Meist verursacht oder verschlimmert er diese sogar. Der Staat basiert auf einem auf Profit und Kapitalien aufbauenden System und seine Handlungen dienen dazu, eben dieses System zu erhalten. Gleichzeitig muss seine Herrschaft mit "symbolischer Gewalt" einhergehen, was bedeutet, dass die Beherrschten ihre eigene Beherrschung als legitim ansehen. Würden die Beherrschten staatliche Autorität nicht mehr als legitim ansehen, würden sich diese nicht mehr beherrschen lassen und der Staat bräche zusammen. Durch die herrschende neoliberale Agenda, einhergehend mit dem rasanten Fortschreiten der Digitalisierung, sehen wir uns aktuell mit einer immer stärkeren Autoritarisierung der staatlichen Herrschaft konfrontiert.
Rasante Autoritarisierung in allen Bereichen
So sehen wir, wie sich in den letzten Jahren die Repressionsmöglichkeiten der Polizei multiplizieren. Neue Polizeigesetze1 brachten uns elektronische Fussfesseln, Präventivgewahrsam und immer mehr Videoüberwachung2. Für letzteres wird in Hamburg und Mannheim bereits sogenannte "intelligente Videoüberwachungstechniken" angewendet, die unklare Algorithmen verwendet, um Bewegungsprofile zu erkennen und somit Störenfriede ausfindig zu machen3. Mittlerweile ist es dank neuer Versammlungsgesetze in NRW4 strafbar, sich so ähnlich zu kleiden wie andere Demonstrant*innen.Versammlungen können verboten werden, wenn die Polizei sagt, deren Teilnehmer*innen wären aggressiv oder diese trügen ähnliche Klamotten. Jede Straftat von jemanden aus einer Demo kann für alle anderen Demoteilnehmer strafbar sein. Zusätzlich darf Mensch von der Polizei bis zu 14 Tage eingesperrt bleiben, wenn diese behauptet, er hätte eine Straftat begangen. Die Polizei kann somit willkürlich Menschen in den Knast bringen, die nicht ins Bild passen. In Berlin und Hessen sind ähnliche Gesetze in Vorbereitung.
Dazu passiert es immer häufiger, dass politische Aktionen und Demonstrationen willkürlich verboten werden5. Von Versammlungsfreiheit kann keine Rede sein. Vorwände wie Vermummung oder Auflagenverstösse werden immer gefunden. Rund um die Ereignisse um Lina E. hat sich gezeigt, dass Versammlungen willkürlich aufgelöst, verboten oder angegriffen werden können, falls die Polizei mit dem Inhalt der Demo nicht einverstanden ist. Ein "Versammlungsrecht" gibt es de facto nicht und längst werden Versuche, Demonstrationen abzuhalten, durch bewaffnetes Auftreten, unerfüllbare Auflagen, willkürliche Verbote und mittlerweile standardmässige Angriffen und "Auflösungen" von Demos mit der falschen Meinung immer weiter eingeschränkt. Ganz zu schweigen von vorhergehenden "Aussehens-" und "Gesinnungs"- Kontrollen für Anreisende an Demotagen,6 wie in Leipzig geschehen.
Auch das Sperren von halben Städten oder Errichten von Kontrollzonen durch die Polizei über Stadteile hinweg soll Demonstrationen bekämpfen. Auch werden Aktivist*innen, wie kürzlich von der "Letzten Generation", willkürlich in „präventiven Gewahrsam“ genommen7. Dies eröffnet der Regierung die Möglichkeit, alle Menschen, die sie aufgrund ihrer Meinung nicht mag unter dem Vorwand, sie könnten "eine politische Aktion durchführen", gefangen zu nehmen. Dazu kommen Hausdurchsuchungen als Einschüchterung gegenüber Aktivist*innen, egal ob diese friedlich waren, nur Tweets geteilt haben oder wegen anderen fadenscheinigen Gründen - so geschehen bei einem Sozialarbeiter, der über den vermummten Staatsanwalt berichtete, welcher zur Auflösung der Tag X Demo in Leipzig beitrug. Das Ganze erinnert an einen dystopischen Totalitarismus. Der Polizeistaat ist längst Realität.8
Gleichzeitig nehmen Morde durch die Polizei zu, wie zum Beispiel bei Mohammed Lamine Drame aus Dortmund9. Polizist*innen setzen immer enthemmter Schusswaffen gegen Minderjährige ein. Immer mehr Menschen werden misshandelt, verletzt oder getötet von denen, welche die Gesetze und ihre Durchsetzung nicht fürchten müssen. Schlagzeilen von Menschen, die bei Polizeieinsätzen oder in U-Haft sterben, machen wöchentlich die Runde.10 Menschenunwürdige Behandlungen sind in U-Haft Standard, wie zum Beispiel bei dem in Leipzig gefangen genommenen Aktivist welchem krampfhemmende Medikamente vorenthalten wurden, so dass besagter Mensch daraufhin einen Krampfanfall erlitt. Um die Gewalt gegen Menschen noch effizienter durchzusetzen und diesen zu schaden, wird die Polizei zudem mit Tasern ausgestattet, die auch tödlich wirken können.11 Mittlerweile werden sogar Polizeiroboter zur Durchsetzung der Staatsherrschaft gebaut, noch "nur" zur Beobachtung eingesetzt und stehen auf Bedarf bereit, um uns zu überwältigen.12
Zusätzlich werden immer häufiger biometrische Daten erfasst und verwendet, seien es Bilder der Ohren oder Gesichtserkennungen, um auch die letzten Anonymen zu finden und ggf. einzusperren, wenn diese eine andere Meinung vertreten, als die staatlichen Gesetze es vorgeben. Auf EU-Ebene setzen sich die Regierungen für mehr Spielraum beim Einsatz von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum und beim Reisen ein13, während sich die polizeiliche Anwendung bereits in den letzten Jahren verdoppelt hat. Die Deutsche Bahn teilte mit, in Bahnhöfen verstärkt Überwachungskameras sowie Bodycams14 bei Kontrolleur*innen einzusetzen, um auch jedem Nicht-Reichen das Recht auf Mobilität zu verwehren. Sogar Bullenpräsenz in den Zügen wird weiter forciert. Ein Gesetz, welches die Kontrolle von Altersbeschränkungen (und damit Identitätsfeststellungen) im Internet und die biometrische Abgleichung von Gesichtern auf Überwachungskameras anhand der Lichtbilder von unseren Ausweisen ermöglicht, wurde bereits verabschiedet.15
Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die Grenze der staatlichen Autorität weltweit aufgesprengt.16 Menschen wurden unter Androhung von Strafen in ihrem Zuhause eingesperrt und es wurde ihnen verboten, sich mit Freund*innen zu treffen. Menschen in Altersheimen mussten sich unter Androhung staatlicher Gewalt komplett isolieren. Es wurden Demonstrationen verboten, feiernde Jugendliche wurden von der Polizei gejagt.17 (Gesundheit)-Daten wurden zur polizeilichen Überwachung genauso benutzt wie zum Separieren unserer Gesellschaft.
