Am Tag ihrer Festnahme fiel sie in ein Koma und starb drei Tage später. An diesem Tag begannen die Proteste gegen die Ermordung von Zhina durch die Regierung. Nachdem ein Ärzteteam in Teheran den Tod von Zhina festgestellt hatte, formierten sich weitere Demonstrationen vor dem Kasra-Krankenhaus, wo ihre Leiche verblieb. Am 17. September gingen die Proteste nach ihrer Beerdigung weiter, als Trauernde eine friedliche Kundgebung vor dem Büro des Gouverneurs von Saqqez organisierten.
Die Sicherheitskräfte vor dem Büro reagierten mit Tränengas auf die Demonstranten und eröffneten das Feuer. [4] Am 18. September weiteten sich die Proteste auf die Hauptstadt der Provinz Kurdistan, Sanandaj, aus, wo es zu Massendemonstrationen in Solidarität mit den Demonstranten in Saqqez kam. Ab dem 19. September schlossen sich zahllose Städte im ganzen Iran dem Kampf an, dessen wichtigste Protestparole die kurdisch-feministische Parole "Frau, Leben, Freiheit" (ژن، ژیان، ئازادی) war. Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsgruppen wurden seit Beginn des "Zhina-Aufstands" mindestens siebenundzwanzig Minderjährige von der Polizei getötet, während die Gesamtzahl der Toten auf über 207 Demonstranten geschätzt wird. [5] (Stand Mitte Okt., d.Ü.)
Am 30. September, dem "blutigen Freitag" von Zahedan, töteten die Regierungstruppen rund sechsundneunzig belutschische Demonstranten und Gläubige mit scharfer Munition [6] und verletzten viele weitere. Wie Amnesty International UK berichtet: "Der 30. September, der von den Iranern weithin als 'blutiger Freitag' bezeichnet wird, war der tödlichste Tag der Proteste." [7]
Am ersten Oktober blieben im Rahmen eines regionsweiten Streiks im iranischen Kurdistan (Provinz West-Aserbaidschan, Provinz Ilam, Provinz Kermanshah und Provinz Kurdistan) die Geschäfte geschlossen, während Studenten an mindestens hundert Universitäten demonstrierten, ohne Rücksicht auf die Bedrohung ihrer körperlichen Unversehrtheit durch Sicherheitsbeamte. Am darauffolgenden Tag führten Beamte in Zivil eine gewaltsame Razzia an der Sharif University of Technology durch, der renommiertesten technischen Universität im Iran, nachdem die Studenten eine ansonsten friedliche Demonstration abgehalten hatten [8].
Als Reaktion auf die grosse Zahl der verletzten und/oder verhafteten Studenten haben sich mehrere Universitätsprofessoren im Iran auf die Seite der Studenten gestellt, sei es durch Streiks oder Rücktrittsschreiben. Gleichzeitig gab es verschiedene Streikaufrufe aus unterschiedlichen Teilen der iranischen Gesellschaft. Am 11. Oktober streikten die 'Projektarbeiter' der wichtigsten Ölraffinerien [9] in Abadan und Asaluyeh (in den Provinzen Khuzestan bzw. Bushehr) in Solidarität mit dem 'Zhina'-Aufstand und riefen andere Arbeiter in der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie auf, es ihnen gleichzutun.
Sogar die grossen Nachrichtenagenturen waren gezwungen, die Bedeutung des Streiks der Ölarbeiter in Solidarität mit einer Bewegung anzuerkennen, die sich durch eine gesellschaftsweite Ablehnung der doppelten Unterdrückung auszeichnet, der kurdische Frauen (weil sie Kurdinnen sind und weil sie Frauen sind) durch den iranischen Staat ausgesetzt sind: [10] "Die Demonstrationen [der 'Projektarbeiter'] in Abadan und Asaluyeh markieren das erste Mal, dass die Unruhen im Zusammenhang mit dem Tod von Mahsa Amini die Industrie bedrohen, die für die Kassen der seit langem sanktionierten theokratischen Regierung des Irans von entscheidender Bedeutung ist."
