Zum Ostermarsch München 2024 Pressemitteilung des Münchner Friedensbündnis
Politik
Am 24.3.2024 reiste die Aussenministerin der Bundesrepublik Deutschland, Annalena Baerbock, zu Gesprächen nach Ägypten, Israel und in die „Palästinensischen Gebiete“ (AA).
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28. März 2024
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Am Tag der Abreise Frau Baerbocks setzte die israelische Armee ihre Angriffe aus der Luft auf dem Boden und vom Wasser unvermindert fort und attackierte auch die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens, wo der Grossteil der Bevölkerung Zuflucht gesucht hat. Die Bekundungen der deutschen Aussenministerin verhallen ebenso wie die ihres US-Kollegen Blinken. – Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn wer nur von der Hamas die Niederlegung der Waffen fordert und dies nicht auch gegenüber Israel tut, macht sich selbst unglaubwürdig. Dies umso mehr, als sowohl Deutschland wie auch die USA viele dieser Waffen selbst geliefert haben und weiterhin liefern. Frau Baerbock agiert ebenso wie ihr US-Kollege Blinken einseitig als Partei und verspielen dadurch ihre mögliche Rollen als Vermittler*in. Die Bemühungen Deutschlands und der USA um Herbeiführung einer Feuerpause werden demzufolge nicht ernst genommen, weder von Israel noch von der arabischen Welt.
Frau Baerbock sagt: „Die Menschen brauchen alles: Jede Kiste mit Nahrungsmitteln, Medikamenten, Wasserklärtabletten oder medizinischem Gerät zählt. Jede Kiste, die auf LKWs vor Gazas Grenzzäunen blockiert steht, ist eine zu viel. Wir lassen mit unseren internationalen Partnern nichts unversucht.“ – Der Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen ist in Wahrheit ein Tropfen auf den heissen Stein, ein gross in Szene gesetztes Spektakel, das von der Mitverantwortung Deutschlands und der USA für die humanitäre Katastrophe ablenkt. Die Hungersnot im Gazastreifen kann durch den Abwurf einiger Kisten Hilfsgüter noch nicht einmal gelindert werden.
Deutschland, die USA und die übrigen NATO-Staaten sind nicht nur in Gaza, sondern an allen Konflikten und Kriegen, die die Welt geopolitisch erschüttern, proaktiv beteiligt. Das gilt insbesondere auch für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. – Bei vielen Ostermärschen wird 2024 eine Beendigung der Kampfhandlungen und der Beginn von Friedensverhandlungen gefordert werden, so auch in München. – Frieden oder zumindest ein Waffenstillstand kann nur erreicht werden, wenn sich alle konfliktbeteiligten Seiten am Verhandlungstisch wiederfinden.
Die Welt steht näher am Abgrund einer nuklearen Katastrophe als selbst zu Zeiten des Kalten Krieges. Der Grund ist, dass alle damals etablierten Mechanismen und unterzeichneten internationalen Verträge in den letzten 10 Jahren beseitigt oder gekündigt wurden. Heute gibt es noch nicht einmal mehr vertrauensbildende Massnahmen, die deeskalierende Schritte ermöglichen würden. – Die Staaten sind auf Konfrontation gebürstet!
Auf diesem Hintergrund werden auch die traditionellen Forderungen der Friedensbewegung nach Verhandlungen, Abrüstungsvereinbarungen und Abschaffung der Atomwaffen wieder Thema sein – leider sind sie so aktuell wie nie zuvor!
Die Menschheit spürt jeden Tag die Auswirkungen von Militarisierung und Aufrüstung. Die Gewerkschaften weisen in ihrem Ostermarsch-Aufruf darauf hin, dass der Sozialstaat gegenüber dem Rüstungsstaat den Kürzeren zieht. - Die jüngsten Äusserungen des Papstes zum Ukrainekrieg lassen hoffen, dass immer mehr Kirchen und zivilgesellschaftliche Kräfte erkennen, dass der militaristischen Verengung des gesellschaftlichen Diskurses Einhalt geboten werden muss. – Hier kommt, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Presse und allen anderen Medien eine besondere Verantwortung zu!
Nach jüngsten Erkenntnissen der World Meteorological Organization ist klar, dass die in Paris beschlossenen Ziele zur Begrenzung der Erderwärmung schon jetzt verfehlt werden. – Diese dramatische Entwicklung betrifft uns alle. – Um dennoch das Schlimmste zu verhindern und die hereinbrechende Klimakatastrophe doch noch irgendwie in den Griff zu bekommen, muss die Menschheit jetzt zusammenarbeiten. Statt Milliarden für Aufrüstung und Krieg zu verschwenden, müssen die Staaten endlich zusammenarbeiten und muss die Menschheit alle verfügbaren Ressourcen bündeln.
