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5 Jahre Hanau-Attentat - Erinnerung an die Gewalt, die aus Deutschland kommt (Teil 2)

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Von bestimmten Ausländern, staatlichen Gebilden und Völkerschaften 5 Jahre Hanau-Attentat - Erinnerung an die Gewalt, die aus Deutschland kommt (Teil 2)

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Politik

Der Hanau-Attentäter ist wie seine Vorgänger und Nachfolger ein durch und durch politisierter, radikal kritisch gewordener Staatsbürger mit einem ausgeprägten Staatsbürgerbewusstsein.

Kundgebung anlässlich des Halbjahrestags des Terroranschlags in Hanau am 19. Februar 2020 am 19. August in Hanau.
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Kundgebung anlässlich des Halbjahrestags des Terroranschlags in Hanau am 19. Februar 2020 am 19. August in Hanau. Foto: Leonhard Lenz (PD)

Datum 27. Februar 2025
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Staatsbürgerlich ganz einverstanden mit der Welt, wie sie nun einmal ist und ausgehend davon, dass das eigene Land, der eigene Staat mit all seinen Institutionen und Instrumenten, sowie Recht, Rechtsordnung, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur zuallererst für die eigenen Staatsangehörigen als deren Existenz und Lebensmittel da sein sollten, versteht der Attentäter nicht, weshalb sich hier seit Jahr und Tag "bestimmte Ausländer" (Manifest) aufhalten:

Zunächst stellte sich mir die grundsätzliche Frage, wie es sein kann, dass solche Volksgruppen überhaupt in meinem Land sind? Diese Menschen sind äusserlich instinktiv abzulehnen und haben sich zudem in ihrer Historie nicht als leistungsfähig erwiesen (...) In meinen Augen passte hier somit irgendetwas nicht zusammen. (Manifest)

Dass "solche Volksgruppen": "nämlich von Türken, Marokkanern, Libanesen, Kurden, etc." (Manifest) hier in "unserem" Land sind, um sich offensichtlich von Staat, Institutionen, Recht, Rechtsordnung, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur ernähren und bedienen lassen, statt sich als "leistungsfähig" zu erweisen und einen Beitrag für unser Land zu erbringen, stellt für den Attentäter ein schwerlich zu begreifendes Unrecht und eine Ungerechtigkeit dar.

All diese in seine Augen ungebetenen Gäste, die, charakterlich betrachtet, nichts anderes als Nutzniesser sind, sonst wären sie nicht hier, abzuschieben, ist sinnlos: Denn dann treiben sie ihr Unwesen einfach weiter in der grossen, weiten Welt; und ohnehin würden sie nur darauf sinnen, in irgendeiner Weise unserem Land wie überhaupt der zivilisierten, abendländisch-westlichen Welt weiterhin zu schaden.
Aus diesem demokratisch allseits propagierten Geist der Zeit und seiner tagtäglich rund-um-die Uhr propagierten Sichtweise: "Aber die Migrationsfrage ist die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land. Das sage ich seit drei Jahren" (Ehemaliger Bundesinnenminister Seehofer, 6.9.2018)[11], zieht der Hanau-Attentäter die ihm eigene Konsequenz: In einer "Grob- und Feinsäuberung" (Manifest) die Welt in einem in einem gleichsam allumfassenden "globalen Antiterrorkrieg" (GWOT - Global War On Terrorism) oder Dritten Weltkrieg von solchen Völkerschaften mitsamt ihren staatlichen Gebilden zu befreien.

Die Welt und westlich-abendländische Zivilisation zu befreien vom Reich, von der Achse, vom "Zentrum des Bösen" (Manifest); sowie von sonstigen Schurkenstaaten und um in diesem globalen Antiterrorkrieg zugleich einem heran dämmernden, planetarischen Westlessness-Szenario entgegen zu wirken. Wie ersichtlich, eine allseits bekannte und geteilte Sicht der welt- und geopolitischen Grosswetterlage, jedenfalls in der westlichen NATO-Hemisphäre.

