Die Staatengruppe BRICS – die Vereinigung der aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – gilt inzwischen als eines der vielversprechendsten Kooperationsformate in der Weltpolitik, weshalb immer mehr Länder ein Teil davon werden wollen. Nachdem Argentinien und der Iran im Juli ihre jeweiligen Anträge auf Mitgliedschaft in dieser Gemeinschaft gestellt haben, folgt mit Algerien nun ein weiterer Beitrittskandidat. Wichtig anzumerken ist, dass es sich dabei um das erste Land der sogenannten arabischen Welt handelt, das BRICS offiziell beitreten will.
In diesem Zusammenhang haben zahlreiche Medien bereits in der vergangenen Woche berichtet, dass die Demokratische Volksrepublik Algerien offiziell die Mitgliedschaft bei BRICS beantragte. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Verweis auf die Sprecherin des algerischen Aussenministeriums, Leyla Zarruki, schreibt, habe Algerien einen Mitgliedsantrag zur Staatengruppe eingereicht und alle dafür erforderlichen Massnahmen umgesetzt. Weitere Details sind in dieser Angelegenheit allerdings nicht bekannt gegeben worden.
Bereits auf dem diesjährigen BRICS-Gipfel, der am 24. Juni online stattfand, hatte der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboun die Bereitschaft signalisiert, BRICS beizutreten. Tebboune sagte damals, dass sein Land als "Pionier des Blockfreiheitsprinzips" an einem Beitritt zu BRICS interessiert sei und sich schon bald für die Mitgliedschaft qualifizieren werde.
Wenige Wochen nach der Online-Konferenz erklärte Tebboun: "Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit haben uns gezeigt, dass das Ungleichgewicht auf der internationalen Bühne und die Marginalisierung der Schwellenländer in den internationalen Gremien Quellen der Instabilität, des Mangels an Gleichheit und der fehlenden Entwicklung sind."
Algeriens politisches und wirtschaftliches Potenzial
Algerien ist mit zirka 43 Millionen Einwohnern ist es flächenmässig der grösste Staat Afrikas und der zehntgrösste Staat der Welt. Darüber hinaus verfügt das Land über enorme Ressourcen und zählt dank seiner Erdöl- und Erdgasvorkommen zu den wichtigsten Exporteuren im Mittelmeerraum. Als grösster Erdgaslieferant aus Afrika kann es knapp 12 Prozent des gesamteuropäischen Gasbedarfs gewährleisten und ist für die Europäische Union auch als Öllieferant wieder gefragt.Zudem pflegt die Führung in Algier sehr enge Beziehungen zu den BRICS-Gründungsmitgliedern China und Russland. Die bilaterale Kooperation zwischen Algerien und Russland umfasst unter anderem eine strategische Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich, wo Algerien zu den grössten Importeuren von russischem Kriegsgerät zählt. Auch die Landwirtschaft gilt als ein Bereich, in dem die beiden Länder langjährige Handels- und Wirtschaftspartner sind. Darüber hinaus kooperiert Algier mit Moskau intensiv im Rahmen der OPEC+.
Mit China hat Algerien laut Anadolu Anfang November einen fünfjährigen strategischen Kooperationspakt unterzeichnet. Darüber hinaus beteiligt sich das afrikanische Land bereits seit 2018 an Chinas "Belt and Road
Initiative" und kooperiert mit Peking auch im Energiebereich. Politisch bekräftigen beide Seiten, unter anderem die Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zu schützen und das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten zu befolgen.
Nicht zu vergessen ist, dass Algerien als eines der einflussreichsten arabischen Länder gilt, dessen Stimme sowohl in der arabischen Welt als auch in anderen Bereichen der Weltpolitik immer mehr Gewicht bekommt. So hat in Algier kürzlich das Gipfeltreffen der Arabischen Liga stattgefunden, wo Algerien seinen Einfluss Beobachtern zufolge
vergrössern konnte und nun mit Saudi-Arabien um die Führungsposition in der Vereinigung konkurriert. Insofern würde eine Aufnahme Algeriens in die BRICS-Gruppe zweifellos seine Position als auch die Stellung der BRICS selbst international enorm verbessern.
Saudi-Arabien gilt als möglicher Beitrittskandidat
Diesbezüglich ist wichtig zu betonen, dass das Königreich Saudi-Arabien im Oktober ein weiteres Mal das Interesse an einer Mitgliedschaft in der BRICS-Vereinigung bekundet haben soll. Laut dem Präsidenten Südafrikas, Cyril Ramaphosa, hat der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman nach einem bilateralen Treffen in Riad erklärt, dassSaudi-Arabien bereit sei, den BRICS-Staaten beizutreten. Ramaphosa sprach in diesem Zusammenhang davon, dass ein möglicher Beitritt Saudi-Arabiens zur BRICS-Gruppe eine "wichtige Veränderung in den Ländern, die den Block bilden", bedeuten würde.
Ramaphosa erklärte: "Die BRICS-Staaten werden sich im nächsten Jahr zu einem Gipfel unter dem Vorsitz Südafrikas treffen. Und die Angelegenheit wird geprüft werden."
Interessant ist auch, dass das Treffen zwischen den beiden Politikerninmitten des Erdöl-Streits zwischen Saudi-Arabien und den USA stattfand. In diesem ging es um die OPEC-Entscheidung, die Förderquoten um zwei Millionen Barrel pro Tag zu senken. Washington kritisierte die saudische Politik in dieser Frage immer wieder, doch Riad lässt sich von seinem Kurs offensichtlich nicht abbringen.
Ausserdem distanzieren sich die Saudis auch aussenpolitisch weiter von ihren bisherigen Verbündeten. So hat sich Riad etwa in Bezug auf Russland gegenüber Washington sehr unkooperativ gezeigt und sowohl die antirussischen Sanktionen als auch die Beteiligung am ''Erdölkrieg'' gegen Moskau abgelehnt.
Angesichts dessen weisen Experten darauf hin, dass ein Beitritt von Saudi-Arabien zu BRICS sich erheblich auf das geopolitische Gleichgewicht der Welt auswirken dürfte. Das Königreich, das als eine regionale Grossmacht des Nahen Ostens gilt, ist derweltgrösste Erdölexporteur und übt in dieser Rolle bereits einen erheblichen Einfluss auf die globalen Energiemärkte aus. Gemeinsam mit Russland, dem weltgrössten Gasexporteur, mit dem Riad seine Ölproduktion koordiniert, könnten die Saudis das weltweite Angebot dieser beiden wichtigsten Rohstoffe zusätzlich noch stärker beeinflussen.
So gesehen wären diese beiden arabischen Länder für die BRICS-Gruppe eine enorme Bereicherung. Denn sowohl der Beitritt Algeriens als auch die Aufnahme Saudi-Arabiens könnten die Stellung der BRICS innerhalb der arabischen Welt und damit auch in der Weltpolitik deutlich verbessern.