Zudem kann es taktisch sinnvoll sein, mehrere Initiativen gleichzeitig auf den Weg zu bringen, da dann die im Vergleich moderateren eben als solche erscheinen, was sie im Alleingang niemals könnten, da sich alle kapitalistischen politischen Abwehrkräfte auf sie konzentrieren. Linksbündig hofft auf Unterstützung von links. Ohne eine solche Unterstützung ist es uns leider, auch aufgrund unserer bescheidenen Finanzmittel kaum möglich, auch nur eine Initiative erfolgreich zu lancieren. Zu diesem Zweck werden einige kapitalismuskritische Nichtregierungsorganisationen, kantonale und auch die jeweils bestehenden nationalen Sektionen linker Parteien in der Schweiz angeschrieben und um Unterstützung und Anregungen gebeten. Sollte sich in dieser Hinsicht eine Kooperation ergeben, wäre dies sehr erfreulich.
Wo liegt das Problem?
Zunehmende soziale Ungleichheit äussert sich sowohl in einer immer grösseren Anzahl Menschen, die in prekären finanziellen Verhältnissen leben, als auch in einer kleinen Gruppe von Menschen, die über immer fantastischere Vermögen verfügen, welche ihnen so viel gesellschaftlichen Einfluss verschaffen, dass sie ihre politischen Anliegen mit ihrer wirtschaftlichen Macht über Medien und Parteien weitaus effektiver im politischen System verarbeiten können als die anderen 99,9 % der Bevölkerung. Dass zwischen Verdienst bzw, zwischen Lohn und Leistung keine kausale Beziehung bestehen muss, wusste auch Friedrich August von Hayek, sah es aber als nützlichen Sache an , wenn die Mehrheit daran glaubte. Auf das so akkumulierte und weitervererbte Vermögen trifft dies in noch höherem Mass zu. Auch in der Schweiz besteht das Problem extremer sozialer Ungleichheit, wenn auch die zunehmende Prekarisierung in der Schweiz im Vergleich zu vielen europäischen Ländern noch etwas weniger grosse Bevölkerungsteile erfasst hat. Umso extremer ist aber die Konzentration sehr hoher Vermögen.Die tendenzielle Zunahme der sozialen Vermögensungleichheit und deren Auswirkungen in den letzten Jahrzehnten ist u. a. auch durch die Arbeiten von Thomas Piketty im grösseren Zusammenhang und bspw. durch Ueli Mäder für die Schweiz belegt, selbst wenn es Einbrüche und kurzfristige regionale Abnahmen insbesondere in Ländern mit bereits sehr hoher sozialer Ungleichheit gibt, und diese sich nicht immer einheitlich auf die ungleichen Vermögensklassen auswirkt, so dass die Interpretation immer auch eine Frage der Perspektive sowie des gewählten Ausschnitts bleibt .
Gefühlte oder tatsächliche Verarmung und damit Deprivation verursacht Frustration und Resignation, kann aber auch zu verstärktem Nationalismus, Fremdenhass, Rassismus und Demokratieverdrossenheit führen. Dies ist in vielen OECD-Ländern zu beobachten. Antidemokratische und faschistische Tendenzen können dadurch verstärkt werden. Armut wird in der Regel mit sämtlichen Begleiterscheinungen wie bspw. schlechteren Bildungschancen weitervererbt und schafft neben viel Leid und Verzweiflung auch gefährliche gesellschaftliche Spannungen, die sich oft in einer Zunahme von Gewalt und Kriminalität äussern.
Auch aus diesen Gründen sollte eine Gesellschaft daran interessiert sein, Prekarisierungen möglichst zu vermeiden. Die offensichtlichsten und gravierendsten Folgen hat die globale soziale Ungleichheit zwischen den Ländern des globalen Südens und Nordens. Ein Grossteil der aktuell weltweit 122,6 Millionen Menschen auf der Flucht , hat schlicht und einfach keine ökonomische Perspektive in ihrem Herkunftsland, obwohl gerade dies in der Regel nicht als Asylgrund anerkannt wird.
Zunehmende Prekarisierung macht auch dort die Menschen anfällig für antidemokratische und nationalistische Bewegungen, welche sich oft mit religiös fundamentalistischen Tendenzen vermischen. Antikapitalistische Gruppierungen in diesen Ländern haben oft noch grössere Probleme sich politisch zu artikulieren, weil sie meist einem sehr repressiven politischen Machtapparat gegenüberstehen. Soziale Ungleichheit ist die Ursache vielfältiger Probleme und ein Phänomen, dass das kapitalistische System sicherlich nicht lösen kann. Es verlangt im Gegenteil nach noch mehr Privatisierung, wirtschaftlicher Deregulierung und Liberalisierung.
Was geschah während der Pandemie?
