Dafür haben die Verfasser der Studie das Transparenzregister der EU ausgewertet, wo sich die Interessenvertreter der Wirtschaft, aber auch der zivilgesellschaftlichen Gruppen registrieren und ihre finanziellen Ressourcen veröffentlichen können. Allerdings handelt es sich dabei um freiwillige Angaben und vor allem die finanziellen Mittel dürften bedeutend höher sein als deklariert. Trotzdem geben diese Informationen einen Anhaltspunkt für die Schlagkraft der Pharmafirmen, der Pharmaverbände und der von ihnen bezahlten Lobbyffirmen.
Steigerung um das Zehnfache
Frappant sind die Unterschiede bei den finanziellen und personellen Ressourcen: Während die Pharmalobby ein PR-Budget von 40 Millionen Euro deklariert, sind es bei den zivilgesellschaftlichen Gruppen und Konsumentenorganisationen nur 2,7 Millionen Euro, also rund 15 mal weniger. Auch beim Personal hat die Pharmalobby die Nase mit 178 Vertretern gegenüber den 48 zivilgesellschaftlichen Vertretern vorne.Allein der grösste Pharmaverband «European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations» EFPIA steigerte seine Ausgaben fast um das Zehnfache von rund 570 000 Euro im Jahr 2011 auf 5 Millionen Euro im Jahr 2014. Wohlgemerkt, hier handelt es um eine Selbstdeklaration. In Wirklichkeit dürften die Ausgaben laut Studie bedeutend höher sein.
Die EFPIA, bei der auch der Schweizer Verband Scienceindustries Mitglied ist, betreibt laut Studie ein immer aggressiveres Lobbying bei den zuständigen Vertretern der EU-Kommission: In viereinhalb Monaten zwischen November 2014 und Mitte März 2015 brachten es die EFPIA-Lobbyisten auf mehr als 50 Treffen. Die Studie listet die Treffen der EFPIA einzeln auf. Beispielsweise trafen sich die EFPIA-Vertreter im genannten Zeitraum viermal mit der Generaldirektion Handel (GD Trade) zum Freihandelsabkommen TTIP.
Volle Transparenz im öffentlichen Interesse gefordert
Laut Studie versuchen die Pharmakonzerne durch ihr Lobbying die Auflagen für die Zulassung von Medikamenten zu reduzieren und unter dem Vorwand des Geschäftsgeheimnisses die klinischen Studien unter Verschluss zu halten. Ein angestrebtes Mittel, dies zu erreichen, sei das Freihandelsabkommen TTIP mit der USA. Daraus erhofften sich die Pharmakonzerne längere Schutzfristen für Medikamente und folglich höhere Gewinne. Das sei überhaupt nicht im öffentlichen Interesse, denn falls einzelne Länder kürzere Schutzfristen aussprächen, könnten die Pharmakonzerne vor dem Internationalen Schiedsgericht ISDS für die entgangenen Gewinn Klage einreichen.Deshalb fordern die Autoren der Studie dringend eine Reduktion des Einflusses der Pharmalobby, beginnend mit voller Transparenz der finanziellen Mittel und der Treffen mit der EU-Kommission.