Akteure des Überwachungskapitalismus, wie die Konzerne um „ID2020“, Bundesdruckerei, der Rüstungskonzern Thales oder IBM versuchten – teilweise mit Erfolg – über Impfkampagnen und Impfpässe, digitale Identitäten, Zertifikate und Verifzierungs- und Überwachungsinfrastrukturen auszurollen und weiter auszubauen. Auch Staaten und überstaatliche Organisationen kooperieren mit diesen Akteuren und bringen digitale Register, „Gesundheitsdatenräume“ und ähnliches auf dem Weg, deren Zwecke staatliche Kontrolle und Profite für das Kapital sind.
Der Ausnahmezustand wurde dazu verwendet die wenigen Machtbegrenzungen, die im System der BRD bestanden, vollkommen auszuschalten. Das Parlament wurde zugunsten eines nicht-gewählten Rates ausgehebelt, der aus von der Regierung auserlesenen „Experte*innen“ bestand und als Entscheidungsträger*innen über unsere Grundbedürfnisse urteilen sollte. Was das bedeutet, haben wir gesehen: Ohne digitalen Identitätsnachweis war in Zeiten von Corona eine Teilhabe am Leben fast unmöglich. Noch mehr Beispiele, wie sich die Autoritarisierung des Staates in der Corona-Zeit bemerkbar für uns machte, haben wir versucht hier in unserem Text "Auch wir haben gesehen" zusammenzufassen.18
Im Ausnahmefall ist alles möglich und „eine starke Führung“ kann auf der Stelle implementiert werden, das haben wir gelernt. Es gilt zu befürchten, dass dies wieder passieren kann, ob zur Abwehr von als böse Terrorist*innen verunglimpften Linksextremist*innen, Anarchist*innen oder Globalisierungsskeptiker*innen. Auch die oberste Justiz ist keineswegs eine neutrale, regulierende Institution zur Machtbegrenzung, wie an den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts z.B. zur Beibehaltung der Strafsanktionen für Empfänger*innen von Hartz-4 und des bayerischen Verfassungsschutzgesetzes zu sehen ist. An diesen Urteilen war auch der aktuelle Präsident des Bundesverfassungsgerichts beteiligt. Als CDU-Mitglied und ehemaliger Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag war er selbst für autoritäre Gesetze und Entscheidungen verantwortlich, über die er nun urteilen darf.
Ein weiteres Beispiel wie gewaltsam die staatliche Autorität um sich greift, zeigt sich an der bestehenden Grenzpolitik. Die Interessen der Nationalstaaten werden von Frontex und CO gewissenhaft über Leichen gehend verteidigt.19 Auch die deutsche Bundesregierung (bestehend u.a. aus SPD und Grünen mit welchen auch von Antifaschist*innen viel kooperiert wird) verwehrt allen, die nicht das „Glück“ hatten in Europa geboren worden zu sein und nicht als wirtschaftsrelevant genug gesehen werden, gewaltsam den Zutritt.20 Erst jüngst wurde von der derzeit herrschenden Ampelregierung ein neues Gesetz zur Verschärfung der EU Grenzpolitik mitgetragen und jubelnd verabschiedet.21 Immer wieder werden Menschen getötet, welche die ungerechten staatlichen Gesetze nicht akzeptieren. Erst letztens hat das staatliche Verbot von Freizügigkeit hunderte vor Pylos umgebracht.22Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze ist ebenso mehr als besorgniserregend. Anarchist*innen des No Borders Kollektivs berichten ausführlich über die Lage vor Ort, um nur einige wenige Beispiele zur tötenden Grenzpolitik der Nationalstaaten zu nennen.23
Staatstrojaner werden und wurden eingesetzt, um unsere Handys zu überwachen. Mit der Spyware Pegasus überwacht der Staat diejenigen, die er als Gefahr wahrnimmt.24 Gleichzeitig sammeln Unternehmen fröhlich unsere Daten und basteln Big-Data-Listen und vervollständigen ihre Profile von uns, mit denen sie das Verhalten der Menschen nicht nur analysieren sondern auch beeinflussen und lenken wollen. So soll z.B. an den Bahnhöfen der SBB in der Schweiz die biometrische Massenüberwachung auch für die Auswertung und „Optimierung“ des Konsumverhaltens der Reisenden verwendet werden. Mobilität nur gegen Kontrollierbarkeit und Daten. Auch In Deutschland ist ein rein digitales 49€ Ticket eingeführt worden, dass Bewegungsdaten der Reisenden erfassen soll, so dass der Staat und/oder grosse Unternehmen in Zukunft schon wissen könnten, wo wir uns wann, wo mit wem aufhalten, wenn dann doch einmal beschlossen werden würde, solche Daten zu verknüpfen und eindeutig Personen zuzuordnen (z.B. zum „Kampf gegen Linksextremismus“ oder andere, beliebige und austauschbare Vorwände).