Am 15. Oktober wurde das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran, in dem viele politische Gefangene und die Verhafteten des Aufstands inhaftiert sind, unter verdächtigen Umständen in Brand gesetzt. Immer wieder waren Schüsse und die Explosionen von Blendgranaten zu hören, und die Familien der Gefangenen eilten herbei, um nach ihren Angehörigen zu sehen. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts gibt es weder eine eindeutige Erklärung noch einen Bericht über die mögliche Ursache oder die genaue Zahl der Todesopfer. (Zum Aufstand im Evin Knast siehe den Bericht in dieser Ausgabe der Sunzi Bingfa, d.Ü.) Im Laufe eines einzigen Monats hat sich der 'Zhina'-Aufstand auf alle einunddreissig iranischen Provinzen ausgeweitet.
Mit jeder weiteren Protestwoche schlossen sich mehr und mehr Teile der iranischen Gesellschaft der Bewegung an und setzten 'ihren Körper' aufs Spiel. Im Laufe der Zeit liefen diese Proteste auf verschiedene Formen der kollektiven Nicht-Identifikation mit der sozialen Position hinaus, die der Einzelne einnehmen müsste - Beispiele für das, was einige Theoretiker als "menschlichen Streik" [11] bezeichnen, bei dem man sich den Anforderungen der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen entzieht. Anders ausgedrückt: Was als Protestwelle begann, verwandelte sich schnell in eine Reihe von Streiks, die ihren Ursprung ausserhalb der traditionellen Produktionsstätten hatten und von dem organisiert wurden, was man als "überschüssiges Leben" bezeichnen kann - all jene, deren tägliche Existenz und soziale Aktivitäten in den Augen des iranischen Staates als überflüssig erscheinen.
Mehr noch, diese 'menschlichen Streiks' des überschüssigen Lebens sind zu verallgemeinerten Kämpfen gegen die Formen der indirekten Herrschaft geworden, die dem Produktionsprozess inhärent sind, und gegen die Formen der direkten Herrschaft, die die Räume der Zirkulation, der Häuslichkeit und der Öffentlichkeit bestimmen. Solche Streiks werden nicht einfach in brutaler Opposition zu den Produktionskreisläufen organisiert. Vielmehr zielen sie darauf ab, "die Totalität zu verwildern" - eine Totalität, deren strukturelle Logik an die Formbestimmungen des kapitalistischen Werts gebunden bleibt. [12]
Das orthodoxe (historisch konventionelle) Verständnis des Generalstreiks - das weder die befristet und prekär Beschäftigten (mehr als 90 Prozent der iranischen Arbeiterschaft) integrieren noch die Legitimität der Forderungen von Arbeitslosen, Hausfrauen, Immigranten ohne Papiere und anderen anerkennen kann - trifft auf die aktuelle Situation nicht mehr zu. Bislang hat sich die ansteckende Fruchtbarkeit der Bewegung auf vielfältige Weise gezeigt: Arbeitslose blockieren Strassen, Gymnasiastinnen verlassen das Klassenzimmer, und die Arbeiter eines Ölförderkomplexes streiken. Es sind unorthodoxe Streiks für unorthodoxe Zeiten.
Bereits bei den vorangegangenen Streikwellen im Iran - z. B. dem Ölarbeiterstreik 2021 und der Lehrerbewegung 2022 [13] - konnte man Anzeichen für einen noch im Entstehen begriffenen 'menschlichen Streik' erkennen. Doch während früher die Arbeiter in der iranischen Ölindustrie streikten und dabei von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen (anderen Gewerkschaften und prekär Beschäftigten, der Frauenbewegung und Feministinnen, Rentnern, LKW-Fahrern, Lehrern und Krankenschwestern) unterstützt wurden, sind es jetzt die Ölarbeiter, die in Solidarität mit dem 'Zhina'-Aufstand und den darin enthaltenen revolutionären Potenzialen streiken. Dieser täuschend einfache Wechsel von Verlautbarungen zu Praktiken der Solidarität zeigt bereits, dass der aktuelle Aufstand einen grundlegenden Bruch mit früheren Kampf- und Protestwellen markiert: Nach dem Vorbild von 'Teachers Who Seek Justice', die auf die Ermordung von Zhina mit einer Erklärung mit dem Titel "This Is the Beginning of the End" [14] reagierten, marschieren iranische Ölarbeiter derzeit durch die Strassen und erklären, dass "dies das Jahr des Blutes ist".