Zu dieser Schlussfolgerung drängt den Attentäter sein ausgeprägtes, konstruktiv-mitdenkendes Selbstbewusstsein. Ein gar nicht ungewöhnliches, westlich-transatlantischen Problembewusstsein, das in seiner allgemein akzeptierten Skepsis gegenüber dem Bösen in der menschlichen Natur sich grösste Bedenken gegenüber den Völkischen vorbehält:

Denn, betonen möchte ich, dass wir nun damit nicht das Paradies auf Erden geschaffen haben und jemand glauben soll, dass nun ein zufriedenstellender Zustand auf diesem Planeten erreicht wäre, wenn 500 Millionen Menschen germanischer Abstammung auf der Erde rumlaufen. (Manifest)

Nichts anderes als ganz kantisch Gutes und das Gute tun für den Fortschritt der Menschheit und Menschlichkeit zum Besseren will der Attentäter wie Seinesgleichen vor und nach ihm: "(...) daher fügte ich die Frage an, wenn meine Sichtweise abgelehnt wird, wie soll dann die Weiterentwicklung der Menschheit aussehen?" (Manifest) Zumindest einen Beitrag dazu will der Hanau-Attentäter in seinem ausgeprägten Wertebewusstsein und inneren moralischen Kompass liefern. Realistischerweise ist das ohne die USA nicht zu machen.

USA, China und ein geo- und weltpolitisch relevantes Wir

Im selbstbewussten, westlich-transatlantischen Problembewusstsein des Attentäters, mit Pax Americana und NATO-Anhang die Welt sich untertan zu machen, um sie als ihren Hinterhof zu behandeln und das Recht der Hausherrenschaft über die Welt zu bewahren, widmet sich der Attentäter der auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2020 (MSC 2020) hervorgehobene Frage, wie eine offensichtlich nahende Westlessness-Welt zu verhindern sei. Vorbote einer Welt ohne westliche Vorherrschaft ist zweifelsohne China:

Ich war mir sicher, dass in 5 oder in 10 Jahren die USA immer noch eine Weltmacht oder die einzige Weltmacht sein werden. Aber was ist in 20, 30 oder 40 Jahren? Was ist mit China? (Manifest)
Da liegt die Diagnose des Hanau-Attentäters von 2020 ganz auf der Linie der gegenwärtigen geo- und weltpolitischen Lagebeurteilung durch die westlichen Regierungsverantwortlichen und politischen Entscheidungsträger:

"The Chinese Communist Party is the most persistent and consequential foreign threat facing the American people today. It is building a military to challenge the U.S., stealing American technology at an unprecedented rate, and hurting U.S.workers with predatory economic policies. America is falling behind in this New Cold War." (Counter the CCP, Heritage Foundation, 2025)[12]

Das ergibt die dringende Warnung:

"Sollte China es gelingen im Jahr 2040 zur Supermacht USA aufzuschliessen, dann war dies primär ein Versagen von uns selbst, da der Westen sich nicht geschlossen dem Gegner stellte und kurzfristige Gewinninteressen über den langfristigen Erfolg stellte" (Manifest)

Notwendig deshalb für die USA mit NATO-Anhang wie schon für den Hanau-Attentäter 2020: Winning the New Cold War: A Plan for Countering China (Heritage Foundation, March 28, 2023)[13]

Allein steht der Hanau-Attentäter mit seiner privaten, durch keinen akademischen Titel oder sonstigem "Denkfabriken-Experten-Nachweis" beglaubigten geo- und weltpolitischen Stammtisch-Diagnose somit keinesfalls, schliesslich gilt damals wie heute:

China ist gross und greift mit beeindruckender Entschlossenheit aus. Trotzdem gibt es keinen Grund – solange wir Europäer zusammenstehen und unsere unbestrittenen Fähigkeiten selbstbewusst nutzen. (EU-Kommissionspräsidentin v.d.Leyen, 8. November 2019)[14]

