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Die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen

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Freihandelsabkommen zwischen Europa und der USA Die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen

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Politik

Das „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ - kurz TTIP – ist ein Abkommen zwischen USA und EU, bei dem neben Zöllen auch die „nicht-tariflichen Hindernisse“ abgeschafft werden sollen.

Protestaktion von EU-Parlamentarier gegen das Freihandelsabkommen TTIP.
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Protestaktion von EU-Parlamentarier gegen das Freihandelsabkommen TTIP. Foto: greensefa (CC BY 2.0 cropped)

Datum 3. März 2015
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Dabei können die Vertragspartner als Handelshindernis alles definieren, wie zum Beispiel Verbraucherschutz, Kennzeichnungspflicht, Datenschutz oder Arbeitnehmerrechte. Die Verhandlungen finden hinter geschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Was ist CETA?

Die Abkürzung CETA steht für "Comprehensive Economic and Trade Agreement". Es ist ein „umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen“ zwischen EU und Kanada. Auch bei diesem Abkommen sollen die Zölle und „Hindernisse“ zwischen diesen Ländern abgeschafft werden. Die CETA Verhandlungen finden ebenfalls hinter geschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Was ist TISA?

„Trade in Services Agreement“ – kurz TISA – ist ein Abkommen, bei dem die Privatisierung aller öffentlichen Dienstleistungen beschlossen werden soll. Beteiligt sind die selbsternannten „Really Good Friends of Services“, das sind die EU, USA und 21 weitere Staaten. Ihr Ziel: Dienstleistungen von „Handelshindernissen“ befreien. So könnten mit TISA Umwelt- und Verbraucherschutz- sowie Sozialstandards abgeschafft werden. Wie bei TTIP und CETA finden bei TISA die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Was ist mit Wirtschafts- und Handelshindernissen gemeint?

Mit Hindernissen ist dabei die Beschränkung des Marktzugangs des ausländischen Kapitals durch z.B. staatliche Normen und Standards für Produkte, Nahrungsmittel, Umwelt-, Verbraucher-, Gesundheits- und Arbeitsschutz gemeint. Diese staatlichen Eingriffe in die freie Konkurrenz sollen in Zukunft beseitigt und durch neue Regelungen unterbunden werden.

Also gelten Normen und Standards, die unsere Lebens-, Arbeits-, Gesundheits-, Nahrungs- und Umweltstandards sichern, für ausländische Unternehmen, als „Handelshindernisse“. Diese Standards sollen in Zukunft mit umfassenden Regelungen abgeschafft werden, da ihre Einhaltung dem (trans-)atlantischen Handelspartner zusätzliche Kosten verursachen.

Die umstrittene Investorenschutzklausel

„Das sogenannte Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (Investor-State Dispute Settlement: ISDS) erlaubt es, ausländischen Kapitalisten den Staat, in dem sie investiert haben, vor einem internationalen, (keiner nationalen) Jurisdiktion unterliegenden Tribunal auf Entschädigung zu verklagen, wenn dieser das Kapital mit zusätzlichen Kosten belastet, die zum Zeitpunkt der Investition noch nicht bestanden“ (Gegenstandpunkt 3-14, „Mit TTIP zur Wirtschafts-NATO“). Bei allen Abkommen hat die Investorenschutzklausel eine zentrale Rolle. Wenn ein Investor sich von einem Staat in seinen Rechten verletzt fühlt, kann er diesen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem privaten Schiedsgericht verklagen. Gegen die Urteile eines solchen Gerichts ist keine Revision möglich. Auf diese Weise sollen Investoren und Unternehmen ihre Rechte auch in Staaten durchsetzen können, in denen keine Rechtssicherheit gewährleistet ist.

Die Auswirkungen dieser Abkommen auf unser Leben

In einem Interview mit der Jungen-Welt bringt es der Literaturwissenschaftler und Publizist Fritz Glunk auf den Punkt, was für Auswirkungen das CETA Abkommen auf arbeitende Menschen haben kann:

„Das Abkommen beschränke unverhältnismässig die demokratische Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialordnung, kritisieren die Gutachter. Zum Beispiel? CETA sieht vor, zu erlauben, dass Arbeitnehmer aus einem Vertragspartnerstaat im jeweils anderen Staat arbeiten dürfen. Kanadier dürfen also in Deutschland arbeiten; unterstehen dann aber nicht dem Schutz des deutschen Arbeitsrechts. Es kann aber weder angehen, dass Personen, nur weil sie Ausländer sind, hierzulande etwa 60 Stunden pro Woche beschäftigt werden können, noch dass ihnen Privilegien zustehen, die deutsche Beschäftigte nicht geniessen. Im Gegensatz zu Deutschland hat Kanada nicht alle Kernarbeitsnormen der International Labour Organisation ratifiziert. Wir haben höhere Standards als Kanada.“

Mit CETA wird die Lohnarbeit internationalisiert. Dann können weltweit nach Europa Arbeiter/innen entsendet werden, die hier für Hungerlöhne arbeiten und anschliessend zurückgeschickt werden. Umgekehrt können Arbeiter/innen aus Deutschland in Kanada für Hungerlöhne beschäftigt werden. So wird eine weltweite Ausbeutung der Arbeiter/innen durch internationale Unternehmen ermöglicht. Das ist moderner Sklavenhandel, sogar ganz ohne Ketten!

Auch im Rahmen des TISA und TTIP Abkommens gelten immer die niedrigeren Standards. Sei es die Qualität der Nahrungsmittel, der Schutz der Verbraucher_innen oder die Gesundheits-/ und Umweltschutzstandards.

