Anlass des Veröffentlichungsdatums und der umfassenden Überarbeitung ist das Inkrafttreten des ILO-169-Abkommens zum Schutz der Rechte Indigener Völker in Deutschland am 23. Juni 2022. Ein Jahr zuvor hat der Bundestag mit grosser Mehrheit die Ratifizierung dieser Konvention beschlossen.
Der Verantwortung entziehen sich die Bundesregierung und die DB auch ein Jahr nach dem Erscheinen der ersten Auflage des Reports und trotz direkter Kritik und öffentlichen Protests. So gab die Bundesregierung nach einer parlamentarischen Anfrage falsch an, dass das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in das Tren „Maya“ Projekt „eng eingebunden“ sei und daher keine Bedenken an der DB Beteiligung bestünden. In Wirklichkeit kritisiert das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte das Projekt und bemängelt insbesondere die unzureichende Konsultation der Indigenen Bevölkerung – Kernbestandteil des ratifizierten ILO-169-Abkommens.
Der 83-seitige Bericht wird am 20.06.2022 auf folgenden Websites frei verfügbar für alle bereitgestellt: https://deinebahn.com/ und: https://www.ya-basta-netz.org/tren-maya-made-in-germany/
In den folgenden Tagen und insbesondere am 23.06. werden auf den Websites und in den sozialen Medien (über Twitter auf @AgRecherche) weitere Materialien bereitgestellt. Ab dem 23.06. wird dann anlässlich des Inkrafttretens des ILO-169-Abkommens öffentlich intensiv auf die Veröffentlichung des Reports hingewiesen.
Eine spanische und englische Übersetzung der Neuauflage ist in Arbeit, die erste Version von 2021 ist bereits auf Spanisch und Englisch unter den oben genannten Links zugänglich.
Tren Maya „Made in Germany“
Vor einem Jahr hat eine internationale „Recherche AG“ den Report „Tren Maya Made in Germany“ veröffentlicht. Erstmals wurde in Deutschland die Beteiligung der DB Engineering & Consulting am Megaprojekt offengelegt, belegt ist die Beteiligung auch über parlamentarische Anfragen [1].Das vom mexikanischen Militär verwaltete Infrastrukturprojekt im Südosten Mexikos führt zu massiver Umweltzerstörung, einer enormen Militarisierung der Region an der Grenze zu Guatemala und den bedeutenden Migrationsrouten aus Mittel- und Südamerika sowie der Karibik und: Es missachtet und verletzt systematisch die Rechte der Indigenen Völker in den betroffenen Territorien: Es kommt zu Enteignung und Vertreibung der Indigenen Völker, Gegner:innen des Projekts erhalten Morddrohungen und insbesondere ihr im ILO-169-Abkommen festgelegtes Recht zu vorheriger Konsultierung wurde nicht erfüllt.
Dies beklagen die Indigenen Völker selbst, darüber hinaus sprechen UN-Institutionen wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte von der Missachtung der ILO-169 Konvention und unzureichenden Konsultierungen. Auf eine weitere parlamentarische Anfrage hin, welche die Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen anführte, behauptete die Bundesregierung, dass einige UN-Institutionen – u.a. das OHCHR – in das Projekt „eng eingebunden“ seien. Diese Aussage ist falsch und steht im direkten Widerspruch zur Kritik des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte und entsandter UN-Sonderberichterstatter am Projekt [2].
Die DB-Beteiligung am „Maya“-Zug verstösst gegen das heute in Kraft tretende ILO-169-Abkommen, da es sich um ein Unternehmen im Staatsbesitz befindet, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages weist auf die Weisungsbefugnis der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Deutsche Bahn und alle ihre Subunternehmen hin […]. „Aus dieser Achtungsverpflichtung erwächst die politische Verantwortung der Deutschen Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz indigener Rechte – spätestens ab Inkrafttreten der ILO 169 für Deutschland und die Deutsche Bundesregierung am 23. Juni 2022 – in ihrem Einflussbereich gewährleistet wird. Diese Achtungsverpflichtung ist keine politische „Kann“-Bestimmung, sondern eine „Muss“-Bestimmung […]" [3]. Wir fordern auch auf dieser Grundlage den sofortigen Rückzug der DB Engineering & Consulting aus dem Tren „Maya“ Projekt und fordern das zuständige Bundesministerium für Verkehr und Digitales auf, ihre Weisungsbefugnis entsprechend auszuüben.
Aus dem Vorwort der Neuauflage: „Die vorliegende aktualisierte Neuauflage enthält neue Informationen zum aktuellen Baustand des Tren 'Maya' und der Beteiligung der deutschen und weiteren europäischen Unternehmen. Neue Konzerne werden erstmals benannt. Auch die Verantwortung der deutschen 'Fortschrittskoalition' aus SPD, FDP und Grünen wird deutlicher herausgearbeitet. Aktivistinnen* aus Mexiko kommen ausführlicher zu Wort, und der Widerstand in Deutschland und Europa ist durch Berichte, Redeausschnitte und zahlreiches Bildmaterial erstmals dokumentiert. Die internationale Vernetzung der Kämpfe ist unter anderem in den letzten Monaten durch die 'Karawane für das Wasser und das Leben' in Mexiko und in der aktuellen Karawane gegen den G7 Gipfel in Elmau sichtbar und spürbar.“
Das ILO-169 Abkommen und die Rolle Deutschlands
Am 23. Juni 2021 hat die Bundesrepublik Deutschland die Konvention über indigene und in Stämmen lebende Völker von 1989 (Nr. 169) der ILO (International Labor Organisation) ratifiziert. Die ILO-Konvention Nr. 169 ist das einzige international verbindliche Instrument, das sich umfassend und spezifisch mit den Rechten indigener und in Stämmen lebender Völker befasst. Zentral ist u.a. das Recht indigener Völker, konsultiert zu werden, bevor Megaprojekte in ihr Territorium eindringen [4].Die Ratifizierung des Abkommens wurde nach langem Zögern im Jahr 2021 von allen heute in der Regierungskoalition vertretenen Parteien gefordert. „Das Abkommen gilt für Nationen, nicht für Einzelpersonen oder Unternehmen. Aber es verbietet Deutschland die Finanzierung von Projekten und Organisationen, welche indigenen Gruppen ihr Land streitig machen. Auch Vorhaben, denen die Zustimmung der lokalen Gemeinden fehlt, dürfen nicht unterstützt werden. Die grüne Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Margarete Bause stellte eine Verbindung zum Lieferkettengesetz her und sagte der taz: 'Unternehmerische Sorgfaltspflichten gelten auch gegenüber Indigenen.'“ [5]
Ein Jahr nach der Ratifikation – am 23.06.2022 – tritt das Abkommen in Kraft. Wir fordern nun das Respektieren und die Durchsetzung des Abkommens. Die Bundesregierung muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um Beteiligungen und Unterstützung von Projekten, welche die Rechte der indigenen Völker verletzen, sofort zu unterbinden. Konkret fordern wir heute die Bundesregierung und insbesondere das verantwortliche, da weisungsbefugte, Verkehrsministerium auf, die Beteiligung der sich in Bundesbesitz befindenden DB Engineering & Consulting am sogenannten „Maya“-Zug Projekt im Südosten Mexikos zu stoppen.