Offener Brief an den österreichischen Bundespräsidenten Zur Impfpflicht in Österreich
Politik
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, in Ihrer Rede vom 19. November 2021 haben Sie davon gesprochen, dass es nicht nur Menschenrechte, sondern auch Menschenpflichten gibt.
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24. November 2021
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Die Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen, gehört allerdings mit Sicherheit nicht dazu! In einer funktionierenden Demokratie gibt es immer mehr als nur eine Meinung.
Es gibt sehr gute Gründe dafür, sich gegen Corona impfen zu lassen.
Es gibt aber auch sehr gute Gründe, die dagegen sprechen, und zwar Gründe, die nicht etwa den krausen Gehirnen rechtsradikaler Verschwörungstheoretiker entstammen, sondern von seriösen, weltweit ankerkannten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vertreten werden, zu denen sogar zwei Nobelpreisträger zählen.
Nun ist es aber leider so, dass impfkritische Stimmen in den staatsnahen und staatsabhängigen Medien schon seit längerer Zeit kein Gehör mehr finden, weil ihre Argumente negative Auswirkungen auf die angestrebte hohe Impfquote haben könnten.
Aber auch wenn man eine Warnlampe zuklebt, ist die von ihr angezeigte Gefahr immer noch vorhanden.
Vor anderthalb Jahren wurde noch behauptet, dass sich ab einer Immunitätsrate von 70 % eine sogenannte Herdenimmunität einstellen würde. Inzwischen wissen wir, dass diese Prognose zu optimistisch war:
Ein Land wie Dänemark, wo 87 % der erwachsenen Bevölkerung geimpft sind, befindet sich bereits wieder mitten in der nächsten Coronawelle, und Gibraltar mit einer Impfquote von 100 % weist mittlerweile sogar wieder eine 7-Tages-Inzidenz von 1.056 (!) auf, was ziemlich genau der Inzidenz Österreichs entspricht.
Der grösste Vorteil der Impfung wäre der gewesen, dass dadurch genügend Zeit gewonnen worden wäre, um unser Gesundheitssystem an die Erfordernisse einer Pandemie anzupassen, sprich: Verdopplung der intensivmedizinischen Kapazitäten plus Einschulung und Anstellung des dafür benötigten Personals.
Diese naheliegenden, alternativlosen und absolut unverzichtbaren Massnahmen wurden von unserer Regierung verabsäumt, aus welchen Gründen auch immer. Stattdessen wurden in einer beispiellosen Hetzkampagne zwei Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger pauschal zu Sündenböcken erklärt, was so gut funktioniert hat, dass viele Menschen unseres Landes ungeimpften Personen grundsätzlich nur noch mit Misstrauen, Hass und Ausgrenzung begegnen, als wäre ihr Impfstatus allein schon ein verabscheuenswürdiges Vergehen.
Die Gräben, vor denen Sie bereits mehrmals gewarnt haben, sind längst traurige Realität. Aber sie sind nicht zufällig entstanden, sondern wurden vielmehr von unserer Regierung durch die vorsätzliche Verunglimpfung und Dämonisierung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe ganz bewusst herbeigeführt, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.
Es ist hoch an der Zeit, sich wieder bewusst zu machen, wer eigentlich unser Gegner ist, nämlich nicht etwa jene Menschen, die sich aus Sorge vor möglichen Nebenwirkungen oder Spätfolgen eines neuartigen Vakzins nicht impfen lassen wollen, sondern ein hoch infektiöses Virus, das man mit den bisher angewandten Mitteln zwar eindämmen, aber nicht besiegen kann. Zur Bewältigung der Krise müssen alle einen Beitrag leisten:
Die einen dadurch, dass sie sich impfen lassen, und die anderen durch regelmässige Testungen und eine bewusste, freiwillige Reduktion ihrer sozialen Kontakte und ausserhäuslichen Aktivitäten.
Die Einführung einer Impfpflicht ist jedoch der falsche Weg, weil er in eine demokratiepolitische Sackgasse führt, aus der man nicht mehr so leicht herauskommt.
Es liegt in der Natur des Menschen, erfolgreiche Strategien beizubehalten. Und wenn es unserer Regierung gelingt, mithilfe einer autoritären Massnahme ihr Ziel zu erreichen, wird sie dieses Erfolgsrezept bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit erneut anwenden, und wieder und wieder und wieder.
Wo Menschen zur Vernunft gezwungen werden, beginnt bereits die Diktatur.
In den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts galt es beispielsweise noch als grundvernünftig, Kernkraftwerke zu befürworten. Kernkraft wurde damals sogar als die allersicherste Form der Energiegewinnung propagiert, denn ein schwerer Unfall, so behauptete man, würde sich höchstens einmal in einer Million Jahren ereignen.
Spätestens seit Tschernobyl und Fukushima wissen wir es besser.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die derzeit verwendeten Impfstoffe schwerwiegende Spätfolgen verursachen könnten, wird von den meisten Fachleuten als sehr gering eingeschätzt. Aber sie ist nicht gleich Null, aus dem einfachen Grund, weil es dazu aus zeitlichen Gründen noch keine einzige Langzeitstudie gibt.
Und sollten die Impfskeptiker wider Erwarten recht behalten, so wären Millionen und Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt davon betroffen.
Daher ersuche ich Sie dringend, kraft Ihrer Autorität als Bundespräsident dieser Republik der Einführung einer Impfpflicht ab 1. Februar 2022 eine Absage zu erteilen. Freundliche Grüsse
Der Autor ist Schriftsteller und Bibliothekar und wohnt in St. Georgen im Attergau