Auch die prekären Verhältnisse von Studierenden nutzt der Staat aus. Um die dringend benötigte 200€-Einmalzahlung zu erhalten, mussten sich Studierende ein BundID Konto anlegen und es wurde forciert, dass diese auch ihren digitalen Ausweis aktivieren. So möchte der Staat uns dazu zwingen uns „freiwillig“ Überwachbar und kontrollierbar zu machen. Ebenso wird die schleichende Abschaffung von (bisher anonymen) Bargeld und die Ersetzung von nicht egalitären und nicht anomyen Bezahlungswegen vorangetrieben, damit auch unsere Ausgaben damit überwachbar und kontrollierbar sind und wirklich niemand mehr der Staatsgewalt entkommen kann, es sei denn mensch überlebt ohne Geld.25 Auf leider nicht mehr so abwegige Horror-Szenarien, wie die rasante Verbreitung von KIs und die technischen Menschverbesserungen, soll hier gar nicht weiter eingegangen werden, könnte aber ganze Textsammlungen füllen.
Die Korruption in der deutschen Politik ist ebenfalls am Boomen. Seien es Maskendeals26, "Asebaidschangeschäfte"27 oder Spenden28, die nicht angegeben werden. Und das sind nur die Fälle, die wir kennen. An Verantwortlichen wie Spahn, Amthor und Zensursula von der Leyen prallen diese Fälle ab oder sie werden auch noch „nach oben befördert“. Das System der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie scheint weder Mechanismen noch ein grosses Interesse zu besitzen, die Praxis der Korruption zu unterbinden. Die EU ist am Ende auch nichts weiter als ein absolut undemokratisches, eher oligarchisches Gebilde, in denen die Mächtigen und Reichen möglichst effizient herrschen können. Korruption ist das Tagesgeschäft, (Tech-)Konzerne bestimmen die Agenda und von relevanter Mitbestimmung der Menschen fehlt jede Spur. Gleichzeitig werden Faschist*innen wie Meloni freundlich aufgenommen und eingebunden, trotz aller Beteuerung irgendwelcher „europäischen Werte“.
Es bleibt eine Herrschaft der Politiker*innen und der Reichen in der wir leben und sie wird immer unegalitärer. Da passt es, dass auch und insbesondere die EU immer neue autoritäre Gesetze einführt. Zur Zeit bereitet sie unter durchschaubaren Vorwänden eine Chatkontrolle vor, mit welcher jegliche digitale Kommunikation einschliesslich Audio-Aufnahmen und auch verschlüsselte Kommunikation präventiv und in Echtzeit überwacht werden soll. Auch "digitale Identitäten" und ähnliches wird auf den Weg gebracht. Damit werden eindeutig unsere Grundrechte nach und nach beiseite geräumt und der Grundstein für weitere Repressionsmöglichkeiten in Folge der Totalüberwachung gelegt, deren Netz durch die Kombination einzelner Massnahmen und Gesetze immer enger wird.
Falls ein Vorhaben wie die Chatkontrolle zum Beispiel mit dem geplanten Gesetz zur "digitalen Gewalt" von Justizminister Buschmann (FDP) kombiniert würde, welches auch Identifizierungspflichten im Netz vorsieht, würde das bedeuten, dass alles, was wir mit unseren Freund:innen schreiben, überwacht und abgestraft werden kann. Selbst das "Schlechtreden" eines Restaurants oder Betriebs und Beleidigungen können als Straftat ausgelegt und verfolgt werden. Damit wird und soll wohl auch ein Klima von Angst und Unsicherheit bei den Menschen erzeugt werden, zum Beispiel mit Polizei und Gefangennahme Bekanntschaft zu machen, wenn mensch sich nicht (über)vorsichtig und zurückhaltend genug im Gruppenchat ausdrückt. Netzaktivist*innen sprechen inzwischen von den grössten Überwachungsreformen aller Zeiten. Diese ganzen Entwicklungen erinnern sehr an an die Totalüberwachung die man aus klassischen autoritären Staaten kennt. Linksautonomer Protest oder Widerstand ist dagegen bisher aber Fehlanzeige.
Eure Daten werden auf eure Kosten von kapitalistischen Unternehmen zu Geld gemacht und vom Staat dazu benutzt euch jede Sekunde im Blick zu behalten. Es geht dabei immer um Macht, Profite und Kontrolle, damit wir uns genau so verhalten wie sie es wollen und falls nicht, wir entsprechend bestraft und drangsaliert werden. Es scheint, als würden wir in Zukunft nur noch Zugang zum Leben haben, wenn wir im Austausch mit unseren Daten bezahlen und uns Autoritäten rundum überwachen können.
Mit oberflächlichen Argumenten wird versucht, das legitim aussehen zu lassen, wie dass es ein gesellschaftliches Fordern nach allumfassender Digitalisierung gebe und Narrative wie "Deutschland hängt im Prozess der Digitalisierung hinterher", was sich zu ändern habe und mit mit ein paar Komfortversprechen schmackhaft gemacht wird. Dabei nutzt die Digitalisierung, wie sie von Staat und Konzernen vorangebracht wird, nur diesen, nicht aber den meisten Menschen, deren Einfluss und Mitbestimmung darauf weder gewünscht ist, noch deren Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Nicht zuletzt spielt unser Umgang mit dem "Smart"phone eine grosse Rolle und ihnen die Karten zu - Immerhin nutzen rund 60 Millionen Menschen ein solches Gerät und es soll ihnen zukünftig noch schwerer gemacht werden, darauf zu verzichten.
