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Klagelied eines Teufels

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Trauer muss Mephisto tragen Klagelied eines Teufels

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Lyrik

Klagelied eines Teufels.
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Klagelied eines Teufels. Foto: Unknown author

Datum 20. Juli 2021
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O, Ihr Menschen, gebt doch endlich Ruh
und hört gefälligst mir nun zu,
denn ich muss Euch heute sagen:
Trauer muss Mephisto, tragen,
das nun schon
seit vielen Jahr und Tagen
Ja, ich hätte einfach
in meiner Hölle verweilen sollen,
anstatt in Eurer
mich herum zu trollen

Denn wenn ich in die Welt von heute blicke,
in Eure leeren, so toten Gesichter,
verzerrt von Arg und Tücke,
von bösen Leidenschaften
und von kranken Begierden gequält,
dann werden mir vor Angst
die Knie recht weich,
war doch selbst
mein ärgster Teufelsstreich
im Vergleich zu dem,
was Ihr Tag für Tag da heuer tut
nur ein Kinderfurz
im Fingerhut

Diese schmerzhafte Erkenntnis
raubt tagsüber mir jede Freud am Leben
und des nachts beraubt es mich
auch noch des heilsamen Schlafes,
den so dringend ich benötige,
um Euch zu widerstehen
und um Euch zu überleben

Ich möcht zu diesem Thema,
also gutem Grund und Anlass
nun ein Rätsel Euch aufgeben,
dessen Lösung alles sagt
über Euch
und über Euer heuchlerisches Christenleben,
auch wenn's Euch nicht behagt

Höret also hin
und forschet nach dem tief'ren Sinn
meiner wohlgesetzten klaren Worte
hier an diesem ehrenwerten Orte

Doch fraget Euch zugleich,
ob gut, ob bös, ob arm, ob reich,
ob näher der Lüge
oder der Wahrheit ich wohl bin,
wenn ich Dir und Dir,
Du hohler Mensch, Du falscher Christ,
in jeder Strophe deutlich sage,
wer und wie Du wirklich bist

Doch nun seid gefälligst still
und hört, was ich Euch
nun sagen muss
und Euch auch fragen will:

Was ist im Körper
eines lebenden Wesens
röter noch als Rot,
was ist in seinem Geiste
töter schon als tot,
was ist arglist'ger als List,
was ist nur mit Worten Christ?

Was ist im lauten Weltgetös
böser noch als bös?
Was ist Gottes Ebenbilde nicht,
da sein Handeln
doch stets dagegen spricht?

Was ist in seinem Wahn,
in seiner Gier
gefrässiger noch als ein wildes Tier,
was will stets schöner, reicher,
edler, stärker, schneller
und noch viel grösser sein
und ist doch kleiner noch als klein?
Stimmt, es kann doch wohl
der Mensch nur sein!

Nun fraget Ihr natürlich,
warum ausgerechnet mich,
Mephisto,
dem von Euch Geächteten,

dieses Gleichnis so betrübt, warum ich,
der allmächtige Herr der Finsternis
diesen bösen Menschenspuk
nicht einfach von mir schiebe?
Weil, ja, weil …
… ja, ich will's Euch deutlich sagen,
bevor mir platzt der Teufelskragen.
Ihr,
die da unten vor mir sitzet
im kalten Kirchengestühle
und in Eurem schlechtem Gewissen
heftig schwitzet,
Ihr,
die da für immer
in Schuld, in Verrat und Sünde so arg verstrickt,
Ihr seid im grossen Weltenrund
seit langem schon
mein allergrösster Trauergrund,
denn ich, Mephisto,
werde meines Daseins nimmer froh
Ich glaube gar,
ich Narr,
ich hab' Euch Menschen
ganz schön unterschätzt,
merk' zu spät ich doch,
erst jetzt,
dass nichts mehr ist
wie's einmal war,
habt Ihr doch Gut und Bös
in dieser Welt
buchstäblich auf den Kopf gestellt

Und so lasst erneut
mich Euch befragen:
Was ist in diesen Tagen
wirklich noch Gut und was ist Bös,
lässt sich denn steigern
das Wort monströs?

