Von der Kritik der Problemvermarktung ...
Anbieter können ihre Angebote in der Marktwirtschaft häufig nur in dem Masse absetzen, wie bestimmte Probleme existieren und diese nicht bearbeitet bzw. überwunden werden. Unter Voraussetzung der unangetasteten Problemursachen und Probleme suchen die Betroffenen nach Kompensation oder Überkompensation. Die folgenden Beispiele veranschaulichen diese These.Eine zentrale Ursache für den hohen Absatz der Autoindustrie besteht darin, dass die Menschen infolge des schlechten Zustands des Öffentlichen Personen-Verkehrs auf Pkws angewiesen sind. Zudem bedienen viele beliebte Produkte ideologische Vorstellungen bzw. eine ideologische Subjektivität und setzen sie voraus. Das betrifft z. B. die sog. Autokultur (vgl. Creydt 2017, 98-101) und das Eigenheim (vgl. Bourdieu 1999).
Ein grosser Teil der Lebensmittel wird produziert für solche Konsumenten, die wenig Zeit, Kompetenzen und Lust haben, sich sorgfältig ein Essen zuzubereiten. Sie bevorzugen fastfood und Produkte, die mit ihrem hohen Gehalt an Zucker und Salz so etwas wie das psychische Belohnungszentrum unmittelbar ansprechen. „Hochverarbeitete Lebensmittel wie Hamburger, Pommes frites oder Chicken Nuggets in Fast-Food-Lokalen versorgen den Körper mit raffinierten, also nährstoffarmen Kohlenhydraten, zugesetzten Fetten und weiteren Zusatzstoffen, die es nicht zu kaufen gibt und die das Essen daher zu ‚etwas Besonderem' machen“ (Häfliger 2024). Solche Lebensmittel können Menschen süchtig machen. Mittlerweile heisst es selbst in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Eine schlechte Ernährung – und Übergewicht – ist kein Versagen des Einzelnen, sondern Folge der Omnipräsenz ungesunder Lebensmittel“ (Kuroczik 2023). Trotzdem ist es nach wie vor weit verbreitet, gesundheitliche Probleme zu individualisieren: „An Deinen gesundheitlichen Problemen bist Du selbst schuld!“
… zur Aufmerksamkeit für das gesellschaftliche Gefüge
Aus der Aufmerksamkeit für diese Probleme kann ein Bewusstsein entstehen für die konstitutiven Zusammenhänge zwischen Lebensbedingungen, Lebensweise, Angeboten und Bedürfnissen. Dieses Bewusstsein widmet sich der Frage „Was trägt dazu bei, dass Menschen bestimmte Inhalte bevorzugen und andere nicht?“Eine zur kapitalistischen Marktwirtschaft und zum Staatssozialismus alternative Vergesellschaftung setzt eine veränderte Aufmerksamkeit für die Wirkzusammenhänge zwischen den Wirtschaftsbranchen und den gesellschaftlichen Bereichen voraus. Deutlich wird gegenwärtig z. B., wie die Art und Weise der Landwirtschaft, die niedrigen Preise für ihre Produkte und die Nachfrage(macht) der Einzelhandelskonzerne zusammenhängen.
Dieses Bewusstsein für die konkreten qualitativen Vernetzungen steht quer zu den profitwirtschaftlichen Motiven, Zwängen und Eigendynamiken. Es vermag die Arbeiten, die Bedürfnisse, die Motive, die Lebensweise anders aufeinander zu beziehen. Ein solches Bewusstsein verhält sich kritisch auch zur weit verbreiteten Vorstellung einer Spontan-Autonomie: „Was mir nutzt und was ich mag, das spüre ich ganz authentisch allein aus mir selbst heraus“.
Konkrete Vorstellungen entstehen, wie eine gute Landwirtschaft oder Mobilität mit dem Vorrang öffentlichen Personenverkehrs aussehen. Die Einsicht verbreitete sich, dass eine solche Prävention gegen Krankheit ansteht, die krankheitsförderliche Belastungen und Widersprüche in der Arbeit und Wirtschaft sowie die ungesunde Ernährung überwindet. Die Gesellschaft kann es dann nicht bei Medizin als Reparaturbetrieb belassen.
