Bablers erfolgreiche Kandidatur Österreich: Durchschnaufen und durchtauchen
Politik
Bei der SPÖ beschleicht einen das Gefühl, dass man dort nicht genau weiss, was man jetzt anstellen soll.
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27. Juli 2023
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Zweifellos ist es leichter, solch einen Coup zu setzen als die Zukunft zu gestalten. Dass dieser Streich überhaupt hat glücken können, verwundert nach wie vor. Vor einigen Monaten noch ist Andreas Babler maximal als Juxkandidat für ein höheres Parteiamt gehandelt worden. Innerhalb wie ausserhalb der Partei hatte man sich da kräftig verrechnet.
Nach dem Fiasko um die Wahl des Vorsitzenden im Frühjahr leckt der Apparat nun die Wunden und wirkt ziemlich weggetreten. Im Zustand der Narkose ist er nur noch ein Schatten vergangener Tage. Durchschnaufen und durchtauschen ist angesagt. Aktuell will man dort nur eines: Fehler vermeiden. Attacken auf die neue Spitze sind daher aus dieser Ecke nicht zu erwarten. Aber das wird sich ändern, sobald die peinlichen Ereignisse vergessen sind und die Funktionäre sich vom Schock erholt haben.
Auch Babler will keine Fehler machen und bedient zur Zeit fast ausschliesslich die Defensive. Ihm ist es aber gelungen, der Sozialdemokratie die mentale Wärme zurückzugeben. Seit Bablers erfolgreicher Kandidatur sind über 15.000 Mitglieder der Partei neu oder wieder beigetreten, nur wenige haben sie ob des vermeintlichen Linkskurses verlassen. Viele fühlen sich besser aufgehoben seit es ihn gibt. Ob daraus allerdings schon ein besonderes Mass an Zustimmung und Zugkraft ableitbar ist, darf bezweifelt werden.
Die bunte Combo der Babler-Fans ist etwa in den Gremien kaum oder gar nicht vertreten. An diesem Manko wird sich wenig ändern. Ob diese Elemente einen Aufbruch bewerkstelligen können, ist fraglich, sind sie doch auch weitgehend unorganisiert und unerfahren. Die Neuaufstellung wird also schwierig. Durchaus wahrscheinlich ist aber, dass eine geeinte und integre SPÖ dem Aufstieg der FPÖ am ehesten Parole bieten kann. Von Grünen oder Volkspartei ist da wenig zu erwarten. Die Sozialdemokraten werden bei den Nationalratswahlen 2024 ganz auf „Babler oder Kickl?“ setzen. Zum Ärger der ÖVP wird das auch aufgehen.
Als Bürgermeister der Gemeinde mit dem grössten Flüchtlingslager in Österreich, hat Babler dort einiges weitergebracht und auch aufgeheizte Stimmungen in den Flüchtlingsfrage entschärfen können. Bundespolitisch versucht er die soziale Karte zu spielen. Immer noch und immer wieder geht es um Arbeitsplätze und Arbeitszeitverkürzung, solide Pensionen und leistbares Wohnen, Bildung und Gesundheit für alle, und natürlich Reichenbesteuerung und Umverteilung.
Hat Babler eine tragfähige Erzählung oder wärmt er nur alte Geschichten auf? Etwas retro wirken Programm und Schwerpunkte dieser Kreisky-Revival-Band allemal. Atmosphärisch handelt es sich um ein Arbeitertümeln light. In vielen anderen Fragen (Ukraine, Pandemie, Europäische Union, Werte) sind die Positionen der SPÖ hingegen nicht von denen der regierenden schwarz-grünen Koalition oder dem medialen Mainstream zu unterscheiden.
Wozu der gewiefte Babler noch imstande ist, wird sich weisen. Wohin die Reise der SPÖ geht, ebenso. Zu erwarten ist, dass es keine allzu grosse Tour werden wird, sondern alles im abgesteckten Rahmen sich bewegt. Der moralische Input ist grösser als der inhaltliche Output. Die SPÖ bleibt weiterhin angeschlagen, aber sie ist erleichtert. Es ist wieder auszuhalten. Die Laune war schon schlechter.