Diese Aufrufe zum Trotz, zum Streik und zur Verweigerung sind inzwischen so weit verbreitet, dass der Wunsch nach einem kollektiven Ausstieg aus der Beteiligung an der Reproduktion der bestehenden Ordnung in aller Munde ist. In den verschiedenen Schichten des Aufstands ist diese kompromisslose Verweigerung immer wieder zu finden: die Weigerung, im staatlichen Rundfunk und Fernsehen aufzutreten, die Weigerung, in staatlichen Ämtern zu arbeiten, die Weigerung, in verschiedenen Sektoren der industriellen Produktion und Versorgung zu arbeiten - so viele kulturelle, künstlerische und studentische Streiks. [15] Daher stimmen wir mit der Behauptung von Kollektiv 98 überein, dass der Kampf "in eine explizit revolutionäre Phase eingetreten ist, in der es keine andere Lösung als die Revolution gibt". [16]
Was die konservative Fraktion des Iran ("Hardliner") und ihre Reformisten betrifft, die im Falle eines Regimewechsels als Ersatz dienen wollen, so wird mit jedem Tag klarer, dass eine so weit verbreitete Arbeitsverweigerung in Verbindung mit einem kollektiven Exodus [17] aus den Mechanismen der Wertproduktion die potenzielle Auflösung der falschen Oppositionen (Hardliner/Reformer), mit denen die Islamische Republik regiert, in sich birgt. Darüber hinaus erleben wir unter den vielversprechendsten (revolutionären) Teilen des Aufstands ein kollektives Eingeständnis, dass sie mit dem bestehenden Regime nichts gemein haben und von den etablierten Mächten, die die heutige Welt beherrschen, nichts zu erwarten ist. Und wie jedes Volk im Übergang kann die Bewegung ihr Modell nur in sich selbst und in den verdrängten Erfahrungen der revolutionären Geschichte finden.
Jin, Jiyan, Azadi! (Frau, Leben, Freiheit!)
Zweitens: Selbst bei der oberflächlichsten Betrachtung der Ereignisse bekommt man das Gefühl, dass diese Reihe von Protesten etwas Besonderes ist. Sie sind Ausdruck eines grundlegenden Bruchs, eines zunehmend verallgemeinerten Bruchs mit der aktuellen Lage im gesamten Iran. Für diejenigen, die diese Bilder aus den USA sehen: Stellen Sie sich vor, das dritte Revier in Minneapolis würde als Reaktion auf die Ermordung von George Floyd niedergebrannt, aber in jeder grösseren Stadt in allen fünfzig Staaten im Laufe eines ganzen Monats. Das ist die Ernsthaftigkeit, mit der die Demonstranten auf die Strasse gegangen sind.Mehr noch, der grundlegende Bruch, der durch den 'Zhina'-Aufstand vollzogen wurde, eröffnet nun die Möglichkeit, der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft eine neue Ordnung zu geben. In seinen Überlegungen zu den Errungenschaften der revolutionären Periode, die durch die Ereignisse des Mai '68 eingeleitet wurde, stellte Maurice Blanchot fest, dass der Mai in der Tat eine Revolution war, da es ihr gelang, dem Zwang zur Identifizierung mit der eigenen sozialen Funktion und Subjektposition ein Ende zu setzen. Daher kam er zu dem Schluss, dass der Morgen der Mai war, d.h. dass die wichtigste politische Tugend des Mai '68 die Entstehung einer wirklich existierenden Möglichkeit einer anderen Organisation der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war.
