Denken und meinen zu dürfen, was einem in den Sinn kommt, ohne dass einem jemand dabei reinredet oder es gar verbietet, dies halten viele Menschen für eine Errungenschaft.
Es steht in Verfassungen und wird als „hohes Gut“ oder als „Wert“ gehandelt, für dessen Erhalt sich sogar zu kämpfen lohnt.
Hat der Mensch irgendein Anliegen oder ein Interesse, so hat er das blosse Meinen und Dafürhalten längst hinter sich gelassen. Womöglich geht es ihm um etwas, um das es sich auseinanderzusetzen lohnt. Die Freiheit, zu meinen, was einem so in den Kopf kommt, ist eine unverbindliche und theoretische Umgehensweise mit Anliegen und Interessen.
„Meinungsfreiheit“ ist eine Tugend von Untertanen
Ein Anliegen oder ein Interesse zu verfolgen, erfordert Auseinandersetzung mit womöglich denjenigen, die über das Gelingen des Anliegens entscheiden. Die Obrigkeit oder andere übergeordnete Instanzen debattieren aber nicht, sie setzen mit ihrer Macht durch, was sie für notwendig erklären.
Antithese: „Meinungsfreiheit“ ist eine Tugend von Untertanen
„Ich bin der Meinung, dass …“ ist die bescheidene und relativierende Zurücknahme eines Anliegens in die Sphäre des Meinens und Glaubens und damit die Freiheit für die Zuständigen, zu tun und zu lassen, was sie für richtig halten. Die Freiheit der Meinungs- äusserung ist die Garantie des Verbleibens in der Sphäre des Meinens. Wer sie lobenswert findet, will übergeordneten Instanzen nicht am Zeug flicken und ist dankbar dafür, dass er wenigstens meinen darf, was er für richtig hält.
„Das Recht zur freien Meinungsäusserung“ ist der Anspruch auf Unterordnung
Die Obrigkeit ihrerseits verpflichtet auf Meinungsfreiheit, indem sie sie gewährt. Daran hat man sich zu halten. Man darf denken, was man will, sagen ggf. auch und lautstark im Chor sagen, wenn es das Ordnungsamt genehmigt hat und man die öffentliche Ordnung nicht stört.
„Das Recht zur freien Meinungsäusserung“ ist der Anspruch auf Unterordnung
Unnachgiebig darauf beharren, und sei das Anliegen noch so bescheiden, sprengt die Meinungsfreiheit und wird von der Ordnungsmacht üblicherweise nicht mit Argumenten beantwortet. Der Staat ist da empfindlich, wo seine Handlungshoheit missachtet zu werden droht, lässt er die Meinungsäusserung beenden. Dazu ist er legitimiert.
Was bedeutet das?
Meinen und Glauben zu dürfen, was einem so einfällt, ist beileibe nichts, was irgendwie bedeutsam oder gar zu feiern wäre.
Was bedeutet das?
Die Kehrseite des Dürfens ist das Gebot, auf jeden Fall beim blossen „Meinen“ zu bleiben und nicht etwa auf einem Anliegen zu beharren.
Was bedeutet das?
Untertanen feiern das „Dürfen“. Stattdessen sollten sie ihrer Obrigkeit, der Gewalt, die Gebote und Verbote verhängt und durchsetzt und sie aufs blosse Meinen verpflichtet, lieber die Unterordnung versagen.