Neue Verbindungen zwischen bislang voneinander getrennten Gruppen
Die alternative Vergesellschaftung vermag zweitens anzuknüpfen an neuen sozialen Verbindungen zwischen Arbeitenden, Konsumierenden und von Arbeit und Konsum indirekt Betroffenen. Solche Verbindungen finden sich bspw. im Bündnis zwischen umweltbewussten Bauern, ernährungsbewussten Konsumenten und Umweltschützern. Im Engagement gegen den Abbau von Krankenhäusern und deren Privatisierung können dort Arbeitende und die lokale Bevölkerung zusammenfinden.Bereits gegenwärtig gibt es „bei Volkswagen sog. Fahrzeugkliniken; sie sind nicht zum Reparieren da, sondern zum Diskutieren. Marktforscher stellen ausgewählten Familien die Modellentwürfe vor und notieren Wünsche und Verbesserungsvorschläge“ (Schieritz 2023). Solche Einrichtungen gilt es aus ihrer Bornierung auf die einzelbetriebliche Absatzförderung zu emanzipieren und zu öffnen für eine gemeinsame Beratung zwischen den Konsumenten und Produzenten über sinnvolle Produkte. „Ideenträger, Experten, Nutzer und Produzenten“ können in „öffentliche Entwicklungswerkstätten für Produktentwicklung und -innovation“ zusammenkommen (Birkhölzer, in Forschungsprojekt 1994, 31).
Getrennt voneinander und einander entgegengesetzt sind in der kapitalistischen Marktwirtschaft auch die verschiedenen Belegschaften. Die Zusammenarbeit von verschiedenen Betrieben (Entwicklungskooperation, langfristige Koordination zwischen Zuliefern und Produzenten u.ä.) und das Privateigentum an Produktionsmitteln stehen in einem Konflikt. Betriebsgeheimnisse sorgen dafür, dass Arbeitskollektive und Forschungs- und Entwicklungsprojekte sich gegeneinander abschotten. Das erleben die Betroffenen als für ihre Arbeit abträglich.
In gegenseitigen Hospitationen und Beratungen wäre es – nach Überwindung des Privateigentums an Produktionsmitteln – möglich, dass Arbeitende aus verschiedenen Betrieben voneinander lernen, sich untereinander über „best practice“-Vorgehensweisen auseinandersetzen und sich etwas voneinander „abgucken“. Gegenwärtig stellt sich erst auf den Märkten heraus, ob das Produkt die gesellschaftlich durchschnittlichen Standards übertrifft oder unterbietet. „Wenn man an verschiedenen Produktionsstätten erzeugt“, muss „der Ausgleich der Erzeugungsmethoden und Produktionsbedingungen innerhalb einer Branche“ erfolgen. Dieser Ausgleich vollzieht sich in der Marktwirtschaft über „den antagonistischen Konkurrenzkampf“ (Leichter 1923, 32).
Statt diesen Umweg zu gehen, „wäre es viel einfacher und zweckmässiger, man würde […] die Geheimnistuerei lassen und sich […] in den verschiedenen Werkstätten zusammensetzen können, um solidarisch miteinander die Erfahrungen der Produktion auszutauschen und den Erzeugungsprozess zu verbessern“ (Ebd., 31).
Der Markt ist sowohl als „Wissensverarbeitungsmaschine“ Markt (Herzog 2023) als auch als Koordinationsform nicht konkurrenzlos. Eine nachkapitalistische Gesellschaft steht nach heutigem Diskussionsstand jedoch vor dem Problem, sowohl mit Märkten als auch ohne sie schlecht auszukommen (vgl. Creydt 2020.) Bislang gibt es keine befriedigenden Antworten auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen gesellschaftlicher Gestaltung und Märkten in einer nachkapitalistischen Gesellschaft. Allerdings lässt sich angeben, welche Momente einer Marktwirtschaft aus guten Gründen wegfallen (vgl. Creydt 2022).