Alles in Allem sehen wir uns in einem in Rekordzeit autoritarisierenden kapitalistischen Polizei- und Überwachungsstaat, welcher uns immer mehr beherrscht. Wir sehen uns in eine totalitäre Dystopie reinschlittern, und keinen interessiert es, wie es scheint. Wir fordern mit diesem Text, diese Entwicklungen wahrzunehmen und dagegen zu kämpfen!
Autorität ist fest verankert in der Bevölkerung - Die Linke macht mit
Zum Punkt der Legitimität der Herrschaft ist auffallend, wie sehr staatliche Autorität Zuspruch bekommt. Gerade anlässlich der vielen Krisen schreien die Menschen förmlich nach einem starken Staat. Die krisenbedingten Unsicherheiten mit gegenseitiger Unterstützung zu beseitigen, klingt für viele offenbar zu befremdlich. So brauche es vermeintlich eher eine starke Führung und viel Militanz im Russland-Ukraine-Krieg; so helfe gegen die steigende Kriminalität mehr Polizist*innen und gegen die Klimakrise helfen nur Verbote. Generell scheint der Ruf nach Sicherheit und damit einhergehenden autoritären Praktiken wie der Überwachung in der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen zu werden. Sei es die Gefahr durch angebliche "Messer-Migranten", durch "Terrorismus", durch Pandemie und Klimakatastrophe oder ein Glaube an den "Fortschritt der Technik" - für jedes Klientel findet sich eine Rechtfertigung.Wer nicht mitmachen möchte, hat wohl etwas zu verbergen und wer von Freiheit (abseits neoliberaler Deutung) spricht, sieht sich schnell dem Vorwurf der „Unsolidarität“ begegnet. Nach Krawallen und dem Widersetzen gegen Polizei und Gesetze wie in der Silvesternacht in Berlin, verfallen die Menschen in blinde Panik und fordern mehr Herrschaft, mehr Repression und Polizei. Für die Sicherheit der Reichen soll unsere Autonomie weichen. Egal ob links oder rechts, es wird mit Begriffen wie „der Wahrheit“, „der Wissenschaft“ oder „Fake-News“ argumentiert. Andere Meinungen werden nicht in die Bubble gelassen und Diskursoffenheit ist verpönt. Autoritätsargumente wie „Der hat das gesagt“ oder „Das steht so im Gesetz“ stehen hoch im Kurs. Wissenschaftskritik war mal.29 Linke bis hin zu Linksradikale fangen weiter an sich zu autorisieren.
Klimagruppen, welche sich telbst teilweise dem linken bis linksradikalen Spektrum zuordnen oder diesem nahestehen und die wir für ihre autonomen Aktionen durchaus schätzen, seien es „Ende Gelände“ oder die „Letzte Generation“, appellieren sehr oft oder fast ausschliesslich an den Staat, von dem sie Verbote, repressive Politik und sogar Notstände einfordern. Wir fragen uns, was die Appelle an den Staat sollen, dieses oder jenes Verhalten endlich gesetzlich unter Strafe zu stellen und am Ende auch bedeutet Menschen, einzusperren. Hierdurch werden nämlich auch Menschen gegängelt, welche eventuell durch eine andere Sozialisation, prekäre Verhältnisse oder ähnliche Gründe gar nicht in der Lage sind, sich ausschliesslich "klimafreundlich" zu verhalten. Es zeigt sich, dass auch die geforderten "Notstandsgesetze" gar nichts bringen und gegen die Menschen selbst verwendet werden. Das beste Beispiel ist das repressive Vorgehen des Staates gegen eben jene Klimaaktivisti.
Der Staat wird unsere Probleme nicht lösen
Machen wir uns nichts vor: An den Staat zu appellieren bringt uns nicht weiter im Klimakampf, denn am Ende gewinnen wir dadurch nichts. Verbote ändern keine Meinungen, sondern sorgen am Ende nur dafür, dass die Menschen, deren Verhalten jetzt sanktioniert wird, uns hassen, weil wir diese Verbote fordern. Verständnis wird damit nicht erreicht und der Kapitalismus wird weiter dafür sorgen, dass Menschen das Klima für Profite ausbeuten. Diejenigen, die die Probleme verursachen, können sie nicht lösen.30Gegen klimaschädliches Verhalten hilft am Ende nur der Diskurs und eigenes Verhalten. Es geht darum, toleranter zu werden, Communities zu gründen und möglichst viel Gegenstruktur aufzubauen, die unabhängig von staatlicher Herrschaft funktioniert und in der Profit nicht das Ziel ist. In dieser könnten wir klima- und umweltfreundlich(er) leben (ein Text zu diesem Thema ist in Arbeit). Demnach sollten wir alle bei autoritären Regulierungen durch den Staat wachsam sein, auch wenn sie grün angestrichen sind und vorgegeben wird, die Klimakrise zu bekämpfen. Sie wird weiter geschürt, so lange dieses Systems erhalten bleibt. Weisen wir dieses Handeln also zurück als das, was es ist: Symbolische Gewalt staatlicher Herrschaft, Schockstrategie und hohle Versprechungen.