Chinas offenbar kaum noch aufzuhaltenden Aufstieg zu verhindern, kann, so gedacht, letztlich nur die Sprache der Macht, die Bereitschaft zur kriegerischen und "kriegstüchtigen" (Pistorius) und apriori gerechten Gewalt:
Europa muss auch die 'Sprache der Macht' lernen“. Das heisst zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten – etwa in der Sicherheitspolitik. Zum anderen die vorhandene Kraft gezielter einsetzen, wo es um europäische Interessen geht. (EU-Kommissionspräsidentin v.d.Leyen, 8. November 2019)

Dem pflichtet der Attentäter vorbehaltlos bei. Ganz auf der Höhe der Zeit, ganz auf der Höhe der MSC2020 und MSC 2025, entwirft er eine, in seinen Augen, grosse, ja grossartige militärische Strategie im "New Cold War" (Heritage Foundation). Die soll es im Hinblick einer drohenden Westlessness-Welt den USA plus NATO-Anhang ermöglichen, China ein für allemal in die Schranken zu weisen. Angesichts des unvergleichlichen Zerstörungs- und Vernichtungspotenzials der USA und angesichts der gegenwärtigen, nicht weniger unvergleichlichen Aufrüstungsanstrengungen der USA, kommt der Attentäter für sich zum Schluss:

"Meine Strategie wird aktuell in den USA umgesetzt! Dies ist eine grosse Ehre für mich!" (Manifest)

Mittels USA, NATO-Anhang und eines in sich einigen Europas kann es gelingen, dass das deutsche, europäische und transatlantische Wir seine geo- und weltpolitische Relevanz und Dominanz aufrechterhalten kann - gegenüber China, Russland, Iran, Nordkorea oder sonstigen, heute noch unbekannten Rivalen weltweit.

Ausblick: Wer war der Attentäter von Hanau?

Bis in seine geheimsten Wahn-Vorstellungen, bis in sein innerstes und intimstes Gefühlsleben hinein und in seinem ganzen Wachbewusstsein, ist der Attentäter nichts all der staatsbürgerliche Widerhall der Welt, wie sie nun einmal ist. Ein Widerschein, der sich von seinen Mitmenschen, die millionen- und abermillionenfach ihrerseits ebenfalls ihre Wahn-Vorstellungen, etwa im Eifersuchtswahn und sonstigen gelebten, aber offiziell anerkannten Wahnideen und Wunschvorstellungen als innere Wirklichkeit leben und erleben, nicht unterscheidet. Wesentlich unterscheidet sich der Attentäter von seinen Mitmenschen darin, dass er so ungehalten, so wütend, so radikal wird und zur unzeitgemässen und unerlaubten Gewalt- und Bluttat schreitet.

Dass der Hanau-Attentäter hinsichtlich seines Verstandes- und Phantasiegebrauchs staatsbürgerlich durch und durch politisiert ist und daraus radikale Konsequenzen zieht, die ihn zur nichtbestellten Gewalt- und Bluttat schreiten lässt, belegen sein "Manifest" und seine Gewalttat. Das klinisch-psychiatrische Subsumtionsverfahren hingegen verwandelt die je nach Intensitätsgrad unterschiedlich ausgeprägten Stufen der Abkehr des Einzelnen von der Welt, wie sie nun einmal ist und angenommen wird, um sie mit einem ganz besonderen Selbst als nunmehr innerlich erlebte und gelebte "Wirklichkeit" wieder aufzurichten, in eine: "Krankheit". Im begriffs- und inhaltslosen Klassifikationssystem des massgeblichen ICD-10-Code (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) gewendet, wäre der Hanau-Attentäter subsumierbar unter den Klassifikationsschlüssel: F60.0 (Paranoide Persönlichkeitsstörung), bzw. F 22.0 (Paranoia), einschliesslich F22.8, der sogenannten "Paranoia querulans". (ICD-10)[15]

Im begangenen Attentat wollte der Hanau-Attentäter Avantgarde im globalen Antiterrorkrieg sein, um die Welt von "bestimmten" (Manifest) staatlichen Gebilden und ihren Völkerschaften zu befreien, deren Abkömmlinge inmitten Deutschland, sinnfälliger Weise in Shisha-Bars aufzufinden sind. Zugleich vollzog der Attentäter um seines Gerechtigkeitsempfinden willens einen für ihn ausgleichenden, gerechten Racheakt gegenüber den Behörden und der Bundesanwaltschaft, wegen der verweigerten Strafanzeige gegen die vermeintliche Missachtung seines ganz eigenen Rechtsanspruchs auf Privacy. Schliesslich richtete er seine 72-jährige Mutter und sich selbst. Sagte sie doch offensichtlich den Attentäter einige Tage nach seiner Geburt in der Badewanne haltend: „Er ist so klein ...Er ist so klein ....“ (Manifest). „Klein“ darf nichts und niemand sein in einer Welt, die Grösse verlangt.