In Bezug auf den 'Zhina'-Aufstand und insbesondere in Bezug auf seine revolutionärsten Strömungen können wir sagen: Morgen war Shahrivar 1401. [18] Bislang ist es dem Aufstand gelungen, die absurde Wiederholung der Vergangenheit und die tragische Wiederholung des Scheiterns zu vermeiden und den Anschein einer Zukunft zu erwecken, die noch immer vom derzeitigen Regime abgesegnet ist. Es ist nicht die Zukunft, die die Vergangenheit und die Gegenwart erlöst, sondern erst in der Gegenwart können Vergangenheit und Zukunft eine andere Bedeutung erhalten. Die Gegenwart ist die zeitliche Form des Handelns, der Entscheidung, so dass jetzt über den Status und die Bedeutung der Vergangenheit und der Zukunft entschieden wird ("die Zeit ist aus den Fugen").
Darüber hinaus scheint es, dass jede Artikulation einer anderen Zukunftszeit durch die Aktualisierung der nicht realisierten Potenziale der anti-monarchischen Revolution von 1979, der dreiundvierzigjährigen iranischen Frauenbewegung und des jahrzehntelangen Kampfes der kurdischen Frauen gegen die doppelte Unterdrückung erfolgt. Dies findet sich in Shahrivars Poetik der Slogans wieder. Diese Slogans negieren die gegenwärtige Islamische Republik und entwerfen eine Vision für die Zukunft: "Die Islamische Republik, wir wollen sie nicht, wir wollen sie nicht", "Weder Ost noch West, universelle Freiheit", [19] "Frau, Leben, Freiheit", "Wir wollen keinen König, wir wollen keinen Führer, wir wollen nichts Schlechtes, wir wollen nichts Schlechtes", "Tod dem Unterdrücker, ob er ein König oder ein Führer ist", "Kurdistan, der Friedhof der Faschisten", "Kurdistan, die Augen und das Licht Irans".
Unter den verschiedenen vielversprechenden Zeichen, die von diesem Volk im Exodus ausgehen, sind die improvisierten und flüchtigen Momente unproduktiver ästhetischer Verausgabung hervorzuheben: die schiere Menge an Musik- und Videoclips, Fotografien, Graffiti, Entwürfen und Slogans, die weiterhin produziert werden, die zum Krieg der Erscheinungen gehören, der sich auf den Strassen abspielt, und die als semantische Partisanen jenes einzigartig kommunistischen Durstes nach Abschaffung fungieren - der Abschaffung des Staates und des Privateigentums. Weitere Anzeichen für die Herausbildung neuer Formen von Kollektivität sind in der ansteckenden Qualität dieses Exodus zu sehen: die Ausbreitung kühner individueller Aktionen wie das Ignorieren der Autorität der Polizei, das Verbrennen von Kopftüchern, das Abnehmen und Schwenken von Kopftüchern und das Sperren von Strassen und Wegen mit Blockaden, die gleichzeitig als kommunale Treffpunkte dienen, während andere sich auf den Dächern von Wohnkomplexen versammeln, um zu verkünden, dass der Tod selbst bald kommen könnte, um Ali Khamenei zu begrüssen.
Kollektive Rituale sind Darbietungen, die nicht nur gegen die beabsichtigte tägliche Leistung des Systems verstossen, sondern auch dessen Mechanismen stören. Mit anderen Worten, sie sind Ausdruck der Aufhebung des Subjekts und der Aufhebung der Subjektivierungsmechanismen der etablierten Ordnung; gleichzeitig stellen sie die Körper in ein neues Verhältnis zueinander. Was wir vor uns sehen, ist nicht mehr der ruinöse Haufen der Vergangenheit, sondern so viele Samen der Erlösung.