Insbesondere das Grosskapital profitierte während der Pandemiejahre sehr stark. Während kleine bis mittlere Kapitale ihre Investitionen verloren oder Einbussen erlitten und letztlich teilweise von den grösseren geschluckt wurden und werden, konnte das Grosskapital massiv von boomenden Branchen wie Pharma-, Sicherheits-, IT-Branche und Onlinehandel profitieren, welche es durch seine Investitionen gezielt förderte. Dadurch wurde die extreme soziale Ungleichheit nochmals verstärkt. Dies überraschte wenig, da Krisen für das Grosskapital immer eine Möglichkeit zu noch grösserer Konzentration sind.Es ist gleichzeitig nicht unwahrscheinlich, dass kapitalstarke Interessengruppen deshalb gesellschaftliche und politische Prozesse begünstigten, die nicht unbedingt im Interesse der Gesundheit und damit im Sinne der Allgemeinheit waren. Viele Entwicklungen sind schwer vorstellbar, wenn nicht auch finanzstarke Interessengruppen neue Gewinnchancen gewittert hätten. In diesem Zusammenhang war es nicht allzu verwunderlich, dass plötzlich die «Solidarität» so hoch im Kurs stand und alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden, um ihr Geltung zu verschaffen.
Auch heute besteht von dieser Seite keinerlei Interesse an einer Aufarbeitung. Selbst die durch Hysterie und Angstmacherei der Konzernmedien massiv verstärkte Gesundheitskrise mit teilweise vollen, aber auch leeren Krankenhäusern und einem seit längerem frustrierten und zusätzlich strapazierten Gesundheitspersonal, endete nicht mit einer ernsthaften Evaluation, die mindestens zu einem Ausbau der medizinischen Grundversorgung wie auch einer grosszügigeren Reserve an Intensivbetten für zukünftige Engpässe geführt haben müsste. Im Gegenteil wurden aus Effizienzgründen weitere Spitalschliessungen vollzogen. Die Wege, die heute Menschen ausserhalb der urbanen Gebiete zurücklegen müssen, um eine gute medizinische Behandlung zu erhalten, sind dadurch grösser geworden. Solchen Entwicklungen möchten wir durch einen strukturellen, die Eigentumsverhältnisse berücksichtigenden Ansatz, entgegentreten.
Das Kapital schützt sich selbst immer besser, aber das allgemeine Bewusstsein für die herrschenden Verhältnisse ist gewachsen
Geht man davon aus, dass das kapitalistische System über Akkumulationsprozesse zu immer stärkeren Kapitalkonzentrationen führt, die durch ihre gleichzeitige wirtschaftliche und politische Machtkonzentration dieses System schützen und demokratische Bestrebungen erschweren, diese Kapitalkonzentrationen zwecks wirtschaftlicher Mitsprache einzudämmen bzw. abzubauen, bleibt nur ein Ausweg. Alle kapitalismuskritischen politischen und gesellschaftlichen Initiativen zu unterstützen, die kurz-, mittel- und vor allem langfristig zu einer deutlichen Reduzierung der extremen sozialen Ungleichheit führen.Damit wieder die Möglichkeit besteht, über demokratische Prozesse die ökonomischen Strukturen zu verändern, braucht es dringend eine Reduzierung dieser aus der Vermögensungleichheit resultierenden politischen Machtungleichheit. Es braucht in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die demokratiepolitischen Folgen dieser Ungleichheit und die Selbstermächtigung der Bürger:innen, auch deren ökonomische und strukturelle Ursache anzugehen.
Aktuell hat das Bewusstsein hinsichtlich dieser Thematik doch etwas zugenommen. So befürwortet laut einer Umfrage von Sotomo, wie sogar auf SRF im November 24 berichtet, mittlerweile bspw. eine Mehrheit der Bevölkerung eine Finanztransaktionssteuer . Verschiedene Abstimmungsergebnisse der letzten Jahre deuten zudem darauf hin, dass der Machtblock des Kapitals mit den dazugehörigen bürgerlichen Parteien zunehmend Mühe hat, seine Projekte durchzubringen und Gegenprojekte zu verhindern. Dieses Fenster der politischen Möglichkeiten sollte mit linken Inhalten dringend weiter aufgestossen und genutzt werden. Wichtig dabei wäre sicherlich auch eine bessere internationale Vernetzung unserer Kräfte.
Folgende Vorschläge würde linksbündig gerne im Austausch mit linken politischen Kräften diskutieren und im Falle einer breiten Unterstützung in solcher oder ähnlicher Form lancieren.
Initiativen gegen die soziale Ungleichheit
1. Initiative für eine BundesgesundheitsvermögenssteuerUm die Grundversorgung im Gesundheitssystem zu stärken und gleichzeitig die Belastung der Bevölkerung durch die aktuelle Höhe der Kopfprämien zu senken, wird auf den Vermögensteil, der über 4 Million Franken liegt, eine Bundesgesundheitsvermögenssteuer von 5 % erhoben. Diese Einnahmen werden entsprechend deren Bevölkerungsanteil proportional an die Kantone zur Subventionierung (50%) und Stärkung (50%) der Grundversorgung verteilt. Entsprechend dem jährlichen Anteil an den Gesamtkosten, die durch die Subventionierung übernommen werden, werden die Versicherer verpflichtet ihre Prämien für das Folgejahr zu senken.
