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Palästina/Israel: Ein Staat mit gleichen Rechten seiner Bürger*innen vom Fluss bis zum Meer

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Ein Staat mit gleichen Rechten seiner Bürger*innen vom Fluss bis zum Meer Palästina/Israel: Die Lösung liegt auf der Hand

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Politik

Während in Gaza von der Würde des Menschen nichts mehr übrig gelassen wird und die Welt entsetzt zusieht, sich zugleich massiver zivilgesellschaftlicher Widerstand regt[1], machen sich Palästinenser*innen und Israelis für eine gemeinsame Perspektive stark. Ausgerechnet jetzt. Gerade jetzt.

Graffiti an der West Bank.
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Graffiti an der West Bank. Foto: Joshua Doubek (CC-BY-SA 3.0 unported - cropped)

Datum 1. August 2024
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Inzwischen gibt es auch in Deutschland immer mehr Menschen, die angesichts der horrenden Bilder und Nachrichten aus Gaza bestürzt sind.

Hören sie von der „Zwei-Staaten-Lösung“, die neuerdings wieder im Schwange ist, scheint ihnen die ein Ausweg im Sinne der Menschlichkeit, des friedlichen nebeneinander Lebens von Israelis und Palästinenser*innen, die offenbar so tief verfeindet sind, dass eine andere „Lösung“ kaum vorstellbar erscheint.

Das Reden von einer „Konfliktlösung“ geht davon aus, dass zwei Bevölkerungen mit unterschiedlichen Interessen offenbar auf ewig im Clinch liegen, weil nicht in der Lage oder nicht willens sich zu einigen. Also sie besser trennen, jeder ein eigenes Territorium zukommen lassen. Doch diese „Lösung“ in Form von zwei Staaten, eines israelischen und eines palästinensischen liess sich seit einigen Jahren nicht mehr verkaufen. Denn es war nicht zu übersehen, dass sich da einerseits ein Staat, anderseits eine Bevölkerung gegenüberstehen, wobei in der Welt, wie sie bisher felsenfest konstituiert ist, eine Bevölkerung ohne Staat quasi nichts ist.

Israel, der Staat, der den Palästinenser*innen gegenübersteht – die auf die Westbank, Gaza, die Flüchtlingslager in Nachbarstaaten und in alle Welt zerstreut sind, ist mit allen Machtmitteln ausgestattet, die Staatlichkeit impliziert. Er herrscht in jeder Hinsicht über die Bewohner*innen und das gesamte Territorium (Grenzen, Ökonomie, Ressourcen, Gerichtsbarkeit, Gesetzgebung, Militär …) vom Jordan bis zum Mittelmeer, wobei er weder in den Zeiten des Oslo-Friedensprozesses noch irgendwann vorher oder nachher, weder unter linken noch unter rechten Regierungen diese Vorherrschaft in Frage gestellt hat, vielmehr massiv facts on the ground schuf und schafft, die zwei voneinander abgegrenzte, jeweils zusammenhängende Staatsgebiete für zwei souveräne Staaten sowieso nicht zulassen, nicht einmal mehr die Illusion davon.

Die Regierung Netanyahu nun zeichnet sich durch die schöne Offenheit aus, den Palästinenser*innen den Anspruch auf einen eigenen Staat schlichtweg abzusprechen. Die Fiktion, die all die Jahre seit dem spektakulären Handschlag auf dem Rasen des Weissen Hauses der internationalen Gemeinschaft, friedfertig gesonnenen Israelis und vor allem Palästinenser*innen vorgegaukelt wurde, ist somit explizit zerstoben.

Die „Zwei-Staaten-Lösung“, die Pille, nach der u.a. die deutsche Regierung in ihrer blinden Ergebenheit gegenüber dem Staat Israel erneut greift, um sich und andere über das bekanntermassen strukturell seit Jahrzehnten Angelegte, was in Gaza nun doch ein bisschen zu weit geht, hinwegzutäuschen, wird ihr nunmehr von Israel selber, dem Staat, dem man in allem treu ergeben ist, aus der Hand geschlagen. Anna Baerbock kann einem fast schon leidtun.

