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RWE first, Umwelt second: RWE will Millionenbetrag von BlockNeurath-Aktivist:innen

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RWE will Millionenbetrag von BlockNeurath-Aktivist:innen RWE first, Umwelt second

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Politik

Der Konzern RWE reichte kürzlich eine Schadensersatzklage gegen vier Personen ein, die zuvor von der Staatsanwaltschaft wegen der BlockNeurath-Aktion angeklagt worden waren.

KW Neurath von Osten.
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KW Neurath von Osten. Foto: Rolfcosar (CC-BY-SA 4.0 cropped)

Datum 4. März 2025
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Im November 2021 war das Braunkohlekraftwerk Neurath mit mehreren Ankettaktionen auf den Schienen zum Kraftwerk blockiert worden, sodass es deutlich weniger CO2 ausstiess als an normalen Tagen. Dafür will RWE von den Betroffenen jetzt 1,2 Millionen Euro Schadensersatz, wie diese im Februar erfuhren. Gegen die Klage setzen sie sich juristisch zur Wehr.

Über die letzten drei Jahre hatte RWE immer wieder angekündigt, den Schadensersatz einzufordern, war aber nie tätig geworden. Einen Tag vor Ablauf der Frist am 31.12.2024, reichte der Konzern Klage ein. Die Klageschrift umfasst knapp 900 Seiten, diese wurde Anfang Februar zugestellt. RWE möchte, dass die Betroffenen vom Gericht dazu verpflichtet werden, für die Ersatzbeschaffung des Stroms zu zahlen, der auf Grund der Blockaden nicht produziert wurde.

Sich gegen diese Forderung zu wehren ist nur mit Anwält:innen möglich, da die Klage direkt vor dem Landgericht verhandelt wird. Obwohl der sogenannte Rechtsstaat behauptet, allen Menschen unabhängig vom Geldbeutel Zugang zu Gerichten zu gewähren, gibt es hier keine Möglichkeit, sich ohne grössere Kosten zu verteidigen. "Der Staat steht hier wieder ganz klar und strukturell auf der Seite der Kapitalinteressen von RWE - nicht dass uns das noch wundert" kommentiert Eike, eine*r der Angeklagten.

Ziel einer solchen Klage ist unter Anderem die Einschüchterung der hinter der Aktion stehenden Klimagerechtigkeitsbewegung. Unter Jurist:innen wird dieses Vorgehen, um Kritiker:innen einzuschüchtern, als SLAPP-Klage bezeichnet. Dass die RWE das Geld zum allergrössten Teil nie sehen wird, dürfte ihr klar sein. Die Summe ist viel zu hoch, als dass sie in einem Leben abbezahlt werden könnte.

Während RWE sich um eine Schadensersatzforderung schert, die dieser Grosskonzern im Grunde aus der Portokasse zahlt, müssen sich die Aktivist:innen und insbesondere die von der Klimakatastrophe Betroffenen ihr Leben lang um einen Umgang mit den Folgen des Handelns RWEs kümmern. Und die deutsche Justiz schlägt in die gleiche Kerbe: Saúl Luciano Lliuya, ein peruanischer Bergführer, verklagte RWE 2015 auf die Beteiligung an Schutzmassnahmen vor Klimawandelfolgen an seinem Haus. Bis zu 0,5 % der weltweiten CO2-Emissionen sind auf RWE zurückzuführen, ein nicht unerheblicher Anteil auch auf das Kohlekraftwerk Neurath, das damals bundesweit grösste Kohlekraftwerk.

In diesem Monat, also über neun Jahre später, wird die Sache verhandelt. Wenn RWE dagegen andere Menschen verklagt, geht das Prozedere deutlich schneller, sodass im hiesigen Fall binnen einen Jahres mit dem Beginn der Hauptverhandlung zu rechnen ist.

Die Aktivist:innen sind bereit, es ein weiteres Mal mit dem ungleich stärkeren Gegner aufzunehmen. Tessa fasst es so zusammen: “Ach, RWE kann uns mal! Die checken's einfach nicht und lassen schamlos ihre Kraftwerke weiterlaufen - Klimakrise hin oder her. Und zitieren uns ständig vor Gericht als wären wir diejenigen die sich seit Jahrzehnten wissentlich die Hände schmutzig machen. Zahlt RWE die Kosten, die nach Überschwemmungen und Hitzewellen entstehen, die durch RWEs Kraftwerke verursacht wurden? So lange das nicht passiert, sehen wir auch keinen Grund, warum wir dafür haften sollen, dass sich BlockNeurath dieser Zerstörung in den Weg gestellt hat."

Während die Klimakrise in den aktuellen Diskursen kaum präsent ist, geht sie doch ungebremst weiter. "Jeder Euro, der nicht in Klimaschutz investiert wird, muss vielfach ausgegeben werden für die Klimaschäden - doch das wieder von allen, vor allem von den Menschen, die sowieso schon weniger haben, ob im globalen Süden oder hier vor Ort. Wir müssen ein Wirtschafts- und Staatssystem, welches auf diesen Ausbeutungen basiert, überwinden. Deshalb finden wir es weiter richtig, uns RWE in den Weg zu stellen." erklärt Robin, ein*e Unterstützer:in der Beklagten.

pm