Es trat eine Verordnung in Kraft, die vorsah, jüdische Menschen in Konzentrationslagern zu sammeln. Von den ca. 40.000 Jüdinnen und Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Italien gelebt hatten, wurden 8.500 verhaftet und deportiert. 7.500 starben in deutschen Lagern. Die grössten Lager in Italien waren neben Fossoli die von San Sabba di Trieste, Bozen und Borgo San Dalmazzo.
19. Februar 1944: der erste Transport
1942 beschloss die italienische Regierung, in Fossoli ein Kriegsgefangenenlager einzurichten. Hier wurden ab Mai 1942 vor allem britische, neuseeländische und australische Soldaten aus dem Nordafrika-Krieg in Zelten interniert. Anfang 1943 ersetzte man diese durch Baracken. Nach dem 8. September 1943 wurde Fossoli Teil des deutschen Lagersystems. Ab Januar 1944 übernahmen SS-Untersturmführer Karl Titho und SS-Hauptscharführer Hans Haage mit einer 40 Mann starken SS-Einheit das Kommando. Fossoli lag an der Nord-Süd Verbindung der Eisenbahnstrecke über den Brenner und bot somit logistische Voraussetzungen als Durchgangslager zur Deportation. Am 19. Februar 1944 verliess der erste Transport Fossoli in Richtung Bergen- Belsen.Das Lager wurde jetzt in zwei Blöcke unterteilt: ein Block für jüdische Familien, der zweite für politische Gefangene (PartisanInnen, Oppositionelle, Wehrdienstverweigerer, Streikende aus Mailand und Turin… ). Während die jüdischen Menschen – zwei Drittel aller jüdischen Deportierten aus Italien wurden über Fossoli „verbracht“ – hauptsächlich nach Auschwitz kamen, so auch der Schriftsteller und Partisan Primo Levi, wurden die politischen Gefangenen in unterschiedliche Vernichtungslager gebracht: Mauthausen, Bergen-Belsen, Buchenwald, Ravensbrück oder Dachau.
Das Durchgangslager Fossoli war kein Vernichtungslager. Es gab keine Einrichtungen zur organisierten Zwangsarbeit oder zur organisierten Tötung. Trotzdem war es Schauplatz von Misshandlungen, Folter und Hinrichtungen.
Am 2. August 1944 fand die letzte Deportation statt. Danach lösten die Deutschen Fossoli aus Sicherheitsgründen auf und deportierten die verbliebenen Gefangenen nach Bozen. 70 politische Gefangene, deren Transport als zu unsicher erschien, waren einen Monat zuvor in der Nähe von Carpi erschossen worden. Zwei Gefangenen gelang auf dem Weg zur Hinrichtung die Flucht.
In den knapp sieben Monaten, in denen Fossoli von der SS geführt wurde, verliessen sieben Deportationszüge das Lager, davon fünf nach Auschwitz. Insgesamt wurden von hier etwa 5.000 Menschen deportiert.
Am Bahnhof von Carpi, von dem die Deportationszüge losfuhren, steht heute ein Gedenkstein, der an das Geschehene erinnert. Das Lager Fossoli ist mittlerweile zerfallen und von Bäumen und Sträuchern überwachsen. Seit 2002 wird das Lager in kleinen Schritten als Gedenkstätte eingerichtet. Bisher hält das 1973 eröffnete, sehr sehenswerte und beeindruckende Museo Monumento al Deportato im historischen Zentrum von Carpi die Erinnerung wach.