Das Bedürfnis nach einer alternativen Vergesellschaftung entsteht in dem Masse, wie den Betroffenen eines gewiss wird: Sie sind von solchen Trennungen und Entgegensetzungen negativ betroffen, die aus dem Privateigentum, der Konkurrenz und den Imperativen der Profitwirtschaft resultieren. Will die Bevölkerung nicht länger die abhängige Variable von selbstbezüglichen und verselbständigten wirtschaftlichen Prozessen sein, muss sie „Kompetenzen an den strategischen Stellen entwickeln, die im Selbstlauf der Dinge jetzt vom Kapital oder vom Management“ und „von den Markteffekten […] besetzt werden: an den Stellen, die über das Zusammenbringen der Elemente des Gesellschaftsprozesses entscheiden“ (Haug 1993, 106f.).
Zur kapitalistischen Marktwirtschaft gehört es, Zusammengehörendes zu trennen und zugleich problematische Verknüpfungen zu schaffen. Die alternative Vergesellschaftung setzt die verschiedenen Momente der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion neu zusammen. Bereits heute gilt es, im Denken ausgetretene Pfade zu verlassen, eingefahrene Verknüpfungen zu lösen und zu analysieren, wie sich bislang fehlgebundene Potenziale anders nutzen lassen.
Die Präferenzen der gesellschaftlich sinnvollen Arbeit
Ein drittes Moment der alternativen Vergesellschaftung entsteht aus der Veränderung von Arbeitsmotivationen. In der kapitalistischen Marktwirtschaft verhalten sich die Unternehmen nach den Maximen: „Hauptsache, das Produkt lässt sich absetzen. Die Beurteilung der Motive von Konsumenten für den Kauf und die Frage, was die Produkte bzw. Dienstleistungen mit den Kunden ‚machen', sind nachrangig. Nicht der Inhalt der Produkte und Dienstleistungen ist entscheidend, sondern dass mit ihrer Produktion das Kapital wächst.“In der nachkapitalistischen Gesellschaft arbeiten die Produzenten bzw. Dienstleister so, dass sie mit ihren Produkten bzw. Dienstleistungen die menschlichen Vermögen der Kunden fördern und sich als deren Treuhänder und Repräsentanten verstehen. Sie behandeln die Angelegenheiten der Kunden so, als ob es ihre eigenen Angelegenheiten wären, ohne die Unterschiede zwischen den Erfahrungen und Kompetenzen von Produzenten und Kunden, Experten und Laien zu übergehen.
Qualität und Quantität zueinander ins Verhältnis setzen
Den Verteidigern der Marktwirtschaft zufolge bilden die Preise eine Kurzschrift, die es ermöglicht, alle nötigen Informationen schnell und effizient zu kommunizieren. Mittlerweile breitet sich die Einsicht aus, dass Preise unterkomplexe Informationskonzentrate sind. Wer die Aktivitäten von Betrieben und Organisationen evaluieren will, wird stärker qualitative Indikatoren einbeziehen müssen. Zurzeit existieren bspw. das MIPS (Material-Intensität pro Serviceeinheit), der DGB-Index „gute Arbeit“ oder der Human-Development-Index.Bereits gegenwärtig entsteht quer zur Bepreisung eine Informationsinfrastruktur der Produktlinienanalysen, Technikfolgenabschätzungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Sie vergegenwärtigen die mit den Arbeiten und Arbeitsprodukten verbundenen Effekte, Voraussetzungen und Rückkoppelungen. Darauf können „Konzepte eines ‚nicht-finanziellen' bzw. sozialökologischen Rechnungswesens“ bzw. „mehrdimensionale Erfolgskonzepte“ aufbauen (Pfriem 2011, 188). Sie bilden ein viertes Moment der alternativen Vergesellschaftung. Gemeinwohlbilanzen stellen ein Beispiel dafür dar. Es gilt, nicht allein die Effizienz des Betriebs oder der Organisation zu bilanzieren, sondern auch ihren Beitrag zum guten Leben zu vergegenwärtigen.
