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Infoladen Kasama: Zeitzeugnis autonomer Gegenkultur

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Zeitzeugnis autonomer Gegenkultur Infoladen Kasama

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Politik

Der Infoladen Kasama in Zürich entstand Ende der 1980er Jahre als Ort der Gegeninformation. Seither haben sich die Ausgangslage und die Bedürfnisse der autonomen Bewegung an ihre Treffpunkte verändert, doch das Lokal hält sich bis heute.

Infoladen Kasama.
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Infoladen Kasama.

Datum 16. August 2024
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Das Konzept der Infoläden entspringt der autonomen Bewegung der 1980er und 1990er Jahre und dient der Verbreitung von Gegeninformation der radikalen Linken. Infoläden sind unkommerzielle Orte, die zum Verweilen, Zeitschriften lesen und Diskutieren einladen. Auch Sitzungsräume, Archive, Verpflegung, Veranstaltungen, Filme, Infomaterial gehören dazu.

Ein wichtiges Merkmal von Infoläden ist auch ihre Organisationsform: Es sind Zusammenschlüsse von Gruppen und Einzelpersonen, die sich kollektiv organisieren, um einen selbstverwalteten Treffpunkt zu betreiben. Gemeinsamer Nenner ist nebst dem Grundkonsens gegen Staat, Nation, Rassismus, Patriarchat und Kapitalismus der Raum an sich. Zentrale Organisationspunkte sind das Aufrechterhalten der Infrastruktur und das Gestalten der Inhalte. Eine Broschüre über die Infoläden in der Schweiz betont den Vernetzungscharakter: «Die Infoläden wollen ein Berührungspunkt [...] sein, wo das Bewusstsein einer neuen Welt am Entstehen ist. Es geht darum, Informationen zirkulieren zu lassen, den Austausch zu fördern, eine Debatte in Gang zu bringen, Kampagnen anreissen und/oder mittragen.»

Gedächtnis autonomer Bewegungen

Der Infoladen Kasama entstand 1990 in Zürich. Er wurde als Ergänzung zum 1986 gegründeten internationalen Widerstandsarchiv geschaffen, einem Projekt aus der autonomen Linken im Kulturzentrum Kanzlei, welches unzählige Broschüren, Zeitungsausschnitte und Bücher angehäuft hatte. Das Kasama befand sich gleich um die Ecke des Archivs, in den besetzten Häusern an der Bäckerstrasse.

Kasama bedeutet auf Tagalog (eine der vielen philippinischen Sprachen) «einen Weg zusammen gehen», was sich auch mit «Freundin» oder «Genossin» übersetzen lässt. Nach der Räumung des Squats an der Bäckerstrasse wurde im Jahr 1992 ein Verein für das Kasama gegründet. Diese Formalisierung stellte die Basis des Infoladens sicher und ermöglichte mehr Kontinuität.

Nach einem kurzen Abstecher an die Anwandstrasse befand sich der Infoladen Kasama während zehn Jahren an der Klingenstrasse, bevor er 2004 wieder zurück in den Kreis 4 zog. Seit nun über zwanzig Jahren befindet sich der Infoladen Kasama im Hinterhof der Militärstrasse 87a, direkt neben dem freien Lokalradio «LoRa». Das Kasama konnte in diesem Lokal mit dem Widerstandsarchiv vereint werden, in welches unterdessen auch das Häuserkampfarchiv integriert wurde.

Räume für die Selbstorganisierung

Infoläden bilden Räume, in denen sich die ausserparlamentarische Linke organisieren kann. Aus dem Kasama entstanden immer wieder grössere Projekte, wie beispielsweise im Jahr 2006 das «Flüchtlingscafé Refugees Welcome», welches nebst einem Mittagstisch auch ein Politisierungs- und Organisierungsort für Geflüchtete und solidarische Menschen bot. Getragen wurde das «Flüchtlingscafé» durch Menschen aus dem Kasama-Umfeld, dem Bleiberecht-Kollektiv, Exilorganisationen aus dem globalen Süden, sowie Asylsuchende und Sans-Papiers.

Um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen, besetzten sie Ende 2007 über während mehr als zwei Wochen die Predigerkirche, organisierten Demos zum Ausschaffungsknast in Kloten oder vor der unterirdischen Notunterkunft in Uster. Ausserdem wurden im Rahmen des «Flüchtlingscafés» Migros-Gutscheine, die abgewiesene Asylsuchende und solche mit Nichteintretensentscheid als sogenannte Nothilfe erhielten, gegen Bargeld eingetauscht und an solidarische Menschen weiterverkauft.

Das Kasama heute

Früher war der Infoladen Kasama täglich geöffnet, so dass man zum lesen und Kaffeetrinken vorbeikommen konnte. Heute wird der Raum vor allem als Raum für Veranstaltungen und Sitzungen benutzt, sei es durch beständige Organisationen und Gruppen oder für punktuell entstehende Bündnisse. Dem Grundsatz der Vernetzung und Organisierung ist der Infoladen also treu geblieben.

Wie eine Betreiberin des Infoladens Rabia in Winterthur in der bereits zitierten Broschüre treffend beschreibt: «Der Laden stellt für mich auch ein Freiraum dar, um mich mit mehr oder weniger Gleichgesinnten zu treffen, um zu diskutieren, zu streiten oder was zu organisieren. Ein Infoladen ist auch nur das, was die Leute, die ihn benutzen, daraus machen.» Das gilt genauso für den Infoladen Kasama: Es liegt an uns allen, nicht nur dafür zu sorgen, dass die Miete bezahlt und die Infrastruktur aufrechterhalten werden kann, sondern vor allem, dass die Räume mit Inhalten gefüllt werden. So leben und überleben Infoläden als Orte der Gegenkultur.

oa-zh

Dieser Artikel erschien in der 1. Mai-Zeitung der Organisierten Autonomie Zürich.