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Wuppertal: Gedenken an Georgios Zantiotis vor dem Landgericht

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Hintergrund Wuppertal: Gedenken an Georgios Zantiotis vor dem Landgericht

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Politik

Rund zwei dutzend Menschen gedachten am 1. November beim Wuppertaler Landgericht Georgios Zantiotis, der vor drei Jahren bei einem Polizeieinsatz starb.

Gedenktafel für Georgios Zantiotis beim Landgericht Wuppertal.
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Gedenktafel für Georgios Zantiotis beim Landgericht Wuppertal. Foto: zVg

Datum 5. November 2024
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Laut Polizei rief ein Taxifahrer die Polizei, da sich seine Fahrgäste, so glaubte er, gestritten hätten. Die Polizei kam, brachte einen der beiden, Georgios Zantiotis, 25 Jahre, gewaltsam zu Boden. Seine Schwester filmte die Situation, auf der Aufnahme sind Schreie zu hören. Die Schwester erklärt, dass Georgios eine frische OP-Narbe hat, die durch die Polizeimassnahme gefährdet ist. Die Beamt*innen ignorieren die Bitte der Schwester. Sie nehmen Georgios in Gewahrsam und bringen ihn in eine Zelle des Landgerichts. Dort wird eine Blutentnahme unter Zwang durchgeführt – Georgios stirbt dabei.

Mit Kerzen, Blumen und einer neuen Gedenktafel wurde am Landgericht an Georgios Zantiotis erinnert.

Hintergrund

Über griechische Medien wird der Tod von Georgios bekannt. Auf die Nachfrage deutscher Medien gibt der verantwortliche Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert an, dass er den Tod von Georgios nicht für berichtenswert gehalten habe.

Auch nachdem der Tod von Georgios öffentlich wurde, gab es keine Aufklärung – im Gegenteil, widersprüchliche Informationen und eine Täter-Opfer-Umkehr dominierten die Berichte.Vor Fertigstellung eines medizinischen Gutachtens sprach die Staatsanwaltschaft von einem natürlichen Tod. Im Anschluss brachte sie den Tod von Georgios Zantiotis mit einem „Cocktail aus Alkohol und Drogen“ in Verbindung. Zu diesem Zeitpunkt war dies fraglich. Später wurde diese Aussage widerlegt. Doch in der Öffentlichkeit war der Tod von Georgios Zantiotis und Drogen in Zusammenhang gebracht. Entschuldigungen folgten nicht.

Ein Mensch wird gewaltsam, gegen seinen Willen und ohne Notwendigkeit festgenommen und dem Gewahrsam überführt. Dort verliert er sein Leben, unter der Gewalt der Polizei. Georgios war alleine der Willkür der Polizei ausgesetzt. Die Menschen, die dabei waren, die Cops, die verantwortlich sind haben bis heute nicht erklärt, was passiert ist. Es hat sich niemand entschuldigt. Niemand hat das eigene Verhalten öffentlich in Frage gestellt, die eigene Verantwortlichkeit an Georgios Tod thematisiert.

Warum? Waren die diensthabenden Beamt*innen in Nazichats organisiert?

War der Tod von Georgios eine Konsequenz aus einer Verabredung zu Gewalttaten im Dienst? Warum wurde ihm unter Zwang Blut abgenommen?

Auf diese Fragen gibt es weder von Polizei noch von der Staatsanwaltschaft eine Antwort, stattdessen werden Georgios und seine Familie angegriffen und öffentlich diffamiert. Auch das anschliessende Verfahren klärte diese Fragen nicht, sondern ist inzwischen eingestellt.

Die Familie hat Widerspruch gegen die Einstellung bei der Oberstaatsanwaltschaft eingelegt. Diese sieht auch keinen Grund für weitere Untersuchungen. Die Beamt*innen hätten das Recht gehabt, Georgios Zantiotis Blut abzunehmen und hätten dies getan. Dass hier ein Leben riskiert wird, obwohl keine Gefahr für Leib und Leben bestand, spielt in den Argumentationen keine Rolle. Nun hat die Familie einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Oberlandesgericht gestellt.

Dieser Fall zeigt einmal mehr: Die Polizei ist gefährlich und tödlich.

In Wuppertal wissen wir das. Seit 2018 sind hier mindestens drei Menschen durch die Polizei zu Tode gekommen. Max, Alexander und Georgios sind ihre Namen!

Dass die Polizei überall für viele Menschen sehr gefährlich ist, zeigen die vergangenen Jahre, in denen mehrere Menschen ihr Leben durch die Polizei verlieren mussten. Unter ihnen Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund. Der 16 Jahre alte Jugendliche Mouhamed, der ein Messer in der Hand hielt und laut den Betreuer*innen seiner Jugendeinrichtung davon sprach, sich selbst umbringen zu wollen, wurde von 12 Cops mit Taser und Pfefferspray angegangen und schliesslich erschossen. Die Darstellung der Polizei, sie habe in Notwehr gehandelt, wurde von der Dortmunder Staatsanwaltschaft als Schutzbehauptung entlarvt. In Dortmund läuft aktuell das Gerichtsverfahren gegen die beteiligten Beamt*innen. Auch hier ist der Ausgang ungewiss und am Ende werden auch hier viele Fragen offen bleiben.

pm