In einer Überraschungsaktion hielten sie den Zug auf einer Brücke über dem Mittellandkanal an, kletterten auf den Zug und verkleiden aktuell den Autozug mit einem riesigen Banner als Strassenbahn. Der Zug bietet ein symbolträchtiges Bild, welches das Ziel der Aktivist*innen sehr anschaulich zeigt: VW soll im Wolfsburger Stammwerk künftig keine Autos mehr produzieren, sondern öffentliche Verkehrsmittel – allem voran Strassenbahnen.
Die Investitionsplanungsrunde von VW wurde von letztem Jahr auf den Frühling 23 verschoben und ist bis jetzt immer noch nicht terminiert. Aktive Gruppen in Wolfsburg bringen mit der Aktion nun einen eigenen Ergebnisvorschlag für die Planungsrunde ein: nämlich ein sofortiger Umbau der Produktion von Autos auf öffentliche Verkehrsmittel, Hand in Hand mit einem Umbau der Konzernstruktur zu einem gemeinwohlorientierten Kooperativbetrieb.
Hier einige Statements der Aktivist*innen:
„Keine Entlassungen mehr, keine Kurzarbeit, kein Totschuften für einen Umwelt-Schmutz-Konzern. Wir fordern ab sofort:
- einen Umbau des VW-Stammwerks auf ÖPNV-Produktion,
- gratis Umschulungsprogramme für alle Mitarbeitenden
- eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden oder weniger bei vollem Lohnausgleich
- Bessere Arbeitsbedingungen für Lok- und Busfahrer*innen plus Umschulungsprogramme für alle, die auf diese Berufe umsteigen wollen“
„VW gehört bereits zu 20% dem Land Niedersachsen, zu 53% der Familie Porsche-Piech und 17% dem Emirat Katar. Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert. Das darf nicht länger sein! Das Motto der Zukunft, “VW für alle” steht für einen gemeinwohlorientierten, kollektiv geführten VerkehrsWende-Betrieb, bei dem Betroffene entscheiden, was produziert wird.“
„Ein Umbau des VW-Stammwerks auf Strassenbahnproduktion bietet sichere Beschäftigungsperspektiven Allein in den zurückliegenden drei Jahren wurden in der Auto- und Zulieferindustrie bereits 90.000 Arbeitsplätze abgebaut oder verlagert. Das sind vier Mal soviel, wie in der Braunkohle in zwanzig Jahren abgebaut werden sollen. Ein Umbau des VW-Stammwerks auf ÖPNV-Produktion sichert gute Arbeitsplätze.“
Warum Strassenbahnen?
Um 900 Menschen zu transportieren braucht es im Berufsverkehr 692 Autos, 9 Gelenkbusse oder 2 Strassenbahnen in Doppeltraktion. Strassenbahnen sind im innerstädtischen Verkehr mit Abstand das leistungsstärkste Verkehrsmittel.Die Strassenbahn ist barrierearm
Strassenbahnhaltestellen liegen ebenerdig, sind schneller und bequemer zu erreichen als S- und U-Bahnhöfe. Wichtig vor allem für gehbehinderte Menschen, Menschen mit Gepäck, Rollator, Kinderwagen. Ein Zustieg ohne Aufzüge und Fahrtreppen spart ausserdem Geld bei Bau und Betrieb.Die Strassenbahn ist umweltfreundlich
Bei nur 20% Auslastung liegt der Ausstoss an Treibhausgasen als CO2 Äquivalente und Stickoxiden NOx pro Personenkilometer bei der Strassenbahn deutlich unter den Werten eines Pkw. Dabei sind die Emissionen bei der Produktion des Stroms bzw. des Treibstoffs eingerechnet (Quelle: Umweltbundesamt (2012): Daten zum Verkehr, S.32) Die Strassenbahn ist schnell Die Strassenbahn ist vor allem auf kurzen Fahrstrecken (und das sind die meisten in der Stadt) sehr schnell. Es sei denn, sie muss dauernd vor roten Ampeln warten. In vielen Städten ist dafür eine „Grüne Welle" für die Strassenbahn geschaltet.Die Strassenbahn zum Nulltarif garantiert sozial gerechte Mobilität
Kein Knast mehr für fahrscheinloses Fahren, Mobilität unabhängig zum Geldbeutel. Das garantiert die Strassenbahn, wenn sie zum Nulltarif fährt. Wenn Subventionierung und Steuerbegünstigung von Autoinfrastruktur und Industrie umgelagert wird, ist ein Nulltarif ohne weiteres finanzierbar.Mitglied des Betriebsrats bei VW in Braunschweig erklärt sich solidarisch mit der Aktion
Lars Hirsekorn, Mitglied des Betriebsrats bei VW findet solche Aktionen genau richtig und treffsicher, um VW auf eine vernünftige Spur zu weisen. In einem Statement zeigt er sich solidarisch und unterstützt die Aktion:Lars Hirsekorn, seit 1994 bei Volkswagen in Braunschweig beschäftigt. Durch die Klimadebatte von 2019, angestossen durch Greta Thünberg, hat er begonnen sich auch mit den ökologischen Auswirkungen der Produkte zu beschäftigen. Seit 2022 ist er Mitglied des Betriebsrates im braunschweiger VW Werk. Er veröffentlichte bisher mehrere Reden und Interviews. 2022 verfasste er einen Beitrag in Spurwechsel Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion VSA 2022. Angetrieben von den täglich sichtbaren Auswirkungen der Klimakrise engagiert sich der begeisterte Bergsteiger, Feuerwehrmann und Naturliebhaber für einen Umbau des Verkehrs zu kollektiven Verkehrsmitteln.
Der baumlose Harz, Gardelegen als trockenster Ort Deutschlands 2022 oder die mehr als rasant schmelzenden Gletscher machen es mehr als deutlich. Der Individualverkehr erscheint ihm, egal mit welcher Antriebsart als Sackgasse. Um ein Detroit 2.0 zu verhindern, begrüsst er die Forderungen der Klimabewegung, die grossen Automobilwerke umzubauen und dort Busse und Strassenbahnen zu produzieren.
Seiner Meinung nach ist es erstaunlich grossen Teilen der Belegschaften egal was sie produzieren, wichtig ist das Signal der Politik, endlich auch eine echte Verkehrswende einzuleiten. Die Entscheidungen der Bundesregierung und Verkehrsminister Wissing machen deutlich, das ihnen die Warnungen von Antonio Guterres völlig egal sind, und sie bereit sind gegen die Vernunft zu Handel.
Lars Hirsekorn hofft, dass es nicht noch 20 Jahre dauert, dass mit Vollgas in die Sackgasse gefahren wird.