Der Staat hat keine priorisierte Absicht die Klimakrise aufzuhalten, ist sie doch Resultat seines Bestehens. Solange die Industriestaaten Gewinne machen und innerhalb ihrer Konkurrenzkämpfe nach immer mehr Macht streben, ist ihnen die Zerstörung der Lebensgrundlagen bestenfalls zweitrangig. Sie ist sozusagen das Resultat der modernen Welt. Gewiss wird es mit voranschreitender Klimakatastrophe auch staatlicherseits und innerhalb des kapitalistischen Systems einige Veränderungen geben – Diese werden wohl so aussehen, dass sie vor allem mehr Befugnisse der Herrschenden zulassen, um in Anbetracht der durch die ökologischen Krisen bedingten sozialen Krisen, Aufstände und Umbruchbestrebungen ihre Macht zu erhalten und das Elend zu verwalten. Es macht also demnach absolut keinen Sinn an den Staat zu appellieren und den grüngewaschenen Autoritarismus zu akzeptieren, wenn es darum geht Klimaschutz umzusetzen!
Antifaschismus, welcher sich mehr staatliche Autorität wünscht, um den Staat ausschliesslich gegen Faschos zu verteidigen, die ihn übernehmen und den Staat dann selbst autoritärer machen zu wollen, ist für uns kein nachhaltiger Antifaschismus sondern ein widersprüchlicher. Der totalitäre Staat ist doch gerade ein Hauptmerkmal des Faschismus. Antifagruppen, welche gegen jene Faschos und ihre Unterstützer*innen kämpfen (die zu bekämpfen natürlich auch wichtig und richtig bleibt) die erst durch verschiedene bestehende Probleme erstarken können, führen einen unvollständigen Kampf, wenn sie sich nicht auch gegen die Ursachen und Verursacher*innen (z.B. im Bundestag) richten.
In jedem Fall ist es ein Fehler, es den Faschos zu überlassen, sich mit ihren menschenverachtenden Ideologien und vorgeblichen Lösungsversprechen als Widerständige gegen tatsächliche soziale Missstände oder ungerechte Politik inszenieren zu können, indem gegen die Missstände gar nicht vorgegangen wird oder gar die akuten Probleme und ihre Verursacher*innen verharmlost oder sogar in Schutz genommen werden. So verständlich Aktionen gegen Querdenker*innen und die Friedensquerfont in vielen Fällen auch waren, so befremdlich ist es für uns auch, dass sich ähnliche Aktionen und vergleichbar grosses Engagements nicht auch mal gegen den Staat, die Kapitalist*innen in der Corona-Krise oder gegen Militarismus richteten und richten.
Wie gesagt, Faschismus ist per Definition neben seinen Elementen des Nationalismus und Rassismus auch nicht viel mehr als ein System mit einem sehr totalitären und autoritären Staat. Und gegen die Totalität und Autorität der Staates zu sein, egal ob dieser jetzt von CDU, AfD oder Ampel regiert wird, ist in unseren Augen essentiell für einen nachhaltigen Antifaschismus. Übers ganze Land verstreut können wir stattdessen Antifa-Ortsgruppen sehen, die mit den Regierungsparteien zusammenarbeiten.
Oft wirken ihre Analysen unvollständig und ihr Vorgehen fragwürdig bis kontraproduktiv, wenn sie beispielsweise mit überzogener Kontaktschuld, Ad-Hominems und einem Unverständnis von Sozialisation pauschal alle Konservativen, alle Friedensaktivist*innen und alle Hippies zu Nazis umdeklarieren. Unter anderem verharmlost das nämlich letztere und Desensibilisiert erstere bzw. grosse Teile der Gesellschaft dafür, was Nazis sind und was sie so gefährlich macht. Gruppen wie „Antiverschwurbelte Aktion“ denken schon lange nicht mehr in inhaltlichen Kategorien, sondern eher in guten und bösen Akteuren. Mit „Wir impfen euch alle“ wurde repressiver Zwang und Gewalt propagiert und die patriarchale und staatstragende Wirkung dieser Forderung wurde bis heute nicht reflektiert.
Uns fehlt, dass die Verbindungen zwischen den sozialen Kämpfen und der staatlichen Herrschaft oft nicht hergestellt werden. Viele anti-autoritäre Gruppen versuchen dies zwar (für anitautoritäre Gruppen eigenltichen das mindeste), viele (die meisten) Linke oder Linksradikale tun dies aber nicht. Wir sehen die Herrschaft der Männlichkeit, die Herrschaft der Reichen und die Herrschaft der Weissen, als autoritäre Strukturen, die auf Eigentum oder Macht aufbauen. Je mehr der Staat an Autorität gewinnt, desto mehr werden die in ihm lebenden Menschen überwacht werden, je mehr Repression möglich ist, desto mehr wird sie zum Einsatz kommen, um diese Herrschaftsstrukturen zu erhalten und sicherzustellen. Die Klimakatastrophe ist ein Produkt von Staaten, von autoritären Staaten, um genau zu sein – sie können daher nicht die Lösung sein.
Fehlen von Antiautorität in der linken Szene
Autoritäre Strömungen und Tendenzen im grossen Spektrum der Linken sind nichts Neues. Autoritäre Bestrebungen der "modernen Linken" erreichten jedoch in der Corona-Pandemie ihren Höhepunkt in der BRD. Das staatliche Unterstrafestellen von Grundbedürfnissen, wie sozialer Teilhabe wurde nicht nur von links ignoriert, sondern sehr oft sogar beklatscht bzw. gefordert.Die digitale Überwachung durch Luca-App oder Gesundheitspass wurde schweigend akzeptiert und absurde Massnahmen wie Ausgangssperren und die damit verbundene Repression teilweise bejubelt oder verschwiegen. Von vielen linken Akteuren wie der Seebrücke, der Linksjugend, der IL, etc. (von denen wir einige sehr gut finden), wurde der „totale Lockdown“ in Form von „ZeroCovid“ gefordert. Anhand von Ländern, die diesem Ansatz folgten, konnten wir sehen, dass das keine positiven Effekt auf die Gesundheit gehabt hätte, dafür aber zu dystopischen Zuständen nach dem Motto „Einsperrung per Dekret“ zur führen hätte können. Dies betrübt uns noch immer, da wir viele Menschen aus diesen Gruppen und ihre Engagements gerade bei der Seebrücke, sehr schätzen und besagte Haltungen einfach nicht verstehen können.