2. Initiative für eine Solidaritätsbundessteuer gegen globale soziale Ungleichheit
Konzerne und Unternehmen, die mehr als 25 % ihrer Ressourcen (Rohstoffe und Vorfabrikate) aus Ländern beziehen, deren BIP pro Kopf nur maximal die Hälfte oder weniger als die Hälfte des BIP pro Kopf der Schweiz beträgt, oder ihre Gewinne zu mehr als 25 % durch den Handel mit Ressourcen aus ebensolchen Ländern erwirtschaften, werden zu einer 20-Prozentigen Solidaritätssteuer auf ihre Gewinne verpflichtet. Die Einnahmen aus dieser Steuer werden durch das DEZA zu je einem Drittel in Berufsbildungs-, Subsistenzlandwirtschafts- und Mikrokredit-Projekte an gewerbetreibende Frauen, proportional zum Anteil der aus diesen Ländern bezogenen oder gehandelten Ressourcen, in den entsprechenden Ländern investiert.
Sollte dies aufgrund der politischen Verhältnisse in diesen Ländern nicht möglich sein, werden 20 % dieser Einnahmen, falls möglich, demokratischen Bewegungen und emanzipatorischen Initiativen in diesen Ländern zur Verfügung gestellt. 5 % können auf Antrag von Menschenrechts-Aktivisten aus jenen Ländern zur Unterstützung ihrer politischen Aufklärungs- und Informationsarbeit vergeben werden. 75 % oder ev. mehr werden jährlich in einem Fonds angespart, bis entsprechende Investitionen möglich sind.
3. Initiative für eine Bundessteuer gegen soziale Ungleichheit, für Chancengleichheit und mehr Teilhabe
Auf Vermögensteile, die über 100 Millionen Schweizer Franken liegen, wird eine 15-Prozentige Steuer gegen soziale Ungleichheit erhoben, um die demokratiepolitisch gefährliche soziale Ungleichheit nicht weiter anwachsen zu lassen und längerfristig zu verringern. Einnahmen aus dieser Steuer werden verwendet, um Sparmassnahmen im Sozial- und Asylwesen zu verhindern, Armutsbetroffene oder Armutsgefährdete generell finanziell stärker zu unterstützen und dadurch die Chancengleichheit für alle in der Schweiz lebenden Menschen auch in wirtschaftlichen Belangen, sowie dem Gesundheits- und Bildungsbereich wesentlich zu erhöhen.
4. Initiative für ökonomische Mitsprache und demokratische Teilhabe
Private Investitionen von mehr als 15 Millionen Franken unterliegen, betreffend Billigung und Art der Umsetzung, grundsätzlich der demokratischen Mitsprache der stimmberechtigten Bevölkerung der Gemeinden, auf deren Gebiet diese Investitionen getätigt werden. Private Investitionen von mehr als 75 Millionen unterliegen, betreffend Billigung und Art der Umsetzung, zusätzlich der demokratischen Mitsprache der stimmberechtigten Bevölkerung des Kantons, in welchem die Investitionen getätigt werden.
5. Initiative für die Förderung der Unabhängigkeit durch eine Bildungs- und Forschungssteuer auf Bundesebene
Auf Vermögensteile, die über 20 Millionen Franken liegen, wird eine 5-Prozentige Bildungs- und Forschungssteuer auf Bundesebene erhoben. 50 % dieser Einnahmen fliessen zu je einem Drittel in notwendige Massnahmen zur Unterstützung der primären, sekundären und tertiären Bildung. 50 % Prozent werden bedarfsmässig zwecks finanzieller Unabhängigkeit aller relevanten Arzneimittelsicherheitsinstitutionen wie bspw. Swissmedic und der finanziellen Unabhängigkeit der universitären Forschung investiert. Diese muss vollumfänglich öffentlich finanziert werden. Wird die Initiative angenommen, sind privatwirtschaftlich finanzierte Lehrstühle und Zuwendungen von Privaten und Stiftungen nicht mehr zulässig. Reichen die so generierten finanziellen Mittel nicht vollständig, um dieses Ziel zu erreichen, wird der fehlende Restbetrag aus dem Vermögen der Nationalbank bezahlt.
Gewinne, welche die Privatwirtschaft aufgrund öffentlich finanzierter Forschung erwirtschaften kann, unterliegen auf Bundesebene einer 5- Prozentigen Gewinnsteuer. Diese Einnahmen ergänzen die Einnahmen der Bildungs- und Forschungssteuer.
Wir freuen uns sehr über Rückmeldungen und Anregungen. Wir unterstützen grundsätzlich alle Initiativen mit ähnlicher Stossrichtung entsprechend unseren Möglichkeiten.