Vor dem Eingang der Schützi in Olten ist die politische Diskussion schon in vollem Gang, als Spellgoth, Sänger der Band Horna, zu uns stösst. Mit seiner stattlichen Statur, der schweissverschmierten Schminke im Gesicht und den Tattoos, mit denen sein entblösster, runder Bauch übersäht ist, sieht der Mann nicht gerade freundlich aus. Seine Augen werden etwas grösser, als ich ihm die Hand reiche und meine Sympathien für die Antifa bekunde. Vor etwa einer halben Stunde stand Spellgoth noch auf der Bühne der Schützi, wetterte dort wiederholt gegen ebenjene Antifa und gratulierte den VeranstalterInnen für ihre Standhaftigkeit gegenüber den Störenfrieden. Wegen der Verbindungen von Horna zur rechtsextremen Black-Metal-Szene hat die Antifa die Absage ihres Konzerts gefordert.
Im Gegensatz zum Zorn des Sängers ist die Bedrohungslage durch die Antifa an jenem Freitagabend gering. Im Vorfeld des Konzerts mit insgesamt fünf Bands und Horna als Hauptact haben ein paar AktivistInnen die Fassade der Schützi mit mehreren Tags besprüht: «Love Music Hate Fascism». Auf barrikade.info bekennen sich zwei anarchistische Gruppen aus Olten zu der Aktion und rufen zu weiteren auf. Am frühen Abend dann versammeln sich unter den Augen der anwesenden Polizei eine Handvoll Antifas auf dem Vorplatz, hängen ein Transparent mit der Aufschrift «Olten bleibt bunt» auf und werfen drei Rauchpetarden, bevor sie wieder abziehen. Natürlich hätten sie Grösseres im Sinn gehabt, am liebsten die Verhinderung des Konzerts, doch dafür waren sie schlicht zu wenige.
Abgeschreckt durch die Antifa?
Wenige Leute hat es auch im Saal der Schützi, vielleicht hundert sind gekommen. Eine Besucherin vermutet, dass einige durch die angekündigte Aktion der Antifa abgeschreckt wurden. Das Publikum ist eines, das man irgendwo im Schweizer Black-Metal-Underground antreffen könnte – inklusive vereinzelter Patches der Band Burzum oder mit Schwarzen Sonnen. Ein bisschen Tumult gibt es dann doch noch: Wie mir jemand erzählt, wird im Verlauf des Abends ein Konzertbesucher von den VeranstalterInnen aus der Schützi geschickt, weil er den Hitlergruss zeigte.Doch man muss hier auch gar nicht nach einer politischen Agenda suchen, die hinter einer solchen Veranstaltung zum Vorschein kommen könnte. Rechte Symbole und Gesten gehören einerseits zum Provokationsrepertoire des Black Metal; anderseits sind die Mitglieder der Szene, zumindest wie sie sich in der Schweiz präsentiert, nun mal tendenziell auf der rechten Seite des politischen Spektrums positioniert. Die Frage ist, wann diese Provokationen zu weit gehen oder sie tatsächlich in rechte Agitation umschlagen.
Im Fall von Horna findet solche Agitation nicht statt. Allerdings ist die Band über verschiedene Ecken mit Rechtsextremen vernetzt. Sie veröffentlicht auf dem von Sven Zimper geführten Label World Terror Committee. Zimper war zwölf Jahre lang Mitglied von Absurd, der vielleicht berühmtesten rechtsextremen Black-Metal-Band. Horna-Gitarrist Shatraug führt ein eigenes Label, auf dem Bands wie Kristallnacht oder Hammer veröffentlichen. Von Hammer brachte er zum Beispiel ein Album mit dem Titel Shoax heraus, eine Kreuzung von «Shoa» und «hoax» (Scherz). Horna-Sänger Spellgoth wiederum wurde dieses Jahr offiziell Keyboarder der französischen Black-Metal-Band Peste Noire, die sich über die Jahre zu einer rechtsextremen Agitationsband entwickelt hat. Hören kann man das im kürzlich veröffentlichten Song «Aux Armes!», in dem das weisse Volk zum Kampf aufgerufen wird. Wer mit solchen Leuten zusammenarbeitet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Teil einer rechtsextremen Szene zu sein.
Das Recht, ein Arschloch zu sein
Organisiert wurde das Konzert der fünf Bands nicht von der Schützi selber, sondern von externen VeranstalterInnen aus der Metalszene. In einem eigenen Statement, das ebenfalls auf barrikade.info veröffentlicht ist, verteidigt die Schützi sich gegen die Kritik der Antifa: «Wir selbst sind nach intensiver Recherche (selbstverständlich vor Vertragsabschluss) zur Einschätzung gelangt, dass die band Horna nicht als Nazi-, resp. NSBM-Band (NS-Black-Metal) eingestuft werden kann.» Bandmitglied Shatraug sei zwar ein «Arschloch», heisst es in dem Statement weiter, aber solange er das in der Schützi für sich behalte, könne ihm das niemand verbieten. Es bringe sowieso mehr, Auflagen zu machen und mit den Leuten zu reden, als ein solches Konzert zu verbieten.Horna-Sänger Spellgoth jedenfalls hat nichts dagegen, sich einem Kritiker zu stellen. Doch zur Antwort bekommt man im Gespräch dann vor allem die für den rechten Rand des Black Metal übliche Masche: Die Musik von Horna habe mit Politik nichts zu tun, seine Zuneigung gelte nur Satan. Auch das Hakenkreuz auf seinem Hintern habe nichts mit Politik zu tun, sondernd sei ein spirituelles Symbol. «Symbole gehören uns, wir können damit machen, was wir wollen», sagt eine Konzertbesucherin, die neben Spellgoth steht.
Dass dieser Mann rechts eingestellt ist, daran besteht kein Zweifel. Auf meine Behauptung, die Grundlage von Politik müsse Solidarität mit Menschen sein, die diskriminiert werden, reagiert er abwehrend. Dann ruft er eine dunkelhäutige junge Frau zu sich, mit der er sich vor unserem Gespräch unterhalten hat, um sich von ihr bestätigen zu lassen, dass Horna politisch koscher sind. Doch wir werden unterbrochen und Spellgoth folgt einer Gruppe von Leuten in die Schützi. Die Frau wartet kurz und schliesst dann zur Gruppe auf, bevor ich sie ansprechen kann.
Nicht nur Liebe für Horna
Wer sich das nun aber so vorstellt, dass sich an einem solchen Anlass vor allem Rechtsextreme und Fans von Horna tummeln, liegt falsch. Zwar stösst die Antifa hier auf wenig Gegenliebe, aber dasselbe gilt bei einigen auch für Horna. Als ich nach dem Konzert zwei Konzertbesucherinnen frage, ob sie es nicht auch problematisch fänden, was hier abgeht, sagt eine: «Du weisst ja, auf was du dich hier einlässt. Horna wollen wir auch nicht sehen, darum sind wir hier draussen.»Ist es in Ordnung, eine Band wie Horna auftreten zu lassen, solange sie sich während des Konzerts keine rechte Agitation betreibt? Im Einzelfall kommt man letztlich nicht darum herum, über die entsprechenden Bands und die aktivistischen Methoden dagegen zu diskutieren. Dass man solche Diskussionen überhaupt führen muss, ist ein Verdienst der Provokation. Sie lebt davon, dass Leute sich aufregen. Dass sich Bands und VeranstalterInnen aber auch rechtfertigen müssen und dass sich rechte Bands bewusst sind, dass sie auf öffentlichen Bühnen nicht alles sagen können, ist auch dem unermüdlichen Einsatz der Antifa zu verdanken.