Für viele Linke stellten auch die unsinnigsten, rein zum Ausbau von Autorität gewählten Massnahmen der Regierung keinerlei Problem und somit keinen Anlass für merkliche Proteste dar, wie dass ein Rat von 17 nicht gewählten Herrschenden per Knopfdruck über Grundrechte entschied, oder dass die Polizei die Daten durch 2G-Nachweise, Tracing- und Luca-App zur Fahndung gegen uns benutzte. Das interessiert(e) scheinbar wenig. Autorität von oben wurde teilweise zur „Sicherheit von Oben“ bis hin zur "Solidarität" umgedeutet. Bis heute fehlt es an Aufarbeitung oder kritischen Selbstreflexionen der Gruppen und Individuen, die „ZeroCovid“ unterschrieben oder die Kontrolle digitaler Gesundheitspässe gefordert und umgesetzt haben.
Während zumindest ein grundlegendes Verständnis des Begriffs Klimaschutz in den Leit- und Folgemedien auf Dauersendung läuft, sich Queerfeminismus zum Glück immer grösserer Beliebtheit erfreut und sich jede:r etwas unter „Antifa“ vorstellen kann, ist antiautoritärer Anarchismus leider weiterhin ein Begriff, der kaum einzuordnen gewusst wird. Falls doch, dann hat er für die meisten eine negative Konnotation. Während antiautoritäre Massenorganisationen fehlen und entsprechende Initiativen an einer Hand abzuzählen sind, kann Antirassismus teilweise Mediendiskurse bestimmen und Klimaschutzbewegungen können zeitweilig den „Mainstream“ dominieren.
Formen des Antirassismus, Antifaschismus, Feminismus und Klimaschutz haben aber auch gemeinsam, dass sie von einigen Akteuren staatlich und kapitalistisch gedacht bzw. interpretiert werden könnten und teilweise auch davon vereinnahmt oder darauf reduziert versucht werden. Dies steht im Gegensatz zum Antiautoritären, dass den Kampf gegen jede Autorität und Herrschaft, auch die des Staates und des Patriarchat ins Zentrum stellt und selbstverständlich Antifaschismus, Feminismus, Klimaschutz, Antikapitalismus und Antirassismus als grundlegende und essentielle Teile dieses Kampfes begreift.
Antikapitalistische Kritik ist in der deutschen Öffentlichkeit merklich unbeliebter als andere linke Kämpfe. Aber zumindest sind kommunistische Argumente und gewisse Persönlichkeiten bekannt und einige Organisationen bestreiten sogar exklusiv den antikapitalistischen Kampf. Einige anarchistische oder anti-autoritäre Organisationen bezeichnen sich als Anarchokommunistisch (viele Antifagruppen benutzen dies auch als Sammelbegriff). Spätestens seit der Corona-Pandemie, aber auch bei Betrachtung der Organisationsform linker Gruppen, entsteht bei uns der Eindruck, dass der von ihnen beschriebene Kampf gegen kapitalistische private Akteure doch wichtiger ist, als die Aktion gegen den Staat, der oft gar nicht als der kapitalistische Akteur erkannt wird, der er aber nunmal ist.
Die Thematisierung von digitaler Kontrolle, Repression und Autorität durch den Staat, die Bestandteile und Bedingungen des Kapitalismus sind und dessen Aufrechterhaltung dienen, scheint in diesem Anarchokommunismus wohl eine untergeordnete Rolle zu spielen. Gruppen wie die IL, widmen dem Kampf gegen Staat und Autoritarisierung kaum ein Wort. Einige Organisationen, wie „Die Plattform“ versuchen anarchistische Werte in massentaugliche Strukturen der Klima- und oder Antifabewegung einzubringen. Bisher leider mit wenig Erfolg, wenn wir uns alleine anschauen, wie kapitalistisch die Klimabewegung und wie autoritär die Antifabewegung teilweise geworden sind. Selbst einige selbsternannte Anarchos und (antiautoriäre) anarchistische Gruppen scheinen das Thema Autoritarisierung des Staates oder der Kampf gegen eben diesen Staat nicht unbedingt in den Vordergrund zu stellen. Die in der Öffentlichkeit bestehenden Seiten thematisieren die von uns angesprochenen Themen selten.
Für "selbsternannte" Anarchist*innen in Social Media, dort präsente Gruppen mit entsprechender Reichweite, wie zum Beispiel Anarchismus.de oder den FDA, scheint die autoritäre Transformation des Staates kaum von Belang. Das verwundert uns sehr, da viele dieser Gruppen und Akteure ansonsten auch viele andere wichtige Themen ansprechen. Ist doch aber der Kampf gegen den Staat und seine Autorität nicht auch einer der Hauptaspekte des Anarchismus?
Um es noch mal ganz klar zu sagen: Die Fixierung auf massentaugliche Kämpfe wie Antirassimus, Feminismus und Klimaschutz sind absolut nichts Schlechtes. Ganz Im Gegenteil: Sie sind wichtig und unerlässlich. Ebenso wichtig ist jedoch auch, dass die bestehenden Herrschaftsweisen, welche die entsprechenden Probleme verursachen und für Diskriminierung sorgen, angesprochen und zum Thema gemacht werden.
