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Israel und Palästina oder “Sag mir wo du stehst”

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Nahost-Konflikt Israel und Palästina oder “Sag mir wo du stehst”

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Politik

Es gibt keinen sachlichen Unterschied zwischen Terrorismus und einem Freiheitskampf. Die Hagana sprengte Gleise der Briten in die Luft und wird als Sieger und als der hochanerkannte Vorgänger der Israelischen Armee auch in den Geschichtsbüchern gnädig behandelt.

Israels Raketenabwehrschirm «Iron Dome».
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Israels Raketenabwehrschirm «Iron Dome». Foto: Israel Defense Forces (PD)

Datum 29. Juli 2014
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In Wikipedia gilt der Titel “Paramilitär”, auch für die Zeit als sie noch Bomben gegen die damalige englische Regierung legte [1].

Anders erging es der Irgun Tzwa'i Le'umi, die heute als Terrororganisation gilt, und bei dem Massaker von Deir Yasin am 9. April 1948 mehr als hundert Araber tötete [2]. Ganz ohne Frage handelt es sich dabei um Extremisten, welche die eigentlich gute Sache – die Gründung eines Staates – mit ihrer Gewalt nur in Verruf gebracht haben.

Diese blutige Geschichte änderte sich auch nicht mit dem Abzug der Engländer. Auch die Gründung und Anerkennung des Staates Israel änderte nichts, denn dummerweise hatten sich nicht nur die Juden diesen Flecken Erde auserkoren, damit diese ihrem Nationalismus als fruchtbare Erde dienen möge, sondern auch die Araber. Diese standen und stehen ihren jüdischen Nachbarn in nichts nach was den Willen zum Staat angeht, und wählen bis heute die Mittel derjenigen, die nur einen Staat wollen, aber eben noch nicht haben: Bomben, selbstgebaute Raketen und andere Widerlichkeiten.

Die Mittel der jüdischen Nationalisten allerdings haben sich professionalisiert, seit die Juden in den Luxus eines eigenen Staates gekommen sind. Endlich dürfen diese nun nicht mehr für das ihnen später gar nicht sehr dankbare Deutschland den Kopf hinhalten wie noch 1914 bis 1918, sondern vergiessen ihr Blut – wie es sich für ein richtiges Volk im 21. Jahrhundert gehört – fürs eigene, weil zionistische – Vaterland.

Der selten dumme Streit um das “wir waren zuerst da”, das beide Seiten beherrschen und auskosten lenkt dabei vor allem davon ab, was beide Seiten für Zwecke verfolgen. Während die einen biblisch argumentieren, beziehen sich die anderen auf die eigene Verwandtschaft. Der kritikwürdige Nationalismus beider Seiten erfährt durch die Argumente der jeweils anderen Seite Anerkennung, wenn er sich auf ein Land bezieht, das bereits von anderen Vaterlandsliebenden beansprucht wird – ganz so als wäre das kritikable am Nationalismus nur dann vorhanden, wenn er sich nicht verwirklichen kann, weil es da noch einen anderen gibt.

“Gute Gründe” für eine der beiden Seiten zu sein, gibt es wie Sand am Meer: Die einen wurden von den Nazis als Grundübel der Welt denunziert und industriell vernichtet. Davor und danach gab es immer wieder Pogrome gegen Juden weltweit und Antisemitismus ist bis heute verbreitet. Auf der anderen Seite ist das Leben der Palästinenser im Gazastreifen seit Jahrzehnten eine einzige Zumutung. Rassistische Diskriminierung der Araber, zB. in Bussen als Reisende zweiter Klasse, sind für diese genauso üblich wie stundenlanges Warten an Checkpoints auf Durchlass durch die riesige Mauer um “the territories”, wie die palästinensischen Gebiete in Israel genannt werden. Regelmässige Angriffe der israelischen Armee sorgen wie zuletzt immer wieder für hunderte Tote auf arabischer Seite.

“Gute Gründe” sind nun aber etwas ganz Anderes als die notwendige Erklärung einer Sache, um die sich längst niemand mehr in dieser radikalen Linken schert.