Erforderlich wird ein „stofflich-vieldimensionaler Wertbegriff“ im Unterschied zur Maxime „Wert ist, was Geld kostet oder bringt“ (Freimann 1984, 22). In der „mehrdimensionalen Wertrechnung“, die auch die schwer bezifferbaren Qualitäten berücksichtigt, „kann der Grad gesellschaftlicher Wohlfahrt nur durch Abwägung […] von quantitativen und qualitativen Faktoren (Lebensstandard und Lebensqualität) bestimmt werden, muss also durch politischen Dialog entschieden werden. Dies ist ein Nachteil hinsichtlich der modelltheoretischen Praktikabilität, entspricht jedoch in weit höherem Masse der Realität als die Reduktion ökonomischen Handelns auf monetarisierte und kommerzielle Vorgänge“ (Hauchler 1985, 56). Zum Problem, Quantität und Qualität gesellschaftlich zueinander ins Verhältnis zu setzen, vgl. Creydt 2024.
Deliberative Demokratie
Allein in der öffentlichen Beratung sowie im Perspektivenwechsel zwischen den Arbeitenden, den Kunden und den von Arbeit und Konsum mittelbar Betroffenen lässt sich die volle Wirklichkeit des Arbeitens und des Konsums vergegenwärtigen. Das macht die im emphatischen Sinne bildende Dimension der öffentlichen Erwägungen, Auseinandersetzungen und Beratungen ( = Deliberation) im Rahmen einer deliberativen Demokratie aus. (Vgl. Barber 1994.) Sie bildet das fünfte Moment der alternativen Vergesellschaftung.In ihr tritt die Bevölkerung in eine praktische Selbstbeurteilung oder Reflexion ein und wird damit zum „Mittler“ zwischen den Bedürfnissen und der Produktion. Die Einwohnerschaft antizipiert dann die problematischen Folgen, Voraussetzungen und Implikationen z. B. der Verallgemeinerung des Autoverkehrs („autogerechte Stadt“). Damit lässt sich die Situation überwinden, in der die Bevölkerung die abhängige Variable einer kurzschlüssigen gegenseitigen Steigerung von Produktion und Nachfrage bleibt.
In der gemeinsamen öffentlichen Erwägung und Beratschlagung über das Gemeinsame kommt es zu Auseinandersetzungen
- zwischen Arbeitenden und Konsumenten (bspw. mit der Frage, wie viel Konsumgüter angeboten und wie viel Ressourcen aufgewendet werden für die Erhöhung der Qualität der Arbeit als Lebenszeit),
- zwischen Produzenten und Konsumenten einerseits, von ihren mittelbaren Folgen Betroffenen andererseits, um eine Koalition der Sektoren Arbeit und Konsum zulasten von Belangen der Care-Tätigkeit (Beziehung zu Kindern, Kranken und Alten) oder der Ökologie abzuwenden,
- zwischen Experten und Laien (bspw. mit der Frage, wie viel Spezialisierung notwendig ist, und welche Verluste an alltäglicher Urteilskraft und Kompetenz mit ihr einhergehen und wie sich dem entgegenwirken lässt).
Das Bewusstsein vom in sich gegliederten gesellschaftlichen Ganzen Was das Produkt oder die Dienstleistung mit dem „Kunden“ im Sinne der Entwicklung seiner menschlicher Vermögen „macht“, lässt sich nicht hinreichend aus dem bilateralen Verhältnis erschliessen. Notwendig wird es, sich die multilateralen Beziehungen zu vergegenwärtigen.
Für die gemeinsame Beratung, Erwägung und Entscheidung sind Szenarien erforderlich, die darstellen, wie die verschiedenen Branchen bzw. gesellschaftlichen Bereiche Leistungen füreinander erbringen, wie sie voneinander und von übergreifenden Voraussetzungen abhängen, von ihnen zehren oder zu deren Reproduktion beitragen, und welche negativen bzw. positiven Rückkopplungen existieren. Eines dieser Szenarien vergegenwärtigt, wie die Überwindung zentraler, für die kapitalistische Marktwirtschaft charakteristischer Verschwendungen es ermöglicht, den Aus- bzw. Umbau bislang vernachlässigter Bereiche zu finanzieren.
