Die Manipulation der Pager zu Sprengsätzen forderte 37 Tote und über 3.000 Verletzte, die am 17. und 18. September durch die Explosionen getroffen wurden, darunter auch zwei Kinder. Pager, also Kommunikationsgeräte, werden zwar von den meisten Menschen nicht genutzt, sind jedoch im militärischen und medizinischen Bereich Alltag. Diese wurden höchstwahrscheinlich durch den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad vor dem Kauf tödlich präpariert.
In jedem Fall passt diese Attacke klar zum jüngst verkündeten strategischen Ziel der israelischen Regierung, nun den Kampf auf den Libanon zu konzentrieren, um „den Norden wieder bewohnbar zu machen“. Dazu führt die zionistische Militärmaschinerie faktisch einen Präventivkrieg gegen die Hisbollah und den Libanon, dem primär Menschen Zivilist:innen zum Opfer fallen.
Statt sich mit dieser Realität zu konfrontieren, schwafeln jedoch zionistische Hetzer:innen davon, dass es gezielte Angriffe auf Militante der Hisbollah gewesen wären. Wenn sie der Wahrheit dann doch ins Auge schauen, kommen sie jedoch zu dem Entschluss, dass es die Menschen durch ihren Kontakt zur Hisbollah ohnedies verdient hätten zu sterben. So schaffen sie es, erneut immenses Leid als Kollektivbestrafung zu legitimieren.
Auch die bürgerliche „Qualitätspresse“, die ansonsten gern mit Humanismus und Demokratie hausieren geht, bekundet dem Terror ihre Anerkennung. So schreibt Der Spiegel am 17. 9. von einer „raffinierten Attacke“. So schnell kann der Ton wechseln bei Berichten über Terror, trifft ja anscheinend diesmal die Richtigen. Mit ihrer Reaktion hat sich die Mehrheit der Journalist:innen der westlichen Welt ein weiteres Mal entlarvt. Ihnen geht es, ganz wie „ihren“ Regierungen und Staatsapparaten, nicht um Sicherheit, das Leben von Zivilist:innen oder Terrorbekämpfung. Sie zeigen wie schon zu oft davor, dass ihre Motive die Verteidigung von Apartheid, Mord, Folter und Genozid auf dem Rücken der palästinensischen sowie libanesischen Bevölkerung sind!
Um 5 Uhr morgens am 20. September legte die israelische Luftwaffe noch eine Schippe drauf. In den schwersten Angriffswellen seit dem Beginn der Auseinandersetzung im Oktober attackierte sie Raketenabschussrampen der Hisbollah. Am Nachmittag erfolgten dann noch weitere Attacken auf Beirut, bei denen ein hochrangiger Kommandeur der Miliz und zwölf weitere Menschen gestorben sind. Bis zum 21. September starben 31 Menschen aufgrund des Bombardements.
Zuspitzung der Lage
Schon seit Oktober 2023 gibt es zwischen Hisbollah und Israel gegenseitige Beschüsse, wenn jedoch in begrenztem Ausmass. Im Sommer spitzte sich die Situation bereits einmal zu und barg das Potenzial, sich zu einem Flächenbrand zu entwickeln. Schon damals kalkulierte Israel, dass die Hisbollah einen vollen Krieg noch mehr fürchtet als der zionistische Staat, so dass die begrenzte Eskalation zu keiner qualitativen Veränderung der Lage führte. Doch wir sollten und können uns hier nicht in Sicherheit wiegen.Denn auch wenn das Essentielle der Strategie der zionistischen Regierung deren Machtdemonstration ist, kann sich diese auch schnell in einem offenen Krieg ausdrücken. Der nun seit fast einem Jahr andauernde Genozid an den Palästinenser:innen in Gaza beweist uns das mehr als deutlich. Mit über 40.000 Toten, fast 2 Millionen Vertriebenen sowie der Zerstörung von 70 % des Streifens beweist Israel praktisch die Fähigkeit und den Willen zu expandieren, zu vertreiben und die Kontrolle über seine Besatzung zu behalten. Dass es vertreiben kann, hat es auch schon dem Libanon gezeigt, als es 2006 fast eine Millionen Libanes:innen zur Flucht zwang.