Seit Beginn des „Friedensprozesses“ von Oslo mit eben dieser „Zwei-Staaten-Lösung“ als Clou haben palästinensische und israelische Intellektuelle/Aktivist*innen festgestellt und sich darüber miteinander verständigt: dieser Prozess ist kein Friedensprozess sondern einer, der endlose Verhandlungen einläutete, die es der übermächtigen Seite, dem Staat Israel, ermöglichte, seine Ambitionen uneingeschränkt umzusetzen – ein Unterfangen, bei dem ihm Deutschland hilfreicher als jeder andere Verbündete zur Seite stand.

Was auf den ersten Blick erstaunen mag, ist der Umstand, dass dies durch die grosszügige finanzielle Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde geschah. Somit konnte und kann diese für alles, wofür Israel als Besatzungsmacht gegenüber der besetzten palästinensischen Zivilbevölkerung verpflichtet ist, mit deutscher Hilfe aufkommen. So wird durch bundesrepublikanische Zuwendungen jederzeit wieder aufgebaut, was Israel an Infrastruktur im von der PA verwalteten Gebiet regelmässig zerstört. Mehr noch, auch für die Sicherheit der Besatzungsmacht (und der gewalttätigen Siedler*innen) kommt die Bundesrepublik seit jeher gerne auf. Die palästinensischen „Sicherheitskräfte“ werden mit deutscher Hilfe ordentlich ausgestattet und ausgebildet. Eingesetzt werden sie von der Autonomiebehörde ganz überwiegend, um gegen die womöglich aufbegehrende Bevölkerung vorzugehen. Kurz: Damit der Laden in den besetzten Gebieten im israelischen Sinne läuft, solange „Frieden“ und „Zwei-Staaten-Lösung“ angesagt sind, steht die Bundesrepublik finanziell und mit Rat und Tat bereit.

Bereits 1993, unmittelbar nach dem Handschlag zwischen Arafat und Rabin schrieb der palästinensisch-amerikanische Literaturwissenschaftler Edward Said: „Nachdem jetzt die Euphorie ein wenig verflogen ist, können wir das Abkommen zwischen Israel und der PLO mit dem erforderlichen kühlen Verstand näher ins Auge fassen. Dabei stellt sich heraus, dass die Übereinkunft viel unzulänglicher und für die meisten Palästinenser*innen viel unausgewogener ist als es viele zu Anfang annahmen. Die vulgäre Inszenierung der Zeremonie am Weissen Haus, der demütigende Auftritt Arafats, als er der Welt für die Aufgabe der meisten Rechte des palästinensischen Volkes dankte, und die lachhafte Rolle Bill Clintons als römischer Imperator des 20. Jahrhunderts, der seine beiden Vasallen-Könige bei den Ritualen der Versöhnung und der Unterwerfung begleitet: All das konnte nur vorübergehend das tatsächlich unglaubliche Ausmass der palästinensischen Kapitulation vernebeln.“

Der einzige Alternative für Edward Said: Koexistenz von Palästinenser*innen und Israelis in einem gemeinsamen Staat auf dem Gebiet des historischen Palästinas:

„Ich sehe keine andere Möglichkeit als die, jetzt endlich das miteinander Teilen des Landes anzugehen, in dem wir zusammengeworfen sind, es auf genuin demokratische Weise miteinander zu teilen, was bedeutet: gleiche Rechte für jede*n Bürger*in. Eine Versöhnung kann es erst geben, wenn beide Völker, beide Gemeinschaften des Leidens, begreifen, dass ihre Existenz eine säkulare Tatsache ist, mit der als solche umzugehen ist. (…)