Wisst Ihr Menschen doch,
mich auch dabei übertreffend,
die Wahrheit nach Belieben zu verbiegen
mit Eurer hohen Kunst der feinen Lügen
Ja, ich gesteh' zu meiner Pein:
Hier breche ich,
der virtuose Demagoge,
philosophisch und ideologisch völlig ein
Ich verkörperte das Böse
stets schlechthin
und das gab meinem Teufelsleben
seinen wahren, seinen tief'ren Sinn
Lustvoll durfte aus dem Überfluss
ich immer wieder schöpfeln,
mit Wonne das Böse
in Eure verkümmerten Seelen tröpfeln

Wohin in dieser Welt
ich also nun auch blicke,
ich schau nur in Gesichter voller Tücke,
meisterlich in Lug und Trug,
ein jeder von Euch
Gift und Galle nur so speit,
zu jedem Meineid, zu Verrat,
zu Mord und Krieg bereit

Und so gerät mir nun von Mal zu Mal
Euer rohes Menschsein
zu grossem Schmerz und Pein
und stündlich wird grösser
meine Seelenqual
in diesem von Euch verseuchten
irdischen Jammertal
Ich glaube gar,
ich Narr,
ich hab Euch Menschen
ganz schön unterschätzt,
merk' ich doch zu spät,
erst jetzt,
dass nichts mehr ist
wie's einmal war,
habt Ihr doch Gut und Bös
in dieser Welt
buchstäblich
auf den Kopf gestellt

Jahrtausende war ich
ohne Konkurrenz,
doch mittlerweile brennt's
wie Zunder
nun in meiner Teufelsbrust,
zu gross schon ist
und frisst
in mir der Frust
und macht schmerzlich
mir zugleich bewusst,
dass die Nummer Eins
auf Erden
ich schon lange nicht mehr bin
Oh,
Du schöne Teufelszeit,
auf ewig wohl bist Du dahin

Ja, Ihr Menschen, Ihr habt in allem
mich bei weitem übertroffen
und ich sag's ganz offen:
So kalt, so falsch, so bös,
so herz-und seelenlos wie Ihr,
(und ich weiss, wovon ich spreche hier)
nein, das bin und war ich wirklich nie,
trotz aller von Euch
mir zugedachten Dämonie

Wenn man heute also vom Teufel spricht, so trägt dieser eindeutig
Euer Fratzengesicht,
denn selbst im schönsten apokalyptischen Höllenfeuer
erblickt ich nicht
solch garstig Ungeheuer

Wenn ich nun also schweife
durch die Barbarei von Raum und Zeit,
was hör, was fühl,
was erblick ich dort?
Ach, mich schaudert's
an diesem Schreckensort,
der düstrer noch
als alles Schwarz der Hölle ist

Von Nächstenliebe, von Humanismus,
von Ehre, Anstand, von Güte,
von Geist und Kultur,
deren Werte Ihr doch täglich preist,
wahrlich keine Spur

Puh,
in dieser düstren Menschen-Welt
bekomm' ich's selbst nun
mit der Angst zu tun
und so mach' ich,
mit Verlaub,
mich als Teufel noch heute
aus dem Staub

Und da in und an Euch nichts mehr zu verderben ist, wechsle ich,
der überzeugte Atheist,
rasch die Fronten
und werde heute noch ein Christ

Und wer weiss, vielleicht werd' ich sein wie jener, den Ihr vor 73.000 Tagen
ans Kreuz geschlagen,
der völlig neue Christ,
der seinen Nächsten
aus reinem Herzen liebt,
und ihn nicht mehr,
so wie Ihr,
aus Hass, aus Neid, aus Gier,
täglich mit Haut und Haaren frisst,
stets in Gottes Namen,
abgesegnet durch Euer lautes,
heuchlerisches Amen

Ihr vollendet in Perfektion,
teuflischer noch und dreist,
wobei ich einfach nicht bedacht,
dass Ihr durchbrechen könntet
eines Tages meine Macht

Nun hab' durch alle Schwefeldüfte
ich's mit feiner Nas gerochen:
Dieser Tag,
der ist just angebrochen

Nein,
Ihr entseelten Menschenkinder,
das ist nicht mehr
des Teufels Geist und Stil,
treibt ohne mich
nun Euer böses Erdenspiel
Ich, Mephisto,
ich sag' Adieu
und geh.

Axel Michael Sallowsky