Alle Mittel müssen für die sozial-ökologische Transformation, das Bildungs- und Gesundheitswesen, für humanitäre Hilfe und für die Sicherung der Lebensgrundlagen der Menschheit eingesetzt werden.
Waffenstillstand sofort!
Deutschland muss „kriegstüchtig“ werden, erklärt Minister Pistorius. Er meint damit nicht nur die Bundeswehr, sondern die gesamte Bevölkerung. Wir lehnen eine Politik ab, die von Krieg als dem Normalfall ausgeht statt vom Friedensgebot des Grundgesetzes. Diese Politik eskaliert internationale Konflikte und militarisiert unsere Gesellschaft. Wir wenden uns gegen die innere Militarisierung in unserem Land, die eine weiteren Rechtsent-wicklung verstärkt. Wir sind dafür, dass Deutschland nicht „kriegstüchtig“ sondern „friedenstüchtig“ wird.
Schluss mit der Aufrüstungsspirale! Abrüstung ist das Gebot der Stunde.
Täglich sterben unschuldige Menschen in zahlreichen Kriegen. Die Gefahren wachsen, denn es drohen eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine bis hin zu einem Atomkrieg, eine Ausweitung des Krieges im Nahen Osten und am Horn von Afrika hin zu einem Flächenbrand. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine muss beendet werden. Weder militärische Offensiven noch Waffenlieferungen oder Sanktionen gegen Russland haben zu Waffenstillstandsgesprächen geführt. Initiativen zur Beendigung der militärischen Auseinandersetzung, für einen Waffenstillstand und diplomatische Lösungen werden von der Bundesregierung abgelehnt.
Das Narrativ der Leidensgeschichte des jeweils anderen nicht ignorieren!
Im Gaza-Krieg sind wir solidarisch mit allen Opfern und fordern zur Beendigung des Leids der Zivilbevölkerung einen sofortigen Waffenstillstand. Weder die Existenz Israels noch die Daseinsberechtigung der palästinensischen Bevölkerung dürfen zur Disposition gestellt werden.
Die Situation in Nahost wird sich nicht auf militärischem Weg lösen lassen. Die von der Bundesregierung selbst als „restriktiv“ titulierte Rüstungsexportpolitik wird durch die – mit der vordergründigen deutschen Staatsräson begründeten – Unterstützung eines der mächtigsten und modernsten Militärapparate weltweit als Farce entlarvt. Die grausamen Bilder aus Israel und Palästina gebieten es, alles Erdenkliche zu tun, um zur Deeskalation der Lage beizutragen und eine Ausweitung der Gewalt im Nahen Osten zu verhindern.
Eine Ausweitung der Gewalt im Nahen Osten verhindern!
Unsere Solidarität gehört den Menschen in Nordsyrien und Nordirak, gegen die das NATO-Mitglied Türkei eine blutige Kriegsführung betreibt. Dieser Konflikt steht für viele andere kriegerische Auseinandersetzungen weltweit, die hierzulande kaum wahrgenommen werden. Mit ihren Waffenlieferungen giesst die Bundes-regierung Öl ins Feuer. Sie bedient dabei die Profitinteressen der Rüstungsindustrie und stützt die Vormacht-stellung der USA. Deutschland übernimmt im Rahmen von „Steadfast Defender“, dem mit über 90.000 Soldatinnen und Soldaten grösstem Manöver seit 1988 eine zentrale Rolle. Im Zusammenhang damit will die Bundeswehr zwischen Februar und Mai 2024 in den Quadriga-Manövern die schnelle Verlegung von Truppen und Material erproben.
Kriege und Rüstung weltweit gehören mit zu den Ursachen für die Zerstörung des Klimas. Sie sind verantwortlich für Hungerkrisen, Flucht und Vertreibung. Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren werden nicht bekämpft, während das Geld für Rüstung ausgegeben wird.
Die höchste Aufrüstungswelle seit dem Ende des zweiten Weltkrieges
Anstatt auf Diplomatie und Deeskalation zu setzen, steigen die deutschen Militärausgaben in einem Jahr von bisher 64 auf 85 Milliarden Euro, das ist der höchste Anstieg seit Ende des Zweiten Weltkrieges und damit ca. 1000 € pro Einwohner. Die Folge ist soziale Verelendung durch Abbau von Sozialleistungen, Bildungsausgaben und Rentenleistungen. - Wir wollen, dass unsere Steuergelder konstruktiv verwendet werden, um Kinderarmut zu verhindern, den Wohnungsbau voranzutreiben, das Bildungs- und Gesundheitssystem sowie den Klimaschutz zu verbessern und die Sozialausgaben insgesamt zu erhöhen.