Wir verstehen nicht warum der übergeordnete Aspekt des Antiautoritären, der Kampf gegen die staatliche Autoritarisierung, wie oben detailreich beschrieben, so kurz kommt und von den meisten „linksradikalen“ Gruppen nichtmal erwähnt wird, geht dieser doch mit dem Kampf gegen Rassismus, Faschismus, Ausgrenzung, Sexismus etc. einher. Wir fragen uns, warum gegen die Versammlungsgesetze in NRW oder die Verschärfung der Polizeigesetze in Bayern deutlich weniger Menschen auf die Strasse gingen als gegen die Klimakatastrophe, warum die Erpressung des Staates hin zu digitalen Identitäten und Bewegungskontrollen sowohl beim Covid-Pass, als auch beim 49€ Ticket oder der BundID wenig wahrgenommen werden und warum der Ausbau der digitalen Überwachungs- und Kontrollgesellschaft bzw. entsprechender Infrastrukturen so wenig thematisiert werden.
Wir verstehen nicht, warum diese Kämpfe nicht auch zusammen gedacht werden, wo doch der Staat mit seiner Autoritarisierung gerade die Grundlagen für unsere Kämpfe immer weiter erschwert, Handlungsspielräume immer weiter einengt und Aktivist*innen damit bekämpft. Wir verstehen nicht, warum Befürchtungen vor staatlichen Ausnahmezustands- und Notstandsregimes z.B. durch Krieg, weitere Pandemien und noch andere Krisen so gering sind und die Opposition auch zum ganz „beiläufigen“ Ausbau des biometrischen Überwachungs- und digitalen Kontrollstaates bei den meisten linksradikalen Gruppen eher geschwunden zu sein scheint.
Ergänzung: Grosse Teile des Textes enstanden bereits vor den Ereignissen von Leipzig. Inzwischen sehen wir, dass nach den Geschehnissen in Leipzig die Gefahr durch Autoritarisierung zumindest etwas mehr innerhalb der Linken wahrgenommen wird. So gab es viele Diskussionen über Polizeirepression und „autonome“ Gruppen machten kurzzeitig auf die Problematik von Demoverboten, Hausdurchsuchungen, Angriffe der Polizei und Autorität aufmerksam. Es freut uns, dass inzwischen mehr Aufmerksamkeit für die Entwicklungen in Richtung Polizeistaat und bei der staatlichen Repression vorhanden zu sein scheint. Noch bleibt eine Bewegung, politischer Anschluss und grösserer Protest und Widerstand gegen die genannten Entwicklunegn aus. Auch eine Gesamtkontextualisierung der Repression als staatliche Autorität scheint zu fehlen. Trotzdem sehen wir Anfänge für eine grössere antiautoritäre Bewegung in der Linken und wir plädieren für deren Ausbau!
Anschluss für von Autoritarismus und Repression betroffenen herstellen
Wir möchten dies gerne klar thematisieren und darauf hinweisen, dass wir nicht wirklich frei sind, solange wir weiterhin Autorität und staatliche Narrative reproduzieren. Wir sollten unserer Meinung nach also klar thematisierten auf welchen Herrschaftsstrukturen unsere Kämpfe aufbauen und somit keinen autoritären Klimaschutz, keinen staatlichen Antifaschismus und keinen Feminismus, der von reichen Männern diktiert wird, anstreben. Es wird dabei auch argumentiert, dass die Menschen durch die reale Erfahrung von Herrschaftsformen wie Sexismus, Rassismus etc. auf die Herrschaft aufmerksam werden, da sie eben für die meisten erfahrbar ist. Wir denken, dass auch staatliche Herrschaft, die sich z.B. durch digitale Kontrolle und polizeiliche Repression äussert, absolut erfahrbar für die Menschen ist.Sei dies durch den Zwang zum Ausweisen mit (digitalen Gesundheits-)Pässen, dem Ausschluss und der Repression durch Grenzen, widersinnig autoritären Corona-Massnahmen, den Bezug der Energiepauschale per Online-Ausweiszwang, der Digitalzwang beim 49€ Ticket, das Reduziertwerden auf Personenkennziffern und das vollständige Ausgelesenwerden als Teil von „Registermodernisierungen“, „Gesundheitsdatenräumen“, Big-Data-Profilerstellungen und bei Asylverfahren, den Erfahrungen mit der Polizei, welche diese sinnlosen Gesetze durchsetzt und rassistische Gewalt ausübt, die Auswirkungen der Versammlungsgesetze auf Demonstrationen und Proteste, die bald zu erwartende Auswirkung auf private und allgemeine Kommunikation- und Informationszugänge durch Vorhaben wie der Chatkontrolle, eIDAS usw.
Jedes Verbot und jede Massnahme betrifft auch die Menschen, welche sich nicht als "anarchistsich" bezeichnen und sie sollen das mit Verweise auf eine höhere Macht, wie "Demokratie", den "Rechtsstaat" oder den „technischen Fortschritt“ widerstandslos akzeptieren. Hier fehlt es an Anschluss. Ein Mensch, der rassistische Erfahrungen gemacht hat, kann diese zumindest heutzutage in einigen Fällen besser einordnen, da es einen grösseren und hoffentlich weiter wachsenden gesellschaftlichen Anschluss in Form einer grossen Protestbewegung, Argumente, Gruppen und verbreitete Narrativen gibt. Dasselbe ist in den letzten Jahren auch mit den Feministischen und LGBTQAI-Communities passiert.