Drittens: Mit dem Erstarken der revolutionären Bewegung im Iran haben die Anhänger von Ali Khamenei begonnen, den "Vater" auf ihren Social-Media-Konten zu preisen. "Hier bin ich, Khamenei" (لبیک یا خامنهای) und "Vater, Sicherheit, Frieden" sind ihre Hashtags geworden. Der Kern dieser moralischen Identifikation ist die ödipale Vater-Sohn-Beziehung zwischen dem Führer und seinen Untertanen. Das Patriarchat der Regierung im Iran ist eng mit dem Patriarchat der Kernfamilie verbunden. Diese Beziehung ist insofern stabil, als sie den Kindsmord der Väter nicht bestraft (was besonders bei den Ehrenmorden sichtbar wird) und so die Autorität des Vaters aufrechterhält. Nicht umsonst wurde der "gütige Vater der Nation" von Beginn des 'Zhina'-Aufstandes an mit "Tod dem Khamenei" und vielen anderen Parolen angegriffen. Angesichts der Art und Weise, wie die Macht des Vaters an seine Agenten - die Polizei, die Armee, die Justiz und die Exekutive - delegiert wird, ist die Nichtanerkennung ihrer Autorität ein klarer Ausdruck der Nichtanerkennung der Autorität des Vaters.
1919 analysierte der marxistische Psychoanalytiker Paul Federn, ein ehemaliger Schüler Freuds, die Auswirkungen der symbolischen "Vaterlosigkeit" von Gesellschaften, die eine Revolution oder den Sturz einer Monarchie erlebt hatten. Er erklärte, dass das Verfluchen und Beleidigen des Führers und seiner Familie sowie deren Demütigung Formen der Negation im revolutionären Prozess waren, der sich in Reichen wie Russland und Deutschland abspielte - ähnlich wie unzufriedene Söhne ihren Vater verbal behandeln können.
Die Beleidigung des iranischen Obersten Führers, manchmal mit üblen und sexistischen Flüchen, war ein ständiges Zeichen der kollektiven Profanierung der transzendenten und göttlichen Stellung des Führers in der Islamischen Republik. Für Federn hat der Tod des Vaters eine positive Bedeutung: Er eröffnet einen Raum für "brüderliche" Bindungen und die Bildung neuer Kollektivitäten, was der marxistische Psychoanalytiker am Beispiel der Räte erklärt. Mit anderen Worten: Mit dem Verschwinden der ödipalen Beziehung zwischen dem Führer und seinen Untertanen öffnet sich ein Raum für neue soziale Beziehungen und neue kollektive Formen. Wie Deleuze und Guattari schreiben: "Der Revolutionär ist der erste, der das Recht hat zu sagen: 'Ödipus? Nie davon gehört.'" [20]
Es ist diese Nichtanerkennung der patriarchalen Autorität, die zu einem weit verbreiteten Phänomen geworden ist. Die neue Generation im Iran hat gezeigt, dass sie an einer ödipalen Knechtschaft gegenüber der Regierung nicht interessiert ist: Jugendliche haben in Schulen gestreikt, Beamte des Bildungsministeriums aus den Schulen geworfen, die Polizei angegriffen, die gerahmten Bilder der "Väter der Nation" (Khomeini und Khamenei), die an den Wänden der Klassenzimmer hängen, umgedreht und dieselben Bilder die aus den Umschlägen der Schulbücher herausgerissen und verbrannt werden.
Revolutionäre Vaterlosigkeit steht in einem spezifischen Verhältnis zu Fragen der "Führung". Einerseits ist der Begriff "führerlose Bewegung" eine Verkürzung. In jeder Versammlung und Aktion und lokalen Organisation gibt es lokale Führer. Andererseits muss man auch die grossen Vorteile dieser sogenannten Führungslosigkeit bedenken. Kein einzelnes Gesicht oder eine einzelne Person wird das kollektive Gesicht der heterogenen Menschen, die den Weg der Revolution anführen, ersetzen können.
