Nach Obamas CPP sollen die amerikanischen CO2-Emissionen bis 2030 um 32 Prozent gegenüber 2005 reduziert werden, 2 Prozentpunkte mehr, als es die amerikanische Umweltbehörde EPA noch im Sommer 2014 vorgesehen hatte.
Betroffen sind etwa 1.000 Kraftwerke, darunter etwa 600 mit Kohle betriebene. Bis September 2016 sind nun die Bundesstaaten aufgerufen, ihre Pläne zur Erreichung dieser Ziele bei der EPA einzureichen. Falls sie das nicht tun, wird ihnen die EPA einen Plan vorgeben. Dabei würde fast jedem Bundesstaat ein eigenes vorläufiges und finales Klimaziel von der EPA vorgeschrieben. Die Regulierung soll 2022 einsetzen, zwei Jahre später als ursprünglich erwogen. Damit geht die EPA auf die Forderung mancher Bundesstaaten ein, sie bräuchten für die Umsetzung des CPP mehr Zeit.
Der Ansatz ist durchaus geschickt: Anstatt den Bundesstaaten zu befehlen, was sie zu tun haben, lädt der Präsident sie ein, selbst Vorschläge zu machen, wie sie ab 2022 das von ihm gesetzte Ziel erreichen wollen. Dabei stehen ihnen mehrere Optionen zur Verfügung. Sie können ihren Anteil an Erneuerbaren Energien erhöhen, Kohlekraftwerke abbauen bzw. effizienter gestalten oder sie durch effiziente Gaskraftwerke ersetzen. Sie können darüber hinaus beispielsweise eine Klimasteuer (Carbon Tax) einführen oder sich an einem regionalen Emissionshandel beteiligen. Gerade weil den Bundesstaaten so viel Spielraum bei der Erreichung ihrer Ziele eingeräumt wird, lässt sich der amerikanische Energiemix für das Jahr 2030 noch nicht genau übersehen.
Eines ist jedoch sicher: der Kohleausstieg wird durch den CPP erleichtert, denn eine wichtige Option für die Bundesstaaten ist es, CO2-Emissionen durch einen Wechsel von Kohle zu Gas einzusparen. Gaskraftwerke verursachen nur halb so viele CO2-Emissionen wie Kohlekraftwerke und werden daher als „sauber“ eingestuft, auch wenn das Entweichen von Methan während des Bohrungs- bzw. Frackingprozesses den Klimavorteil gegenüber der Kohle wieder aufheben kann. Ausserdem bedeutet ein Wechsel zu Gas einen Lock-in Effekt in die „alte“ Pipeline-Infrastruktur, die fossile Energien für die nächsten Jahrzehnte begünstigt.
Der CCP weist Erneuerbaren Energien einen grösseren Anteil zu – 6 Prozentpunkte mehr als ursprünglich vorgesehen. Die EPA rechnet nun damit, dass die Erneuerbaren bis 2030 insgesamt 28 Prozent des Stroms produzieren werden, weitgehend auf Kosten des Gas-Anteils. Den Anreiz soll ein freiwilliges „Clean Energy Incentive Program“ schaffen, das Kredite an Bundesstaaten vergibt, wenn diese bereits in den Jahren ab 2020 in Erneuerbare Energien – vor allem in Wind und Solar – und Effizienzmassnahmen investieren. Nach dem Motto: Take clean action early und profitiere davon!
Die Kosteneffizienz des CPP hängt davon ab, für welche Optionen sich die einzelnen Bundesstaaten letztendlich entscheiden. Am kostengünstigsten wären regionale Zusammenschlüsse der Bundesstaaten, um gemeinsame Emissionshandelssysteme aufzubauen oder sich einem der bereits existierenden Emissionshandelssysteme (z.B. RGGI im Nordosten oder der Western Climate Initiative (WCI) im Westen der USA) anzuschliessen.
Möglicher Widerstand
Allerdings müssen die Pläne jeweils von der EPA genehmigt werden, und da beginnen die Ungewissheiten. Denn die EPA untersteht dem Präsidenten, und wer auf Obama folgen wird, entscheidet sich erst im November 2016. Bisher stehen die demokratischen Präsidentschaftskandidat/innen dem CCP positiv gegenüber. Hillary Clinton hat selbst kürzlich einen eigenen Plan für den Ausbau der Erneuerbaren Energien angekündigt. Ein Republikanischer Präsident wäre dagegen wahrscheinlich erheblich zurückhaltender und könnte den CPP möglicherweise aushebeln. Bei Bundesstaaten, die sich weigern, eigene Pläne zur Erreichung ihrer Klimaziele einzureichen, könnte die EPA unter einem republikanischen Präsidenten einfach diesem Bundesstaat keinen Plan vorschreiben.Zudem ist zu erwarten, dass der CPP vor Gericht angefochten wird. Mehrere Bundesstaaten, darunter Texas, Oklahoma und Louisiana, haben bereits angekündigt, dass sie gegen den Plan vorgehen wollen und ihn damit möglicherweise verzögern könnten – immerhin dauerte es acht Jahre, bis das Oberste Gericht der USA der EPA das Recht auf Regulierung von CO2-Emissionen zusprach. In zweierlei Hinsicht wäre der CCP juristisch angreifbar: Zum einen untersagt der Clean Air Act, der EPA, weitere Schadstoffe eines Kraftwerks zu regulieren, wenn es bereits einen Schadstoff, z.B. Quecksilber, reguliert. Zum zweiten ist der EPA verboten, Angelegenheiten jenseits der Kraftwerksgrenze zu regeln, wie etwa den Ausbau Erneuerbarer Energien.
Die Schlacht ist also noch nicht gewonnen. Dennoch ist Obamas Vorhaben das einzige, das derzeit in den USA politisch realisierbar erscheint, und das ehrgeizigste zugleich. Trotz aller möglichen Hürden und Hindernisse auf dem Weg dahin hat Barack Obama mit seinem Clean Power Plan eine Messlatte für die amerikanische Klima- und Energiepolitik gelegt, an der sich auch seine Nachfolger orientieren müssen, ob sie es wollen oder nicht.