In einem modernen Staat sind alle aufgrund ihrer Präsenz und, weil sie Rechte und Verantwortung teilen, Bürger*innen dieses Staates. (…) Eine Verfassung und sich aus ihr ergebende Grundrechte sind somit Voraussetzung, um über Feld 1 des Konflikts hinauszugelangen, denn jede Gruppe hätte dasselbe Recht auf Selbstbestimmung.“

In diesem Sinne schreibt der israelische Historiker Ilan Pappé vor wenigen Jahren, dass das Versagen des Oslo-Prozesses, palästinensische Souveränität zu erreichen, von Beginn an in diesem angelegt war. „Oslo II schuf eine Geographie des Desasters, die es Israel ermöglichte, sich über weitere Teile Palästinas auszudehnen, während es die Palästinenser*innen innerhalb zweier Bantustans einschloss, oder, anders ausgedrückt, indem es die Westbank und den Gazastreifen in jüdische und palästinensische Gebiete aufteilte.

(…) Das Versagen von Camp David im Jahr 2000 war nicht das Ende eines Friedensprozesses. Einen solchen hat es nie gegeben, nicht, seit die zionistische Bewegung im späten 19. Jahrhundert in Palästina ankam. Vielmehr handelte es sich im Jahr 2000 um die offizielle Etablierung der Apartheid-Republik Israel. Bleibt abzuwarten, wie lange die Welt diese für legitim und tragbar hält oder ob sie akzeptiert, dass die de-Zionisierung Israels mit der Schaffung eines demokratischen Staates im gesamten historischen Palästina die einzige Lösung ist.“

Spätestens angesichts des Genozids in Gaza akzeptiert die Welt (ausserhalb Deutschlands) dieses Modell eines Apartheid-Staates und des Siedlerkolonialismus nicht mehr ohne weiteres, jedenfalls die Millionen Menschen, die seit dem vergangenen Oktober überall auf die Strassen gehen, Uni-Camps errichten, Parlamentarier*innen und Regierungen unter Druck setzen und auf vielfältige Weise deutlich machen, dass ein Waffenstillstand unerlässlich ist, aber auch jegliche „Lösung“ für danach nicht in der Tradition des verheerenden „Friedensprozesses“ stehen darf, dass es vielmehr um ein Ende von Apartheid und Siedler-Kolonialismus gehen muss. Das bedeutet: Frieden und Versöhnung kann es nicht auf der Grundlage von Kompromissen, sondern nur auf der “kompromisslosen“ Anerkennung und Implementierung gleicher Rechte geben.

Emblematisch für dieses Konzept stehen zwei Autoren/Aktivisten, der eine Palästinenser aus Gaza, der andere jüdischer Israeli: Haidar Eid und Jeff Halper. Ich greife diese beiden aus der langen Reihe der Palästinenser*innen und Israelis (und Juden*Jüdinnen) heraus, die sich im Laufe der Jahrzehnte für die Perspektive des gemeinsamen Staates eingesetzt und dazu publiziert haben. Nicht zufällig entsprechen sich die Titel ihrer jüngsten Publikationen als wären sie miteinander abgesprochen: Decolonizing the Palestinian Mind und Decolonizing Israel, Liberating Palestine: Zionism, Settler Colonialism and the Case for One Democratic State.

Wer es gewohnt ist, von „den beiden Seiten“ auszugehen, Israelis bzw. Israel vs. Palästinenser*innen bzw. Palästina, stutzt vielleicht für einen Augenblick und fragt sich: Welche Publikation ist die des Israelis, welche die des Palästinensers? In der Tat zeichnen sich beide durch eine konsequente Kritik der (angeblich) „eigenen Seite“ aus. Diese Unabhängikeit des Denkens ist eine Stärke, die sowohl Palästinenser*innen wie Haidar Eid, als auch diejenigen Israelis auszeichnet, die das zionistische Projekt genau begründet ablehnen und nicht nur die Politik der extremen Rechten kritisieren.