So wird alles Mögliche herbei fantasiert:

- Israel sei ein Schutzraum für Juden; das sagen vor allem Antideutsche, die zumeist angeblich Feinde des bürgerlichen Staates seien und nur bei Israel alles anders sehen. Da ist der Staat plötzlich nicht mehr Herrschaft, der sein Menschenmaterial kalkulierend für seine Interessen im Libanon, dem Gazastreifen und manchmal auch woanders verheizt, sondern eine einzige Institution für die Juden. Wenn diese selbst staatskritisch sind und Wohnungsnot in Tel Aviv und Lohnkürzungen mal nicht zionistisch-national (wie die deutschen Gewerkschaften) in einen Schrei nach dem Staat artikulieren, sondern statt dessen Israel fundamental kritisieren, dann sind diese Juden nach antideutscher Lesart allemal Antisemiten.

- Palästina hat auf jeden Fall das Recht auf einen eigenen Staat, was Antiimperialisten behaupten, die vom Imperialismus scheinbar keine Ahnung haben. Rechte werden bei diesen Linken scheinbar nicht von einem Staat vergeben – wieso es auch keinen Staat gibt, der selbst “berechtigt” wurde zu entstehen (auch die USA hat England nicht um Erlaubnis gefragt, als sie sich gründete). Statt Krieg und brutaler Gewalt gegen Gewalt entdecken diese Freunde des palästinensischen Willens nach einer eigenen Nation also ein einziges Verbrechen der Juden darin, ihren netten Nachbarn ihren eigenen Staat zu verweigern. Nach diesem Verständnis – steht jedem Araber das Recht zu, von einem Araber beherrscht zu werden.

- Antideutsche wie Antiimps sind beide darin einig, dass ihre jeweiligen Zöglinge etwas ganz Besonderes sind – und manchmal vermuten sie das auch – dann als Rassismus beklagt – von der Gegenseite. Während Töchter, Söhne und Enkel von Holocaustüberlebenden aus antideutscher Sicht nichts mehr verdient haben als endlich Kanonenfutter unterm Davidstern zu sein, sind die Araber keine Nationalisten ohne Staat, die eben zum Mittel greifen, das auch die Juden verwendeten: Gewalt und Terror gegen den Staat, der den eigenen verhindert. Stattdessen sind Araber mit ihrer Begeisterung für Nationalismus der Untergang des Abendlandes, unzivilisierte Barbaren und natürlich gegen die Schwulenehe. Spätestens seit Pussy Riot und Putin die neuen Indikatoren für die Ausstellung von Berechtigungsscheinen für zivilisierten Nationalismus nach dem Geschmack der AntiDs sind. Da wird auch schon mal über die minderwertige Kultur der Araber hergezogen, so dass selbst ein deutscher Stammtisch als Hort der Türkenfreundlichkeit wirken kann.

Andersrum: Für die Araberfreunde ist Israel nicht einfach nur ein bürgerlicher Staat, der gegen bewaffnete Separatisten kämpft und wie jeder andere bürgerliche Staat sein Gewaltmonopol behaupten will. Statt bürgerlicher Demokratie schreien Antiimps immer gleich vom “faschistischen Israel”, weil sie im Grunde doch bürgerliche Deppen sind, die nicht glauben wollen, dass ein bürgerlicher Staat im permanenten Kriegszustand eben für seine Interessen auch die Zivilbevölkerung wegräumt. Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung vor mehreren Jahrzehnten, geht diesen Linken so nahe, als ob sie ansonsten die grössten Freunde der Idee wären, dass ein Volk zu seinem Boden gehört und ohne diesen untergeht.

Der Forderung “Sag mir, wo du stehst!”, die von beiden Lagern penetrant erhoben wird, sollte man sich konsequent verweigern. Das gerade da, wo der bürgerliche Staat seine hässliche Seite zeigt, beide nach “realistischen” Vorschlägen schreien, ist bezeichnend. Geben sich Antiimps und Antideutsche beide gerne als Anarchisten oder Kommunisten aus, vergessen sie ihre Staats- und Nationalismuskritik sobald es ernst wird. Da ist für die Antideutschen “zur Zeit eben kein Kommunismus möglich” und deswegen Israel die einzige Chance gegen den Antisemitismus. Während aus dem gleichen Grund natürlich für die Araber nur Hilfe in einem eigenen Staat zu suchen sei. Beide werden also wo es ernst wird zu braven Bürgern, die sich Gewalt und Krieg nicht aus den Staaten erklären und aus der Bereitwilligkeit der Leute, sich für die ihren aufzuopfern, sondern präsentieren gerade wenn die Bomben fliegen, diese auch noch zur einzigen “realistischen” Lösung. Ganz so als wäre es wirklich ein Problem, dass Araber und Juden zusammen leben und nicht erst unter der nationalistischen Brille der Beteiligten.

Berthold Beimler