Hier wurde sehr viel gute und wichtige Arbeite geleistet, einen Anschluss von und für Menschen herzustellen, die diskriminierende Erfahrungen gemacht haben. Argumente und die Auseinandersetzung mit Beherrschungserfahrungen wurden mehreitstauglicher und werden inzwischen viel eher angenommen als noch vor einiger Zeit. Dasselbe würden wir uns auch für die Menschen wünschen, die von staatlicher Autorität, der Polizei, unsinnigen Gestzten, sowie dernen gewaltsame Durchsetzung und digitalem wie analogem Autoritarismus betroffen sind. Für diese gibt es derzeit kaum Anschlussmöglichkeiten. Narrative sind nicht mehrheitsfähig, Strukturen und Organisationen gibt es wenige und wenn, wird der Gesamtkontext der staatlichen Herrschaft ausgeblendet. Argumente sind oft schwer zugänglich.
Ziel dieses Textes ist es, für die Schaffung eines solchen Anschlusses zu plädieren, so dass Menschen, die Herrschaft und Gewalt erfahren, diese einordnen können und ihnen auch konkret geholfen werden kann. Wie schön wäre es, wenn ein Mensch, der von den Bullen geschlagen oder erniedrigt wird, diese Erfahrung in einer grossen Anti-Repressios-Organisation teilen könnte und sofort Verbündete und Beistand findet (die nicht ggf. in Parteien angesiedelt sind welche für den Polizeiapparat sorgen). Wie schön wäre es, wenn ein Mensch, der von seinem Vermieter überwacht wird, dies in antiautoritären Texten wiederfinden und den Kampf dagegen sofort in der antiautoritären Bewegung auf die Strasse tragen könnte.
Wie schön wäre es, wenn jede*r wüsste, wie die eigenen Daten am besten geschützt werden können, weil es zugängliche Texte und Thematisierung dazu gibt. Wie schön wäre es, wenn grundsätzliche Fragen autoritärer Herrschaft und polizeiliche Repression im Mainstream hinterfragt werden könnten, ohne dass entweder kein Verständnis oder eine ablehnende Haltung zu erwarten sind. Wie schön wären Massenproteste gegen die Chatkontrolle oder gegen Präventivhaft für Aktivistis, welche die tatsächlichen Problemverursacher ansprechen. Gäbe es eine solche Antiautoritäre Bewegung könnte sie stark gegen den Push des Überwachungskapitalismus zur digitalen Kontrollgesellschaft ankämpfen, sie könnte Alternativen zu Ausnahmezuständen abseits staatlicher Autorität und neoliberaler Rücksichtslosigkeit anbieten und auch so etwas wie eine neuerliche Verschärfung von Versammlungsgesetzen beim nächsten Mal verhindern. Gründen wir die Antiautoritäre Bewegung!
Noch ist es nicht zu spät: Stellen wir den Anschluss her, sorgen wir dafür, dass der Gesamtkontext der Herrschaftsstrukturen von Rassismus, Transfeindlichkeit oder Sexismus sich genau so verbreiten wie die Schuld der Staaten am Klimawandel. Verbreiten wir das Wissen über die Vorhaben zur digitalen und analogen Überwachung und warum und wie wir uns dagegen wehren sollten, die Drohung einer uneingeschränkten Totalität in Ausnahmesituationen und die Autoritarisierung in den Strukturen der Herrschenden, ihrer Polizei und Militär. Wirken wir den wachsenden Tendenzen und Akzeptanzen für das Autoritäre in der Gesellschaft entgegen. Sorgen wir für Anschluss für die von Repression und Autorität Betroffenen. Bauen wir Gegenstrukturen unabhängig von Geld, Nation und Staat auf, um unsere Inhalte und Lebensweisen zu verbreiten und reproduzieren anstatt vom Staat Verbote und Notstände zu fordern.
Unterstützen wir anarchistische, antiautoriätre und antirepressive Organisationen und Strukturen. Stoppen wir die digitalen Überwachungsmöglichkeiten bei Tickets, im Netz oder durch digitales Geld. Sorgen wir dafür, dass die digitale Überwachung in unseren Smartphones und Computern und entsprechende Nutzungszwänge ebenso wie die Überwachung mit biometrischen Daten öffentlich wirksam kritisiert werden. Leisten wir Widerstand und wehren wir uns gegen die Repression der mörderischen Polizei und halten wir die neuen Versammlungsgesetze und die Ausweitung der Befugnisse und Möglichkeiten von Polizei und Behörden auf. Die Alternative wird die beschriebene Überwachungs- und Polizeistaatsdystopie sein, in welche wir hinein schlittern.
Und natürlich ist auch die Autorität in unseren eigenen Reihen zu hinterfragen, die Bosse in unseren Gruppen und die Strukturen, welche diese feststecken lassen. Die Neigungen zur Autorität in der linken Szene, die starre Diskursform, sowie das Verhalten in der Corona-Pandemie und das Nicht-Verhalten bzw. das scheinbare Desinteresse zu Autoritarisierungsvorhaben wie aktuell der Chatkontrolle könnten aufgearbeitet werden. Thematisieren wir die staatliche Autoritarisierung, die digitale Überwachung und die polizeiliche Repression in unseren eigenen Reihen, bringen wir unsere Herrschaftskritik in Bündnisse ein, stärken wir Organisationen, welche sich viel oder primär gegen staatliche Autoritarisierung und Herrschaftsnarrative stellen oder die Probleme zu erkennen beginnen.
Hinterfragen wir die Notwendigkeit von Servern, Funkmästen, Datenzentren und der gesamten digitalkapitalistischen Infrastruktur. Leisten wir Widerstand gegen Versammlungsverbote, Gefangennahmen, Grenzregime! Dies sind alles sinnvolle Ziele. Helfen wir denen, die Opfer von alltäglicher Überwachung, Herrschaft, Gewalt, Repression werden. Gegen Polizei und Überwachungsstaat!
Stoppen wir die Autoritarisierung!
Gründen wir die Antiautoritäre Bewegung!