Solidarität ist bezahlbar, Zensur macht bankrott Stuttgart: Zum 40. Jahrestag der Theaterhaus-Gründung

Kultur
1985 wurde in Stuttgart von Gudrun und Werner Schretzmeier, Peter Grohmann und vielen anderen das Theaterhaus gegründet. Die Bilanz nach 40 Jahren: Mehr als acht Millionen Besucherinnen und Besucher.


Mehr Artikel

Das Theaterhaus Stuttgart Pragsattel. Foto: Andreas Feucht (CC-BY-SA 3.0 unported - cropped)

1
0



Mein Name ist Martin Luther King und Che Guevara Cuba Si und Menschenkette. Ich komme aus vergangenen Zeiten. Mein Name ist Waffen für Nicaragua, Lech Walesa,
Pershing II und Deutscher Herbst. Mein Name ist Heinrich Globke und Michael Gorbatschow und Hannah Arendt. Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends...
Ich war am Heiligendamm und am Kaiserstuhl in Wyhl. Ich war in Wackersdorf und Fukushima, in Harrisburg, hinter den Berliner Mauern und in Rostock-Lichtenhagen. Mein Name ist Manufaktur und Club Voltaire. Ich war im Kibbuz von Nirum und in Gaza-Stadt, in Palästina und Israel. ich trank mein Wasser aus vergifteten Flüssen und stahl die Hirse aus afrikanischen Hungerländern. Ich trug die Waffe schussbereit in Babyn Jar in die Ukraine, 1941. Ich bin Jüdin und Palästinenser und Russe, Lateinamerikanerin und Grieche und Türkin und Syrer und Christ und Muslim, Atheist, Buddhist, Freidenker: Mit allen Wassern gewaschen und trage meine Waffen schussbereit: 2025
Mein Name ist Mensch. Ich bin Frau, Soldat und Pazifist. Ich habe viele Väter, viele Mütter und heisse Ferdinand Porsche und Karl Strölin, Ich heisse Deutsche Bank und Daimler-Benz und Breuninger, Rheinstahl und Stadt Stuttgart. Ich heisse Theaterhaus. Ich heisse Trümmerstadt und Autostadt und Türkenviertel und Nuttenviertel und Hanau und Remigration
Ich heisse Bernhard Häussler und Fritz Bauer, Sant 'Anna di Stazzema und Edward Snowden. Ich heisse Deutschland Deutschland über alles und Monte Scherbelino zu guter Letzt. Ich komme aus dem arabischen Frühling und höre das Schweigen zwischen Wald und Reben.
Mein Kinder sind Stolpersteine und silberne Hotels und Stuttgart21, Marcia Haydée und Gudrun Ensslin, Lilo Hermann und Nina Hoss und Emma Herwegh. Sie heissen Clara Zetkin und Loretta, Sibylle Lewitscharoff, Elisabeth Schwarz, Maria Zelzer und Betty Rosenfeld und Sarah, Zeynep. Sie heissen Elin: die Sonne. und Leyla: die dunkle Nacht. Sie heissen Pinar: die Quelle und Olzay, die Gunst des Schicksals. Sie heissen Donald Trump, Elon Musk oder Erdogan. Sie heissen Özgürlük, demokrasi, daya-nış-ma! Freiheit, Demokratie, Solidarität!
Ich bin der Mut und das Schweigen.
Ich bin die Angst vor morgen. Ich bin wir Ihr. Ich bin Theaterhaus. Ich ruf' Euch zu: Nicht sprachlos bleiben in den Echokammern von Intoleranz und Hass Laut werden, es ist nötig. Unsere lauten Kinder heissen T 1 2 3 4 und Vorsicht, AnStifter: Wer im Glashaus sitzt. wie die, die Felder bestellt haben 40 Jahre lang: Das Ensemble. Hütchenspieler und Ton und Technik und Schattenspender und Tänzerinnen, Jongleure der Kasse, Zauberkünstler, Putzkolonnen, Charakterdarsteller: Gudrun und Werner Schretzmeier.
Raus aus den Stellungen der alten Zeiten. Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein, was darüber ist, das ist vom Übel: Die bürgerliche Klasse fällt auseinander. Citoyen und Bourgeois verstehen einander nicht mehr. Übernimmt der Populismus das Erbe der repräsentativen Demokratie?, fragte die taz im März 2012. Ich sag' mal vorsichtshalber: ja, 13 Jahre später, damit wir wacher werden.
Nutzt die Bühnen des Hauses, die Podien der Gesellschaft, das Netz der Republik. Euer offenes Wort ist das Willkommen für die anderen. Sorgt dafür, dass man Euch hört! Und frag dich: Was kann ich tun, was kannst du tun, was kann der Ort tun, in dem dein Haus wohnt? Ihr wisst es.
Das könnt Ihr tun, das können wir tun: Nicht fertig zu werden mit dem Protest, nicht fertig zu werden im Einsatz für Demokratie und Menschenrechte. Nicht fertig zu werden mit dem Kampf für ein besseres Leben, für eine andere. freundlichere, lebenswerte Stadt und Gesellschaft. Nicht fertig zu werden lebenslänglich. Wirklichkeiten und Gewissheiten hinterfragen, die eigenen, immer wieder. Verletzt Regeln. Stellt Autoritäten in Frage. Nehmt Nachteile in Kauf für eine Sache, die wichtig ist.
Das ist Demokratie, die immer wieder neu gelernt werden muss, von den Theaterhäusern und Rathäusern dieser Welt, in den Klassenzimmern und Betrieben, auf den Bühnen, auf der Strasse, hier und heute und jeden Tag. Doch denkt daran: Die Freunde nicht Regen stehen lassen, wenn es um Presse- und Meinungsfreiheit geht wie jetzt nebenan nicht nur in der Türkei oder bei der Wochenzeitung:Kontext.
Solidarität ist bezahlbar, Zensur macht bankrott. Macht öffentlich Gebrauch von der eigenen Vernunft. Misstraut Euren Antworten: Fenster öffnen, frische Luft reinlassen! Nicht auf die Enkeltricks der neuen Nazis Hereinfallen. Feiert die Feste nicht, bis sie fallen. Geht vorher und kommt her, Kommt ins Offene, Freunde.Doch nehmt die Träume der Alten mit! Und teilt die Träume der Alten von heute und die Träume der Jungen von gestern und morgen.
Teilt das Brot, teilt das Wasser, teilt den Himmel und unsere Utopien von einer besseren Welt. Selam. Schalom. Merhaba. Jin*, Jîyan, Azadî