Haidar Eids Decolonizing the Palestinian Mind ist Ende 2023 erschienen, somit bereits überschattet vom Genozid in Gaza, den er selber dort überlebt hat, bis er, als Stimme aus Gaza äusserst gefährdet, mit seiner Familie den Gaza-Streifen nach Südafrika verliess, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt.

Selbstverständlich geht Haidar Eid wie andere palästinensische und israelische Intellektuelle und Aktivist*innen davon aus, dass es um eine De-Kolonialisierung bzw. De-Zionisierung Palästina/Israels insgesamt als Perspektive gehen muss, doch dazu gehört für ihn auch, dass sich die Palästinenser*innen klarmachen, welche Rolle bei der Aufrechterhaltung und Vertiefung des israelischen Kolonial- und Apartheidprojekts die Kollaboration aller palästinensischen Parteien der PLO sowie der Hamas spielen. Was Letztere angeht, verweist er auf das verheerende Bombardement des Gaza-Streifens 2008/2009, das eine Welle internationaler Solidarität auslöste, eine Situation, die von einer palästinensischen Führung „mit Prinzipien“ hätte genutzt werden müssen. Stattdessen seien deren Vertreter*innen – auch die der Hamas – nach Kairo zu Verhandlungen geeilt, und die Hamas versäumte es, in den auch damals schon einmal teilweise in Trümmern liegenden und abgeriegelten Gazastreifen einzuladen. Haidar Eid wirft der Hamas aber vor allem vor, dass sie sich schliesslich wie alle anderen die längst desavouierte 2-Staaten-Lösung zu Eigen gemacht hat. Und schliesslich:

„Die Erfahrung mit der Herrschaft der Hamas im Gaza-Streifen bietet ein Modell en miniature eines islamischen Staates, während die Westbank für einen auszurufenden Bantustan-„Staat“ steht“ - wenn es nach der PA gehe. (Die steht im Übrigen derzeit auch bereit, unter der Ägide Israels und seiner Verbündeten Gaza mit zu verwalten, falls dies gewünscht wird.)

Unter der Herrschaft der Hamas sei Gaza einer ideologisch begründeten gesellschaftlichen Transformation unterworfen worden, so Haidar Eid, die vor allem die Rechte der Frauen weiter eingeschränkt habe.

Immer wieder formierten sich im Gaza-Streifen Bewegungen und Initiativen, vor allem junger Gazauis, darunter auch zahlreicher Frauen, die sich dagegen erhoben. Das zeigt, wie ungerecht die Berichterstattung in Deutschland und anderswo ist, wonach die Bevölkerung Gazas aus nichts weiter als fanatischen Hamas-Anhänger*innen und „unschuldigen Frauen und Kindern“, armen Opfern ohne eigene politische Agenda besteht.

Haidar Eid plädiert für eine Umwälzung der traditionellen palästinensischen Institutionen im Sinne einer Demokratisierung, was auch die Auflösung der in seinen Augen und denen vieler Palästinenser*innen diskreditierten PA (Autonomiebehörde) bedeute, die sich seit über zwei Jahrzehnten keiner Wahl mehr gestellt hat und ausschliesslich zum Wohle Israels und der eigenen Leute funktioniere. Zudem beanspruche diese Behörde von Anbeginn an lediglich, die Palästinenser*innen in einem (durch die israelische Siedlungs- und Landnahmepolitik und massive Angriffe auf Westbank-Bewohner*innen, deren Häuser und Infrastruktur) immer weiter eingeschränkten Teil der Westbank und von Gaza zu vertreten.

