Wir sind so frei…
Sagen dürfen, was man meint und beten, zu welchem Herrgott man will, sich auf Plätzen versammeln und sogar in Zeitungen schreiben, was man für richtig hält, lauter gewährte Freiheiten und mitnichten Selbstverständlichkeiten! Man darf sogar diejenigen Figuren (geheim) wählen, die einem solcherlei Vorschriften (und vor allem wesentlich handfestere) fürs Leben machen.Warum soll ich sowas gut finden? Dass sich eine souveräne Instanz anmasst, mir ausdrücklich zu erlauben, was ich denken und meinen will, soll eine grossartige „Errungenschaft“ sein? Eher ein Anlass, über diese souveräne Gewalt nachzudenken, die niemals zur Disposition steht und mit Stimmzetteln erst recht nicht abzuschaffen ist.
Und sonst…?
Diese wölbt einen schönen Schein von unveräusserlichen (?) Werten in Worten über eine Praxis, in der zum einen keiner meinen soll, er dürfe auf seiner Meinung etwa bestehen! Das grenzt an Aufruhr und ruft die uniformierten Freiheitshüter auf den Plan.Zum anderen soll man halt vor allem andere Sachen machen: Arbeiten, fürs üppige Salär shoppen und feiern (in der fünften Jahreszeit…), kriegstüchtig werden und … sich dabei wunderbar frei vorkommen!
Was bedeutet das?
Grundrechte sind für sich genommen reichlich dünn und ziemlich substanzlos. Schon jedes Kind weiss, dass man brav sein muss, um etwas erlaubt zu kriegen. Damit brüstet sich eine allumfassende Gewalt, die das Tun und Lassen ihrer Untertanen mit ganz anderen sehr praktischen Ge- und Verboten bestimmt.Grundrechte verweisen noch in jedem ihrer Artikel auf die gesellschaftliche Praxis des Be- und Ausnutzens: Gefallen lassen muss man sich als gewöhnlicher Mensch so manches im Leben, aber bitte nur bis knapp vor die „Würde“! Zumindest die muss man sich nämlich nicht „antasten“ lassen.
Grundrechte sind zudem für Staaten prima geeignet, sich bei ihresgleichen im Namen von selbst verzapften höheren Werten einzumischen und diese zu drangsalieren.
Solange sich die Untertanen mit dem „Dürfen“ zufriedengeben und ansonsten anständig funktionieren, können die Obrigkeiten ihr Fussvolk benutzen (lassen), wie es Wirtschaftswachstum und Kriegstüchtigkeit verlangen.
Die Untertanen sollten stattdessen diese merkwürdigen Freiheiten links liegen lassen und es nicht einer Gewalt überlassen, zu bestimmen, was sie zu tun und zu lassen haben. Womöglich gerieten „Grundrechte“ dann schnell in Vergessenheit.