Aber so oder so: Was ist die Gewalt- und Bluttat des Attentäters von Hanau gegenüber der staatlich anvisierten und womöglich anbefohlenen kriegerischen und kriegstüchtigen Gewalt, wenn diese gegenüber Russland oder China zur ihrerseits als gerecht empfundenen militärischen Gewalt- und Bluttat schreitet?

Manfred Henle

Fussnoten:

[11] Unter: https://www.dw.com/de/seehofer-nennt-migration-mutter-aller-probleme/a-45377457

[12] Unter: https://www.heritage.org/priorities/china

[13] Unter: https://www.heritage.org/china/report/winning-the-new-cold-war-plan-countering-china

[14] Unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/SPEECH_19_6248

[15] Vgl. Unter: https://www.icd-code.de/icd/code/F60.0.html


Quellen

• Mediendienst-Integration vom 12.2.2025, unter: https://mediendienst-integration.de/artikel/chronik-des-anschlags-in-hanau.html

• Steinmeier-Rede, Hanau, 19. Februar 2025, unter: https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2025/02/250219-Hanau-Gedenken-Anschlag.html

• G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts [1821], Frankfurt/Main, 1970: 268

• Anschlag in Hanau 2020 - Wikipedia, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Hanau_2020

• Spiegel Panorama, 21.02.2020, unter: https://www.spiegel.de/panorama/hanau-shishabars-waren-fuer-junge-migranten-ein-safe-space-a-8c5fc3d0-bddd-4152-bd90-a6f78fbbafa9

• AfD Leitantrag zum 16. Bundesparteitag der AfD in Riesa, 11. bis 12. Januar 2025, unter: https://www.afd.de/wp-content/uploads/2024/11/Leitantrag-Bundestagswahlprogramm-2025.pdf

• Der "5-Punkte-Plan", Stuttgarter Zeitung, 30.01.2025, unter: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.was-ist-der-5-punkte-plan-liste.c689f922-a1a0-4a36-8d1f-779bc3a362ee.html

• Initiative 19. Februar Hanau - Say their Names immer und laut, 5 Jahre danach, unter: https://19feb-hanau.org/wp-content/uploads/2025/01/2025_Hanau_Aufruf_rosa.pdf

• Auswärtiges Amt, Strategische Kommunikation, 10.11.2023, unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/kultur-und-gesellschaft/strategische-kommunikation

• tagesschau, 21.03.2020, unter: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/bka-hanau-101.html

• T.R., "Manifest", unter: https://pastebin.com/LfNZqjex (abgerufen am 22. 02.2025, 14:50 Uhr)

• Hessischer Landtag, 28.11.2023, Abschlussbericht, Untersuchungsausschuss 20/2, unter: https://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/4/11754.pdf

• Zeit-Online, 21.2.2020, unter: https://www.zeit.de/kultur/2020-02/hanau-rechtsextremismus-anschlag-taeter-gewalt-radikalisierung-demokratie

• Ehemaliger Bundesinnenminister Seehofer, 6.9.2018, unter: https://www.dw.com/de/seehofer-nennt-migration-mutter-aller-probleme/a-45377457

• Heritage Foundation, Counter the CCP, 2025, unter: https://www.heritage.org/priorities/china

• Heritage Foundation, Winning the New Cold War: A Plan for Countering China, March 28, 2023, unter: https://www.heritage.org/china/report/winning-the-new-cold-war-plan-countering-china

• EU-Kommissionspräsidentin v.d.Leyen, 8. November 2019, unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/SPEECH_19_6248