Das sechste Moment der alternativen Vergesellschaftung besteht aus solchen Szenarien. Sie vergegenwärtigen, wie die verschiedenen konkreten Qualitäten füreinander Bedingung bzw. Voraussetzung und wie sie aufeinander angewiesen sind, wie sie einander fördern oder begrenzen. Es handelt sich um „ein neues Referenzsystem, an dem die Menschen untereinander sich neu koordinieren können, was ihnen untereinander, ohne Drittreferenz, nicht gelingt“ (Priddat 2008, 69). Diese neue Mitte zwischen den Menschen in der nachkapitalistischen Gesellschaft besteht in einer sinnvollen Vernetzung der verschiedenen Arbeiten, Gegenstände und Bereiche. Erst diese substanzielle Veränderung, nicht der blosse Regierungswechsel entzieht der Verselbständigung der Ökonomie gegen die Bevölkerung den Boden.
In-der-Welt-Sein
Zur Gesellschaft des guten Lebens gehört ein anderes In-der-Gesellschaft-sein des Individuums. Es will nicht nur die Vorteile der Arbeitsteilung geniessen und an demjenigen Reichtum teilhaben, der allein durch das direkte und indirekte Zusammenwirken vieler Akteure möglich wird. (Erst daraus entsteht ein höherer Lebensstandard als in weitgehend autarken Bauernhaushalten oder lokalen Gemeinschaften mit ihren Commons.) Das Individuum will und kann in der Gesellschaft des guten Lebens aus einem anderen Grund ein gesellschaftliches Wesen sein. Ihm wird bewusst, dass die fruchtbare Auseinandersetzung mit anderen – über den Kreis enger Milieus hinaus – sowie die öffentliche Beratung, Erwägung und Gestaltung des Gemeinwesens wesentlich zur Entwicklung seiner menschlichen Vermögen beiträgt. Auch das gehört zur erforderlichen Transformation der kognitiven und normativen Selbstverständlichkeiten im Rahmen einer alternativen Vergesellschaftung.Gemeinsinn
Die gesellschaftliche Produktion und Reproduktion werden daraufhin durchleuchtet, wie Menschen gesellschaftlich durch viele Vermittlungen hindurch die menschlichen Vermögen und die Subjektivität „produzieren”. Sie tun dies- indem sie bestimmte Güter mit bestimmten Aufforderungs- und Ermöglichungsgehalten herstellen,
- indem im Arbeiten selbst sich eine bestimmte Subjektivität entwickelt,
- indem mit der Art und Weise des Wirtschaftens bestimmte Sozialbeziehungen eingehen, die ihre Auswirkungen auch auf das sog. Privatleben haben.
Im Unterschied dazu geht es in der Gesellschaft des guten Lebens um denjenigen Bezug der Menschen zueinander in ihrer alltäglichen Praxis, der folgender Frage nachgeht: Wie tun sie direkt und indirekt etwas füreinander, indem sie zur Bildung der menschlichen Vermögen beitragen? Wie können sie sich beteiligen an diesem „allgemeinen Werk, das sich durch das Tun Aller und jeder als ihre Einheit […] erzeugt“ (Hegel 3, 325)?
Der neue Reichtum der alternativen Vergesellschaftung findet sich im Mit- und Füreinander, der gegenseitigen Herausforderung und Anregung, dem Zusammenspiel und der Synergie der verschiedenen „Lebenstätigkeiten“ (Marx) – dem Arbeiten, den Caretätigkeiten, der Entfaltung von Sinnen an Gegenständen ausserhalb der Arbeit, dem Konsum, den Sozialbeziehungen sowie der Gestaltung der Gesellschaft durch die Bevölkerung. Angesichts der Vernetzung und des Gefüges dieser Momente erscheinen das Privatinteresse und die betriebswirtschaftliche Effizienz als selektive und partikulare Perspektiven. Ausserhalb dieser Vernetzung und dieses Gefüges zu denken heisst, schlecht abstrakt denken. Ein solches Denken verhält sich wie die Theorie zur Praxis: „Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heisst Wirklichkeit zerstören“ (Hegel 20, 331).