihr vorhandenes Potenzial ein wenig verschenkt.
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17. Juni 2015
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4 min.
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Doch im Jahr 2013 musste diese Feindschaft vorerst ruhen. Die türkische Regierungen hatte vor, auf dem Gelände des Gezi-Parks ein riesiges Bauprojekt zu realisieren. Was als harmloser Protest begann wurde immer grösser und weitete sich bald auf das ganze Land aus. Den Protestierenden ging es jedoch schon längst nicht mehr nur um den Park, sondern darum, seinem Ärger über die Regierung Luft zu machen. Konfrontiert sahen sich die Protestierenden immer wieder mit der Polizei, die mit völlig überzogender Gewalt, Tränengas und Wasserwerfern versuchten die riesigen Protestbewegungen aufzulösen. Eher durch Zufall schlossen sich die grossen Fangruppen der Istanbuler Topvereine zusammen, um in diesen Protesten ein Zeichen zu setzen. Der Hass, der zwischen diesen Klubs und ihren Fans herrscht, war vorerst vergessen, denn es gab etwas wichtigeres, für das es sich lohnte, den Fussball vorerst zu vergessen.
Zu Beginn dieser Dokumentation begleitet man einen Anhänger, immer abwechselnd aus einem der drei Fanlager. Dabei bekommt der Zuschauer bereits einen Eindruck davon, welch hohen Stellenwert der Fussball in der Türkei hat, und welche Auswirkungen sich aus diesem Fanatismus für das Privatleben einiger Fans ergibt. Dabei ist jedem Betrachter selbst überlassen, wie er zu dieser kompromisslosen Begeisterung steht. Einerseits gibt es natürlich die begeisterten Fans, die voll und ganz zu ihrem Verein stehen, doch andererseits gibt es auch die Chaoten, die immer wieder für negative Schlagzeilen sorgen. Einige dieser gewalttätigen Auseinandersetzungen werden hier ansatzweise, anhand von Amateuraufnahmen gezeigt. Dies ist schon ein bisschen komisch, denn derart brutale Schlagabtäusche sind wir hier in Deutschland, zumindest in der Fussballszene, nicht gewohnt.
So ist dieser erste Teil der Doku durchaus gelungen, denn er zeigt auf besondere Weise die grenzenlose Liebe zum Verein, die viele türkische Fussballfans pflegen, aber auch die Beklopptheit, die bei einigen Fans mit dieser Liebe einhergeht. Leider ist es ein bisschen fehl am Platz, wenn einige Fans versuchen, die Gewalt im Stadion zu erklären. Dies hört sich dann so an: „Der Grund für die Gewalt im Stadion ist der Druck von der Polizei und ihren Einschränkungen und der von Medien geschürte Hass geschuldet.“ Hier macht man es sich wirklich sehr einfach, indem man die alleinige Schuld bei der Polizei und Medien sucht. Ein etwas differenziertere Herangehensweise hätte hier keineswegs geschadet.
Die zweite Hälfte dieser Dokumentation konzentriert sich auf die Proteste, die im Gezi-Park anfingen, und sich dann auf das ganze Land ausbreiteten. Das hier verwendete Bildmaterial stammt teilweise von Amateurfilmern, was leider dementsprechend schlechte Bildqualität beinhaltet. Doch die wirklichen Hintergründe dieser Proteste werden nicht dargelegt. Ebenso bleibt ein kritischer Blick in die türkische Politik aus, was dazu führt, dass man sich weder mit den Protestierenden identifizieren, noch ihren Forderungen folgen kann. Auch der Übergang zwischen der ersten Hälfte der Doku, in der man verschiedene Fans der drei Istanbuler Fussballvereine begleitet hat, und der zweiten Hälfte, die sich grösstenteils mit den Protesten und deren Auswirkungen beschäftigt, wirkt sehr abgehackt.
Dasselbe gilt leider auch für den Inhalt, denn eine wirkliche Überleitung, oder gar eine Verbindung, zwischen diesen beiden Themen kommt nicht wirklich zustande. Auch das Bündnis Istanbul United, um das es laut Titel ja eigentlich gehen sollte, wird nur gegen Ende einmal kurz gezeigt, bevor man sich wieder mit dem normalen Fussballalltag beschäftigt. Dass hier mehr Potenzial drin gewesen wäre, ist unbestreitbar. Doch auch so ist Istanbul United eine interessante Doku, die vor allem aufgrund der ersten Hälfte sehenswert ist.
Istanbul United
Türkei, Deutschland
2014
-90 min.
Regie: Farid Eslam, Olli Waldhauer
Drehbuch: Farid Eslam
Produktion: Farid Eslam, Jan Krüger, Oliver Waldhauer, Tina Schoepkewitz
Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.