Einige Auswirkungen auf die Qualität der Lebensmittel:

- starker Einsatz von Gentechnik
- stärkere Industrialisierung der Tierhaltung
- mehr Antibiotika und Futtermittelzusätze
- verstärkter Einsatz krebserregender Chemikalien
- weniger Schutz vor hormonell wirksamen Stoffen und vieles mehr...

Einige Auswirkungen für die Arbeiter/innen:

- durch freie Konkurrenz gehen die Löhne drastisch runter
- weniger Arbeitnehmerschutz und Arbeitnehmerrechte
- weniger Geld für mehr Arbeit
- Ruin der lokalen kleinen Unternehmen wegen Konkurrenz und Wettbewerb
- Verlust der Arbeitsplätze und vieles mehr...

Diese Abkommen haben auch drastische Auswirkungen auf die öffentlichen Gemeingüter wie zum Beispiel Dienstleistungen, Bildung (Schulen, Universitäten, Kindergärten), Wasserqualität/-versorgung, Infrastruktur (öffentlicher Nahverkehr), Umweltschutz, Finanzdienstleistungen, Postzustellung, Energieversorgung, Gesundheitsversorgung (gesetzliche Krankenkassen), Abfallbeseitigung, Kultur (Kunst, Theater, etc.), da sie privatisiert und den Interessen der profitorientierten Unternehmen stark untergeordnet werden.

Freiheit und Demokratie bedeutet in diesem Zusammenhang die Freiheit internationaler

Unternehmen, die Arbeiter/innen der jeweiligen Länder grenzenlos auszubeuten. Die Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte werden mit Füssen getreten, die Umwelt ohne Rücksicht zerstört. Abgesehen davon, welche Auswirkungen diese Abkommen auf unser Leben haben, lässt sich sagen, dass sie den Unternehmen und Konzerne dazu dienen, mehr Gewinn unter günstigeren Bedingungen zu erwirtschaften. Das Kapital soll wachsen, aber ab jetzt unter günstigeren Bedingungen.

Die Freihandelsabkommen und Geopolitik

Das Kapital braucht immer Märkte. Grosses Kapital braucht grössere Märkte. In den Augen der Unternehmen und Konzerne münden sämtliche Aktivitäten der Menschen in ihren Profitinteressen. Essen, Trinken, die tägliche Arbeit, die wir als Arbeiter/innen verrichten, bis hin zu Bildung und Erziehung der Kinder, Versorgung von Kranken, Herstellung von Kulturprodukten usw. werden vermarktet. Es ist offensichtlich, dass diese Profitinteressen unseren Bedürfnissen übergeordnet werden. Die modernen Staaten werfen ein Auge auf diese Prozesse und überwachen sie. So soll deren Inhalt so gestaltet und eingegrenzt werden, dass sie auf gar keinen Fall dem übergeordneten Ziel im Wege stehen: dem Profit und Wachstum des nationalen Kapitals.

Die Rahmenbedingungen für die freie Konkurrenz zwischen allen Kapitalisten der EU und der USA sollen mit diesen Freihandelsabkommen sichergestellt werden. Diese Rahmenbedingungen werden durch die Öffnung der Märkte für das jeweilige Kapital und Beseitigung der „Handelshindernisse“ geschaffen. Das Kapital wird also in andere Länder exportiert. Durch diesen Export von Kapital und Krediten in alle Welt haben Amerikas Banken einen globalen Finanzmarkt aufgebaut. Mit der TTIP-Partnerschaft und den anderen Freihandelsabkommen, also dem Zusammenschluss der zwei weltgrössten Binnenmärkte EU und USA, will das US-Kapital seine imperiale Stellung auf dem Weltmarkt sichern und anderen Märkten wie zum Beispiel Chinas, Russlands, Indiens oder Japans mehr Konkurrenz machen.

In Zukunft soll keine staatliche Vorschrift oder Regelung die kapitalistischen Geschäfte „diskriminieren“. Die Freiheit der Unternehmen, auszubeuten, soll zwischen EU und USA nicht mehr durch „nationale Hindernisse“ beeinträchtigt werden.

Freihandelsabkommen: wirtschaftlicher Arm der NATO

„TTIP kann die NATO erneuern. TTIP handelt nicht nur von Freihandel, es bringt Länder zusammen, die Vertrauen haben in die Institutionen des anderen und die bereit sind, ihren ‚way of life' gegen aufsteigende konkurrierende Mächte zu verteidigen“ (Peter van Ham, The Geopolitics of TTIP, Clingendael Institute Policy Brief, Oktober 2013, S. 4).

Mit TTIP, CETA und TISA sollen neue Regeln für die transatlantische Handelszone gesetzt werden. Damit wird die grösste Handelszone weltweit geschaffen. Der europäische und amerikanische Kapitalismus soll die Regeln für den globalen Kapitalismus setzen. Der Zugang für die Nicht-Mitglieder in diese Handelszone wird militärisch und wirtschaftlich erschwert. Neben der militärischen Einkesselung Chinas mit der „Privot-Strategie“ (der Expansion der NATO in Asien) soll die grösste Volkswirtschaft der Welt auch wirtschaftlich eingekesselt werden. Nicht nur China, auch andere kapitalistischen Länder werden gezwungen nach den von der EU und USA gesetzten Spielregeln mitzumachen oder sie werden auf dem internationalen Markt umfassend eingeschränkt und isoliert.

Dies sind die neuen Grossmachtbestrebungen des deutschen und amerikanischen Imperialismus.

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