Da es keinen einzigen Anführer gibt, haben sowohl ausländische imperiale Mächte als auch regionale Akteure keine unmittelbaren Möglichkeiten, den Kampf zu kapern, indem sie einzelne Personen umwerben und geheime Verhandlungen aufnehmen, um ihre eigenen Interessen in einem zukünftigen Iran zu verfolgen. Darüber hinaus wird durch die Betonung der lokalen Führung und des kollektiven Gesichts der Führung der Bewegung im Allgemeinen das Risiko der Auswahl eines Führers/Vaters von ausserhalb des Irans, wie z. B. des vom amerikanischen Konservatismus bevorzugten Kompradors, des Kronprinzen des abgesetzten Schahs, schrittweise beseitigt.
Postscriptum zu den Bränden im Evin-Gefängnis
Nach dem Brand des Evin-Gefängnisses dient ein Bericht über die ersten Wochen des Zhina-Aufstands als eindringliche Erinnerung an das, was danach kommt:“Die Erfahrung auf der Strasse setzt den Gedanken an den Tod ausser Kraft, und das macht den Beobachtern Angst: Menschen zu sehen, die bereit sind zu sterben ... Wir sind vom Gedanken an den Tod befreit worden. Wir haben den Tod hinter uns gelassen, in der Intimität, mit der wir unseren Ängsten begegnen und ihnen in der Wärme des Körpers vorauseilen” [21]
Während die Bewegung und der Rest der Welt auf Berichte nicht-staatlicher Medien warten, um die wahren Ursachen für die Brände im Evin-Gefängnis zu ermitteln, war die kumulative Wirkung für diejenigen, die dabei waren, und für die in der Diaspora trauernden Revolutionäre sofort klar: eine rücksichtslose Strategie, um im Herzen des Aufstands erneut Angst zu schüren. Wenn das Regime tatsächlich hinter diesem versuchten Massaker steckte, dann wollte es sein Endgamel offenbaren: die Lebenden mit unvorstellbarem Leid zu quälen und unzählige Tote zu produzieren.
Diese Strategie ist jedoch die älteste Geschichte jener besonders despotischen Einheit, die der Staat ist, für den die Drohung mit dem Tod das Mittel ist, um ein freies, nicht mehr regierbares Volk zu unterwerfen und zu regieren, das an nichts anderes als an den Tod denkt und dessen Kampf selbst eine Meditation über das Leben ist. Wie Spinoza schrieb:
“Das höchste Geheimnis des Despotismus, seine Stütze und sein Aufenthalt, besteht darin, die Menschen in einem Zustand der Täuschung zu halten und mit dem fadenscheinigen Titel der Religion die Furcht zu verhüllen, durch die sie in Schach gehalten werden müssen, so dass sie für ihre Knechtschaft wie für ihr Seelenheil kämpfen und es nicht als Schande, sondern als höchste Ehre ansehen, ihr Blut und ihr Leben für die Verherrlichung eines einzigen Menschen zu opfern.” [22]
Was auch immer als Nächstes geschieht, so viel ist sicher: Die Mobilisierung aus einer Position der Angst heraus ist die Falle, die der Bewegung gerade gestellt wurde, und die sie vermeiden muss, damit die Kollektive und Formen der Selbstorganisation, die in den letzten Monaten entstanden sind, nicht zu einem Scheinkampf verkommen, der sich ausschliesslich damit beschäftigt, wie man sich vor dem Sterben bewahrt, so dass das Leben zu einer Form der Todesanbetung wird.
Mit der Androhung des Todes will die Islamische Republik den Aufstand dazu bringen, für seine Sklaverei zu kämpfen, als ob es seine Freiheit wäre. Aber fragen Sie einfach jeden, der schon einmal auf der Strasse war. Es ist nicht so einfach, den Prozess rückgängig zu machen, durch den die Menschen auf die andere Seite der Angst übergetreten sind, denn "ein freier Mensch denkt am wenigsten an den Tod, und seine Weisheit ist eine Meditation über das Leben, nicht über den Tod". [23]
Jin, Jiyan, Azadi!