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SIGNUM: Zeitschrift für Literatur und Kritik

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SIGNUM: Zeitschrift für Literatur und Kritik Zwischen sich Wundern und Erstaunlichkeit

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Kultur

SIGNUM ist eine Zeitschrift für Literatur und Kritik und erscheint, herausgegeben von Norbert Weiss und Jens Wonneberger, zweimal jährlich seit 20 Jahren in Dresden.

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SIGNUM: Zeitschrift für Literatur und Kritik. Foto: Mario Sixtus (CC BY-NC-SA 2.0 cropped)

Datum 13. Februar 2020
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DIE KOLONNE war eine Zeitschrift für Dichtung, die von 1929 bis 1932 erschien, herausgegeben von Martin Reschke und A. Artur Kuhnert. Von der einen wusste ich, von der anderen wusste ich nicht(s). In Klammern: Das häuft sich allmählich: dass ich immer weniger weiss, je mehr ich kennen- und lerne bzw. vergesse und nicht mehr wissen will. Möglicherweise begreift der Mensch zum Ende hin, dass er je mehr er weiss, nichts weiss. (Ich grüsse Sie, Onkel Sokrates, stimmiger Gedanke, der Ihnen zumythisiert wird.)

Die Aufgabe der KOLONNE schrieb Martin Reschke (1905-1946) bestehe darin gegen den „Irrglauben Allzuvieler entgegentreten: wir lebten geistig noch immer in neunzehnten Jahrhundert und in einer rational erfassbaren Welt, die der Dichtung nicht mehr zu ihrer tiefsten Ordnung und Deutung bedürfte“.

Wir Jetzigen leben im 21. Jahrhundert; in welchem Jahrhundert leben wir? Auch so noch im Anfang, auch schon so im Unfassbaren, auch so schon, wenn wir fiebrig-ambitioniert sind, in der Sehnsucht nach „tiefster Ordnung und Deutung“ des Jahrhunderts davor? Das 20. Jahrhundert hat, glaube ich, nichts anderes gemacht als die Jahrhunderte davor: alles Leben und Sterben, alles Streben und Beben, alles Verdammte und Verschlampte in einen Thermomixer geschmissen. Was und wer als Kunst und Künstler schmackhaft den Kunst-Gaumen der Nachwelt schmeichelt, wird immer und immer wieder ein (im Thermomixer der Kultur- und Debattier-Maschine) kaum trennbares Produkt sein. Die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen – nee, so funktioniert Nachhaltigkeit von Namen nicht.

Nichtsdestotrotz. DIE KOLONNE weiss, dass sie keine „Genies erzeugen, wohl aber den Atemraum schaffen (kann), in dem auch das Grösste sich geachtet verwirklichen könnte, wenn es erschiene“. Grösseres gibt es nicht für einen schreibenden Drang: als sich veröffentlicht zu sehen. Atemraum – ein schönes Wort, ein schönes Angebot für Menschen, die mit ihren Texten die Öffentlichkeit beatmen und von ihr beatmet werden wollen. Es muss einen Glauben an die Wirksamkeit und Notwendigkeit von Geschriebenem gegeben haben … 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert, 21. Jahrhundert … Die Liste der in der KOLONNE veröffentlichten „Geister“ ist lang und stark.

Da sind die „Berühmteren“ (nennen wir: Becher, Brecht, Benn, Kramer) und die „Unbekannteren“ (nennen wir: Politzer, Gunnarson, Heuschele, Saalfeld). Und lang ist auch die Liste derer, die sich – so steht es festgeschrieben ab 2019 in SIGNUM – animieren liessen von Dichterinnen und Dichtern, die in der KOLONNE veröffentlichten. Heinz Czechowski, Uwe Kolbe, Richard Pietrass, Lutz Seiler. Nicht zuletzt (oder doch fast zuletzt in dieser knappen Besprechung) Wulf Kirsten. Aufgefordert, etwas über DIE KOLONNE zu schreiben, beschreibt er die Berührung mit der KOLONNE als eine ambivalante Arbeit: „Ablehnung oder Anpassung“.

Kirsten hat sich – so lese ich den Bericht seiner Recherche über DIE KOLONNE – tiefergehend mit dem Blatt beschäftigt. Schon vorher; SIGNUM, nehme ich an, wusste um Kirstens „Spezialistentum“. Am Ende kommt der Dichter zu dem Fazit: „Ich dachte, zur ‚Kolonne' sei längst alles gesagt.“ Wahrscheinlich ist das so für all diejenigen, die von KOLONNE wissen, ihre Autoren kennen und lesen. Für mich war es eine feine Entdeckung.

Eckhard Mieder

Zwischen Wunder und Sachlichkeit, DIE KOLONNE, Zeitschrift für Dichtung, SIGNUM, Sonderheft 19, Herbst 2019