Mit Edward Said fordert er „Gleichheit oder nichts“ und beruft sich auf ihn, für den „ein umfassender Frieden“ bedeutet habe, dass „Israel, die kolonialisierende Seite, das Recht der Palästinenser*innen als Bevölkerung anzuerkennen“ habe, sowie „deren Recht auf Selbstbestimmung und Gleichheit à la Südafrika“ „in einem säkularen demokratischen Staat …, in dem ALLE Bürger*innen gleichbehandelt werden, unabhängig von ihrer Religion, ihrem Geschlecht, ihrer Hautfarbe“. Die Überlegungen von Haidar Eid gehen Hand in Hand mit denen von Jeff Halper, nicht von ungefähr. Beide sind Teil der One Democratic State Campaign (ODSC) und beide überzeugt, dass eine solche gerade jetzt angesichts des Genozids in Gaza angezeigt ist. Wie Haidar Eid sieht Halper in der nationalen palästinensischen Bourgeoisie, die derzeit die palästinensischen Angelegenheiten mehr schlecht als recht verwaltet, so etwas wie die Karikatur dessen, was Fanon in Die Verdammten dieser Erde als die unterdrückenden, korrupten und bornierten Eliten in den vom Kolonialismus „befreiten“ Gebieten beschrieb, die mit der neo-kolonialen Bourgeoisie der Metropolen kooperiere.

Doch sein Schwerpunkt als Israeli – oder, wie er in der Einleitung zu Decolonizing darlegt, als „Kolonialist, der sich verweigert, als Genosse im gemeinsamen Kampf“ – liegt auf der unerbittlichen Kritik (ca. die Hälfte des Buchs) des „Zionismus als siedlerkoloniale(m)Projekt“ mit verheerenden Implikationen und bar jeder Berechtigung. In der zweiten Hälfte kommt er zu dem, was er aus den ersten 100 Seiten als Perspektive für Palästinenser*innen und Israelis ableitet: die erforderliche und mögliche De-Kolonialisierung dessen, was sich im historischen Palästina mit internationaler Duldung und Unterstützung etabliert hat. Dieser Staat ist, wie Jeff Halper mit Berufung auf Mahmoud Mamdani, Lorenzo Veracini und andere darlegt, strukturell teils Ethnokratie, teils Apartheidsystem und im Wesentlichen ein siedlerkolonialer Staat, der sich vom Fluss bis zum Meer erstreckt.

Halpers zunächst utopisch anmutende Überlegungen zeichnen sich durch Pragmatismus und eine Schritt-für-Schritt-Genauigkeit aus, wobei er auch alle auf der Hand liegenden Einwände von palästinensischer wie von israelischer Seite bzw. die zu erwartende totale Ablehnung v.a. durch Israelis aber auch durch Palästinenser*innen zur Sprache bringt und durchaus nicht abtut. Ebenso berücksichtigt er den naheliegenden Einwand, dass ein solches Unterfangen der De-Kolonialisierung und der Schaffung eines gemeinsamen Staates gleichgestellter Bürger*innen in Palästina/Israel vollkommen illusorisch sei, gerade jetzt …

Er zeigt jedoch im Einzelnen die Bedingungen auf, unter denen dies dennoch möglich wäre und verdeutlicht, was zu tun ist – sehr viel! – um diese Bedingungen gemeinsam zu schaffen: durch eine zivilgesellschaftliche Bewegung von Palästinenser*innen, Israelis und anderen, die es in nuce bereits gibt und die nicht nur das – spätestens seit dem 7. Oktober unübersehbar – Unhaltbare und Unerträgliche dringend überwinden wollen, sondern auch die Umrisse eines gemeinsamen Gemeinwesens, eines gemeinsamen Lebens, einer gemeinsamen Identität als Zielvorstellung vor Augen haben. Dabei kann er auf Überlegungen verweisen die dazu bereits innerhalb der ODSC konkretisiert wurden – selbstverständlich von Palästinenser*innen und Israelis gemeinsam – wobei Jeff Halper betont, dass die Kolonialisierten diejenigen sein müssen, die das letzte Wort haben. In diesem Sinne abschliessend Omar Barghouti, zitiert von Jeff Halper:

„Parallel zum Prozess der Beendigung der Ungerechtigkeit und der Wiederherstellung grundlegender palästinensischer Rechte und während Unterdrückungsverhältnisse abgebaut und koloniale Privilegien abgeschafft werden, muss gleichzeitig ein bewusster und genuiner Prozess vorangetrieben werden, der die Dichotomie zwischen der Identität der Unterdrückten und der des Unterdrückers auflöst, um die konzeptionellen Grundlagen für eine ethische Koexistenz im entkolonialisierten zukünftigen Staat zu schaffen. Nur dann kann das Ende der Unterdrückung eine gemeinsame Identität hervorbringen: die nach dem Zustand der Unterdrückung. Diese gemeinsame Identität sollte es ermöglichen, dass sich das Zusammenleben als Gleiche von indigenen Palästinenser*innen und indigenisierten Siedler*innen tatsächlich so gerecht, nachhaltig und friedlich wie möglich gestaltet.“

Sophia Deeg

Fussnoten:

[1] So dieser Protest US-amerikanischer Jüdinnen Und Juden von JVP gegen die Ansprache Netanyahus vor dem Kongress: https://www.jewishvoiceforpeace.org/2024/07/23/netanyahu-visit-release/

[2] https://www.faz.net/aktuell/politik/krieg-in-nahost/israel-netanjahu-lehnt-palaestinensischen-staat-ab-19460417.html

[3] https://www.lrb.co.uk/the-paper/v15/n20/edward-said/the-morning-after

[4] https://www.nytimes.com/1999/01/10/magazine/the-one-state-solution.html

[5] https://jacobin.com/2020/10/israel-peace-palestine-oslo-accords-plo; und ganz aktuell: https://www.commondreams.org/news/to-replace-this-apartheid-state-israeli-scholar-sees-hope-for-democratic-palestine

[6] Darunter (ausser den bereits genannten): Ghada Karmi https://www.plutobooks.com/9780745348315/one-state/; Omar Barghouti: https://mondoweiss.net/2013/10/democratic-palestine-promising/; Mazin Qumsiyeh, https://thisweekinpalestine.com/a-path-to-peace/; Eitan Bronstein und andere von Zochrot: https://merip.org/2007/09/a-different-kind-of-memory/; Eric Hazan & Eyal Sivan: https://www.eyalsivan.info/index.php?p=elements1&id=66#&panel1-10; und als frühe Vortäufer u.a. Hannah Arendt, Martin Buber.

[7] https://johannesburgreviewofbooks.com/2024/02/29/this-book-is-being-published-while-gaza-where-i-live-is-being-annihilated-read-an-excerpt-from-decolonising-the-palestinian-mind-by-south-african-palestinian-author-haidar/

[8] https://www.plutobooks.com/9780745343396/decolonizing-israel-liberating-palestine/

[9] Nicht nur Journalist*innen sind in Gaza seit dem 7.Oktober 2023 besonders gefährdet, auch andere in der Welt wahrgenommene Stimmen aus Gaza sind es, so Refaat Al-Areer, Dichter und Professor für anglophone Literatur, der Verbindungen in die USA und nach GB hatte: https://euromedmonitor.org/en/article/6014/Israeli-Strike-on-Refaat-al-Areer-Apparently-Deliberate#; zu den in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 durch die IDF zu Tode gekommenen Journalist*innen: https://cpj.org/2024/07/journalist-casualties-in-the-israel-gaza-conflict/

[10] Haidar Eid, Decolonizing the Palestinian Mind, S.75

[11] https://www.resurgence.org/magazine/article3405-gaza-youth-manifesto.html

[12] Haidar Eid, Decolonizing, S.39

[13] https://onestatecampaign.org/en/about-us/

[14] Jeff Halper, Decolonizing Israel, Liberating Palestine, S. 181-182

[15] Ebd.: S.188/189