Israel geht es nicht um den Schutz von jüdischem Leben, Selbstverteidigung oder sonstige ideologische Verkleidungen, durch welche es seine reaktionäre Propaganda verbreitet. Ihm geht es darum, die eigene Position im Nahen Osten weiter zu festigen und die palästinensische Bevölkerung aus Gaza und auch der Westbank zu vertreiben. Daher wird der Krieg ständig weiter verschärft. Auch wenn die USA und die EU eine Befriedung der Lage in Gaza und im Nahen Osten zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorziehen würden, so stehen sie fest an der Seite Israels, weil das Land einen zentralen Vorposten der imperialistischen Ordnung, einen Brückenkopf des westlichen Imperialismus in Nahost darstellt.
Was braucht es jetzt?
In den bürgerlichen Medien, von Regierung, bürgerlicher und rechter Opposition im Bundestag wird der bewaffnete Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah geradezu auf den Kopf gestellt und zum Krieg zwischen „Demokratie“ und „Islamismus“ verklärt. Selbst Teile der Linken machen sich diese imperialistische Lüge zu eigen. Andere wiederum betrachten die Konfrontation als eine zwischen zwei, gleichermassen reaktionären Kräften.Doch auch das verkennt den Kern der Sache. Es handelt sich um einen bewaffneten Konflikt und möglichen Krieg zwischen einem Unterdrückerstaat, der auf der Vertreibung und Unterdrückung des palästinensischen Volkes beruht und gleichzeitig die Rolle eines politischen Gendarmen für den westlichen Imperialismus erfüllt, gegen eine Kraft – in diesem Fall den Libanon und die Hisbollah, die als Gegner:innen dieser Ordnung betrachtet werden. Es geht nicht um Selbstverteidigung, sondern um Expansion und (präventive) Unterwerfung all jener, die sich Imperialismus und Zionismus in den Weg stellen. Jeder Sieg Israels stärkt letztlich diese reaktionäre Ordnung.
Es bedeutet aber auch, dass wir das Recht der Hisbollah und aller Widerstandskräfte im Libanon verteidigen, sich einem zionistischen Angriff zu widersetzen. Das hat nichts mit politischer Unterstützung für die Hisbollah zu tun. Vielmehr lehnen wir ihr Programm und ihre Ziele (und auch die aller anderen bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräfte im Libanon) entschieden ab. Wir bekämpfen ihre islamistische, kleinbürgerliche und konterrevolutionäre Ideologie und Politik, wie sie sich besonders in Syrien gezeigt hat.
Doch der Angriff Israels stellt nichts als eine kollektive Bestrafung für das Aufbegehren gegen den Genozid in Gaza und die Unterdrückung der Palästinenser:innen dar. Sich dagegen aufzulehnen, ist nicht nur richtig, sondern notwendig.
Um sich einer Eskalation durch die zionistische Kriegsmaschinerie in den Weg zu stellen, muss die Solidaritätsbewegung weltweit den Propagandalügen der Herrschenden entgegentreten. So kann sie politische Grundlagen legen, über symbolischen Protest hinauswachsen und die praktischen Waffen schmieden, um deren Aggression gegen den Libanon etwas entgegenzustellen und den Genozid zu beenden. Dafür braucht es in den imperialistischen Zentren Kampagnen an Schulen, Unis, in Gewerkschaften und Betrieben, welche neben Druck auf die Unis und Co. zum Bruch mit den Institutionen der Besatzung Waffenlieferungen nach Israel blockieren und durch Streiks und Protest die Komplizenschaft bei Genozid und Unterstützung des Apartheidstaats in die Knie zwingen. So können und müssen wir auch hier Israel schwächen!
In den arabischen Staaten müssen sich die Massen gegen die Heuchelei ihrer Herrscher:innen auflehnen und die Flamme des Arabischen Frühlings wieder aufflammen lassen. Sie müssen für eine sofortige und effektive Einstellung jeder politischen, wirtschaftlichen und militärischen Kooperation mit dem zionistischen Staat und für die bedingungslose Solidarität mit dem palästinensischen Volk kämpfen.
Als Lehre aus den Niederlagen der Kämpfe des letzten Jahrzehnts wird es entscheidend, dass die Arbeiter:innenklasse die Führung der Bewegung übernimmt, was selbst den Aufbau revolutionärer Parteien voraussetzt. Nur die proletarische Revolution wird eine Eskalation eines Krieges verhindern können und zuletzt durch den Aufbau einer Föderation von sozialistischen Staaten im Nahen und Mittleren Osten Israel ein für alle mal den Garaus machen!